36 Jahre Jenninger-Rede: Nötige Lehren aus der Geschichte

36 Jahre Jenninger-Rede: Nötige Lehren aus der Geschichte

Bundestagspräsident Philipp Jenninger (CDU) bei seiner Gedenkrede am 10. November 1988, in deren Folge er damals zurücktreten musste (Foto:Bundesarchiv)

Im Deutschen Bundestag hat das Gedenken an den 9. November 1938 einen festen Platz im Jahreskalender. Auch wenn diese 2024 infolge des Zerbrechens der Ampel etwas reduzierter ausfiel, wurden wie jedes Jahr das Unverständnis und die Erschütterung wegen der Novemberpogrome in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 zum Ausdruck gebracht. Auch Warnungen vor einer Wiederholung und der Aufruf zur Wachsamkeit und natürlich zum “Kampf gegen Rechts” duften nicht fehlen.

Zum 50. Jahrestag der Pogrome vom November 1938 hielt der damalige Bundestagspräsident Philipp Jenninger am 10. November 1988 eine denkwürdige Rede. Vielleicht hatte er sich dabei von Bundespräsident Richard von Weizsäcker inspirieren lassen, der dreieinhalb Jahre zuvor, am 8. Mai 1985, das Kriegsende erstmals in Westdeutschland als „Tag der Befreiung“ bezeichnet hatte (als der Verfasser hingegen am 8. Mai 1981, am letzten Tag einer beruflichen Abschlussprüfung, von einem “Tag der Befreiung” sprach, wurde er von seinen Kollegen ob der Verwendung dieser zuvor obligat kommunistischen Formulierung noch schräg angesehen). Jenningers skandalisierte Rede merkte die allseits bekannte und in den Sonntagsreden stets verschwiegene Tatsache an, dass es schon vor 1933 Antisemitismus gegeben hatte – und nicht nur in Deutschland.

Wer erklären will, muss verstehen

Diese Grenzüberschreitung hätten die damaligen “Mainstream-Medien” (andere gab es nicht) vielleicht noch positiv kommentiert; Jenningers Verbrechen war bestand darin, dass er versuchte, den Antisemitismus zu erklären – wofür er sich zunächst bemühen musste, ihn zu verstehen. Die Grenze von Verstehen zu Verständnis waren dann aber doch zu dicht; statt “Hosianna!”-Rufen hörte Jenniger ein „kreuzigt ihn“. Er musste zurücktreten – obwohl sein Redetext später selbst von Seiten des Jüdischen Zentralrats rehabilitiert wurde.

Wer wie Jenninger über die Ursachen des Antisemitismus nachdenkt, kommt zu den Parallelgesellschaften im Mittelalter und der vielen Jahrhunderte, in denen die Integration der Flüchtlinge nicht gelungen ist und wohl überhaupt nicht veersucht wurde. Auch die Volksgruppe, die sich in Spanien selbst als Gitanos bezeichnet – wer kennt noch das Lied “Bamboléo” von den Gipsy Kings (“Zigeunerkönige”) von 1987 – und die in Deutschland nicht mehr Zigeuner genannt werden darf, bildete früher eine Parallelgesellschaft. Vielleicht reagierte der Mainstream auch deshalb gereizt, weil sich bereits 1988 in Deutschland neue Parallelgesellschaften gebildet hatten. Das Beispiel der Ruhrgebiets-Polen, die um 1900, aus der katholischen preußischen Provinz Posen kommend, im katholischen preußischen Rheinland Arbeit suchten und bereits nach einer Generation voll integriert waren, wiederholte sich nicht. Wenn zwei Bevölkerungsgruppen über Jahrhunderte getrennt bleiben, liegt das an beiden. Diese Erkenntnis ist dann die endgültige Grenzverletzung. Will man etwa behaupten, die Juden seien selbst an der Judenverfolgung schuld gewesen? Hier besteht ein striktes Denkverbot! Und Querdenken ist sowieso verboten!

Die Aufgabe der Historiker

Der in alle Richtungen denkende Leser, kreuz und quer, wird sich fragen, ob man mit Denkverboten wirklich aus der Geschichte lernen kann, oder ob man eine Fehlentwicklung nur verhindern kann, wenn man sie zuvor verstanden hat. War Jenningers Ansatz richtig? War er seiner Zeit nur voraus? Man spricht im Zusammenhang mit dem Holocaust von einer Erinnerungskultur. Dabei kann sich ein Mensch nur an Vorgänge erinnern, die er selbst direkt oder aus den Medien miterlebt hat. Aber kein Mensch aus der U90-Generation kann sich noch an die Reichspogromnacht vor 86 Jahren erinnern; die Jüngeren können ihrer allenfalls gedenken. Definitiv kein heute noch lebender Mensch hat eine individuelle Schuld für die damaligen Verbrechen. Formal würden selbst Hitler, Goebbels und Himmler nach Artikel 6, Absatz 2 Europäische Menschenrechtskonvention im juristischen Sinne als “unschuldig” gelten, weil sie von keinem Gericht je verurteilt wurden; natürlich waren sie es nicht.

Es ist inzwischen unvermeidlich, die Zeit des Hitlerfaschismus den Historikern anzuvertrauen – und die ziehen dann Vergleiche. Sie werden den Zweiten Weltkrieg mit den Napoleonischen Kriegen vergleichen und Unterschiede feststellen. Aber wie hätte sich Napoleon verhalten, wenn er die gleichen Waffen zur Verfügung gehabt hätte wie Hitler? Die Historiker werden auch Gemeinsamkeiten und Unterschiede des Holocausts mit den Massenmorden unter Pol Pot in Kambodscha feststellen. Ein Historiker kann sich auf die Wissenschaftsfreiheit berufen; ein Normalbürger aber wird wegen Volksverhetzung angeklagt, wenn er – wie vor zwei Jahren – den Plan der Einführung einer allgemeinen Impfpflicht als „Endlösung der Ungeimpftenfrage“ bezeichnet.

Effekte von Parallelgesellschaften

Bei anderen Menschheitsverbrechen, die länger zurückliegen, ist man da weniger aufgeregt. Niemand hat Donald Trump e einer Verharmlosung des Massenmordes der päpstlichen Inquisition an selbstbewussten Frauen bezichtigt, als er von einer “Hexenjagd” auf seine Person sprach. Es hat auch bisher kein woker Aktivist das Märchen von Hänsel und Gretel auf den Index der verbotenen Bücher gesetzt, weil dort eine Hexenverbrennung als Happy End gefeiert wird. Weder das Wort „Hexenjagd“ noch „Endlösung“ haben irgend etwas mit einer Verharmlosung zu tun. Beides sind überspitzende Anspielungen. Die herrschenden Denkverbote werden sich hoffentlich nicht dauerhaft halten können. Sie würden ein Lernen aus Fehlern verhindern.

Außerhalb der offiziellen Politik wird im Zusammenhang mit den entstandenen Parallelgesellschaften von einem “arabischen Antisemitismus” gesprochen. Der Verfasser persönlich hält diesen Begriff für falsch, denn die Araber sind ethnologisch selbst “Semiten”, und keine “Arier”. Man hätte dann auch von einem semitischen Antisemitismus reden können. Vor den Ersten Weltkrieg gab es in der muslimischen Welt auch keine Pogrome gegen Juden. Das Faisal-Weizmann-Abkommen vom 3. Januar 1919 zwischen dem Emir Faisal von Mekka und Chaim Weizmann als Vertreter des Zionistischen Weltkongresses über die politische Neuordnung Palästinas enthielt sogar die arabische Zustimmung zu einem jüdischen Staat in Palästina – unter der Bedingung einer gleichzeitigen Gründung eines arabischen Königreichs unter Faisal. Natürlich wäre ein Groß-Syrien unter Faisal der Große Bruder des kleinen Israel geworden; kein Bollwerk Europas gegen Asien.

Verhinderung der Entstehung von Parallelgesellschaften als Lektion

Mit der Umsetzung des britisch-französischen Sykes-Picot-Abkommens vom 16. Mai 1916 zur Aufteilung des Landes zwischen den Kolonialmächten wurde die Einigung hinfällig, und nach dem Beginn der jüdischen Einwanderung entwickelte sich die arabische Angst vor Überfremdung. Man sollte deshalb besser von Antizionismus spreche, sondern von Israel-Hass oder nach über 100 Jahren auch von arabischem Juden-Hass. Natürlich kann auch der nicht akzeptiert werden. Der Nahost-Konflikt ist aber ein eigenes Thema. Es sollte jedoch ein Konsens darüber möglich sein, dass dieser nicht in Deutschland ausgetragen werden darf und dass sich unser Land auch anderweitig keinesfalls in diesen hineinziehen lassen sollte.

Der Wunsch, die Fehler der Vergangenheit zu vermeiden, erfordert ein abstrakteres Denkvermögen. Wenn sich in der Vergangenheit die Entstehung von Parallelgesellschaften durch Zuwanderung und die Abwehrreaktionen der einheimischen Bevölkerung bis hin zur Bereitschaft zum Massenmord hochschaukeln konnten, dann müsste als grundlegendes historische Erkenntnis bereits die Entstehung von Parallelgesellschaften verhindert werden. Dieser von Philipp Jenninger vor 36 Jahren nur vorsichtig angedeutete Gedanke sollte – mit einem zeitlichen Abstand von nunmehr 86 statt  50 Jahren zu den Gewaltexzessen des Novembers 1938 – nun endlich zugelassen werden.

10 Antworten

  1. https://www.bild.de/politik/inland/kanzler-hammer-erste-genossen-wollen-pistorius-statt-scholz-6731ef0a781ba6172e9a6877

    „Kanzler-Hammer:
    Erste Genossen wollen Pistorius statt Scholz

    Nach dem Ampel-Crash, dem Gemurkse um die Vertrauensfrage und dem Kanzler-Auftritt bei Talkmasterin Caren Miosga (55) ist die SPD in Aufruhr!
    Der Grund: massive Unzufriedenheit mit Olaf Scholz (66, SPD). Bei den Genossen geht die Sorge um, mit Scholz die Neuwahl krachend zu verlieren. Nun fordern zwei SPD-Politiker Scholz öffentlich auf, nicht erneut für das Kanzleramt zu kandidieren. Stattdessen soll Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) antreten.“

    Ich fasse es nicht !
    Einer der wider besseren Wissens von sich anordnete, entgegen sich einig gewesenen führenden Wissenschaftlern, das die „C-Spritze“ zum Tode bzw. zu dauerhaften gesundheitlichen Nachteilen führt, hat dieser „Spezialdemokrat“ als oberster Dienstherr der Bundeswehr, seine Soldatinnen und Soldaten fern einer dienstlichen und menschlich erforderlichen Fürsorgepflicht festgehalten.
    Er hat sie weiter und wenn sie sich weigerten, unter hohen juristischen Strafen und Disziplinarmaßnahmen mit dem „Zeugs“ zwangsspritzen lassen !
    Einige von den „Verweigerer“ kamen sogar in das Gefängnis !

    Denn so wie er das Personal bei der Bundeswehr behandelte, so könnte er mögl.weise auch regieren, regieren ./. das eigene Volk, gegen jegliche faire Einsichten mit Zwangsmaßnahmen, gegen u.a. die Grundrechte im GG?
    Ich halte gar nichts von diesem unsäglichen Typen, viele haben noch in Erinnerung, wo er in einer im TV übertragenen Sendung, absolut arrogant und selbst verliebt an der „C-Spritze“ autokratisch und völlig daneben festhielt !
    Pfui und abermals pfui !

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    1. Nicht zu vergessen, dass er auch zu verantworten hatte, dass die Sprengung der Krimbrücke entweder auf sein Betreiben hin von Generälen diskutiert wurde oder er jedenfalls keinen Grund für eine Rüge oder sonstige Konsequenzen sah.
      Waffenlieferungen und weitere Zahlungen an Selensky werden von ihm anstandslos befürwortet!
      Und so ein verantwortungsloser Kriegstreiber soll weiterhin in einer Regierung herumgeistern? Die SPD, aber leider auch das Volk, sind ja total besoffen!
      Die nächste Koalition CDU mit SPD und/oder Grünen wird für Deutschland brandgefährlich – und es wird höchste Zeit, dass das Volk erkennt, dass es nicht nur wirtschaftlich abwärts geht, sondern demnächst – bevor Trump eingreifen kann! – ein Krieg oder zumindest militärische Antworten aus Russland drohen!

      1. Richtig und wichtig.
        Faschisten und Volkszüchtiger haben wir leider viel zu viele
        in der Politik.
        Pistorius = nicht nur nein danke, vielmehr dieser Typ muss in entscheidender Politik absolut verhindert werden.
        Wenn ich die Visage im TV sehe und insbes. was von ihm rauskommt, schalte ich sofort ab bzw. um !
        Kann abhauen, wird absolut nicht gebraucht !
        Ach ja, was ist schlimmer, Pest oder Cholera?
        Das könnt ihr selbst gut beurteilen !

  2. Die Geschichte des Antisemitismus ist wahrlich eine verzwickte und Schuldzuweisungen sind da fehl am Platz!

    Doch zunächst: Der erfundene „Tag der Befreiung“ ist ein absoluter historischer Unsinn, der die Deutschen lediglich „west-tauglich“ machen sollte. Keinem alliierten Politiker, Befehlshaber oder Soldaten ist während des Krieges oder auch noch Jahre nach dem Krieg Derartiges eingefallen.
    Churchill sagte einmal: „Ich kämpfe nicht gegen Hitler, sondern Deutschland“. Und so dachten alle.
    Zudem lassen sich die Luftangriffe und Stadtzerstörungen gerade in den letzten Kriegstagen mit tausenden von Toten wohl kaum als „Befreiungstat“ verstehen. Aber egal …

    Der Antisemitismus hat uralte Quellen. Aufgrund der babylonischen Gefangenschaft der Juden, bemühten sich die politisch Denkenden um eine Bewahrung ihrer Identität und verfassten religiöse Schriften und bewahrten/erfanden/übernahmen (ohne Kommentar) den Monotheismus. Doch dieser sah als Abgrenzung nun mal absolute Speisevorschriften vor. Das bedeutete nicht nur, dass da anderes und anders gegessen werden musste, sondern auch, dass dies auch nur innerhalb der jüdischen Gemeinschaft erfolgen durfte. Und diese gewollte Absonderung stieß schon in der Antike den Griechen (u.a. in Alexandria) übel auf und schuf Spannungen.

    Danach folgte der kulturelle und militärische Zusammenstoß mit der Besatzungsmacht Rom. Der Graben zwischen Juden und Andersgläubigen/anderen Kulturen verschärfte sich.
    Nach dem letzten Aufstand erfolgte die Vertreibung der Juden und deren einwandern nach Europa – zwangsläufig mit den gleichen Vorgaben und Auswirkungen.

    Mit den Kreuzzügen war es dann endgültig mit einem geduldeten Nebeneinander von Christen und Juden vorbei. Als „wahre Christen“ sah man nun in den Juden „Gottesmörder“ und begann sie zu hassen. Dass dies eine der absurdesten Auswirkungen der Geschichte ist, muss man zur Kenntnis nehmem (s.a.u.) Zahllose Pogrome in ganz Europa folgten in den nächsten Jahrhunderten. Die Betätigungen von Juden wurden zudem eingeschränkt, so dass vor allem nur das Geld- und Bankgeschäft als Erwerbsquellen übrig blieben.

    Auch ein Luther sorgte mit seinen Hasspredigten gegen Juden für vermehrte Spannungen und damit auch eine „volkstümliche Verankerung“.

    Spanien und England hatten frühen Mittelalter dafür gesorgt, dass sie sich als „judenfrei“ rühmen durften. Viel später kam dann in Deutschland ein Führer an die Macht, der aufgrund seiner Rassentheorie die Juden zunächst nur ausweisen wollte. Aber niemand wollte sie aufnehmen. Eine Rechtfertigung für die sich anschließenden Morde und gezielte Ausrottungs-Strategie ist dies ganz gewiss nicht. Aber mit Verdrängen und Lügen wird die Geschichte auch nicht wahrer. Diese Morde sind und waren unverzeihlich und werden zu Recht den Deutschen vorgehalten. Heuchlerisch wird es aber, wenn man daraus auch eine Schuld der jetzigen Generationen ableiten will. Schuld ist eine individuelle – und weder eine Sippenhaft noch eine Generationenhaft (s.o.).

    Und nun der Nahe Osten: England hatte 1948 dafür gesorgt, dass die Juden nach Palästina einwandern durften. Man gründete einen Staat und vertrieb dabei auch ansässige Araber. Niemand schaffte es oder wollte noch, die Gefahren einzudämmen, die dadurch ständig anwuchsen und bis heute nur noch in abgrundtiefen Hass und Gewalt ausarten.

    Ohne Religionen wären diese Konflikte so niemals entstanden. Aber deshalb Schuldzuweisungen vornehmen zu wollen oder daraus irgendwelche Antwort ableiten zu wollen, halte ich sowohl für sinnlos als auch unmöglich. Es wäre zu wünschen, dass jeder Mensch die Menschenwürde eines anderen achtet und sich um ein friedlicheres Zusammenleben bemüht. Gewiss nur ein Wunsch.

  3. Ein guter, nachdenklicher Artikel. Vielen Dank. Ich habe damals schon nicht verstanden, warum die Rede Jenningers so hohe Wellen schlug.

  4. „Aus dem Antisemitismus könnte schon was werden, wenn sich nur die Juden seiner annehmen würden. …“ (Roda Roda, jüdischer Satiriker der österreichisch-ungarischen Kaiserzeit; also der Zeit, in dem der Begriff von den sich damals selbst so nennenden „Antisemiten“ erfunden wurde).

    Jetzt nimmt sich hier also Herr Müller des Themas an… Und erstaunlicherweise fehlt ihm dabei neben einem unterhaltsamen Schreibstil auch die dafür nötige historische Bildung.

    Zunächst druckst er lange um das Thema der Rede von Jenninger herum, nur um Jenninger schließlich – entgegen dessen Intention und dem faktischen Wortlaut der Rede – posthum doch noch zum Judenkritiker zu erklären. Zum scheinbaren Beleg dafür konzentriert Müllers Text an dieser Stelle nicht im Zusammenhang stehende Begriffe wie „striktes Denkverbot“ oder „Querdenken verboten“.

    Ganz krass sind jedoch die, offenbar einem überhöhten Selbstvertrauen geschuldeten, evidenten Bildungslücken des Autors:

    Trump nimmt nicht Bezug auf die Hexenverfolgung der frühen Neuzeit, vielmehr bezieht er sich auf die ideologische Verfolgung mit Berufsverboten gegen teils nur vermeintliche Linksintellektuelle im sog. „California Witch Hunt“ der vierziger/fünfziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts. (Die Hexenverfolgungen der frühen Neuzeit erfolgten im wesentlichen nicht im Rahmen der päpstlichen Inquisition. Vielmehr fanden diese überwiegend in protestantisch geprägten Kleinstädten im Rahmen von wissenschaftlich-theologisch geförderten Massenpsychosen statt.)

    Die Scheinerkenntnis, dass es keinen arabischen Antisemitismus geben könne, weil Araber selbst Semiten seien, zeigt eigentlich nur, dass sich der Autor nie ernsthaft mit seinem Thema befasst hat; der Begriff ist eine im 19. Jahrhundert entstandene, pseudowissenschaftlich-euphemistische Selbstbezeichnung von ausschließlich an der sog. Judenfrage interessierten Judenkritikern bzw. Judenfeinden.

    Die „Endlösung der Ungeimpftenfrage“ sollte m.E. als Meinungsäußerung nicht justiziabel sein. Allerdings handelt es sich dabei um eine massive Geschmacklosigkeit, dazu angetan, die Anliegen der Impfkritiker in der öffentlichen Diskussion effektiv zu entwerten. Wer meint, unbedingt diese Formulierung in die Diskussion einbringen zu müssen, gehört bestraft – nicht wegen Volksverhetzung, sondern wegen Dummheit!
    Im Artikel von Herrn Müller fehlt das Wort Geschmacklosigkeit.

    Die Behauptung, dass es in der muslimischen Welt vor dem ersten Weltkrieg keine Pogrome gegen Juden gegeben hätte, ist völlig falsch und zeigt wiederum, dass der Autor sich mit seinem Thema überhaupt nicht befasst hat.

    Der ganze Aufwand dient wohl lediglich zur Begründung der am Ende des Artikels vorgestellten These, dass sich die „arabische Angst vor Überfremdung“ bzw. vor der Bildung einer jüdischen „Parallelgesellschaft“ infolge „der jüdischen Einwanderung“ quasi zwangsläufig zur aktuellen kriegerischen Frontstellung zwischen arabischer Hamas und arabischer Hisbollah auf der einen und den Juden auf der anderen Seite fortentwickelt hätte.

    Die These setzt sich dann im letzten Absatz fort:
    Ängstliche Araber und ängstliche? Deutsche „entwickelten in der Vergangenheit aufgrund der Entstehung von Parallelgesellschaften durch Zuwanderung Abwehrreaktionen der einheimischen Bevölkerung, welche sich bis hin zur Bereitschaft zum Massenmord hochschaukeln konnten“. „Dann müsste als grundlegendes historische Erkenntnis bereits die Entstehung von Parallelgesellschaften verhindert werden“ (Zitat).

    Soll man das etwa wie folgt verstehen?:
    Araber und wir Deutschen saßen also in „der Vergangenheit“ gegenüber den Juden quasi im gleichen Boot der Abwehrreaktion der einheimischen Bevölkerung gegen die Parallelgesellschaften der Juden?
    Und soll in der Zukunft in Deutschland?/Europa die Entstehung einer arabischen?? oder sonstigen? Parallelgesellschaft verhindert werden??!
    Und was ist mit der angeblichen Parallelgesellschaft der Juden in der „arabischen Heimat“, allenthalben Israel oder, unzutreffenderweise, auch Nahost-Konflikt genannt, welcher letzterer für Herrn Müller „ein eigenes Thema“ bleiben soll?

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  5. Antisemitismus ist leider eine irreführende Bezeichnung, weil es eigentlich nicht um Semiten geht, zu denen auch die Araber gehören, sondern um Juden.
    Von den heutigen, bekennenden Juden sind die meisten weder Semiten noch Israeliten, sondern Nachfahren von khasarischen Konvertiten.

    Die Araber sind bekanntlich sehr anti-jüdisch eingestellt. Wären sie auch anti-semitisch, müßten sie ja gegen sich selbst sein! Erkennt der geneigte Leser jetzt, daß er mit dem Begriff Antisemitismus sozusagen hinter die Fichte geführt wird?

    Eine den Juden gegenüber ablehnende Haltung gibt es übrigens seit Jahrtausenden. Überall, wo die Juden sich niederließen, wurden sie früher oder später von der Aufnahmegesellschaft hinausgeworfen. „Warum nur, wo sie doch so herzliche und hilfsbereite Menschen voller Nächstenliebe sind, die niemanden belügen, betrügen und finanziell ausbeuten wollen? “
    Fragt mein Nachbar.

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    1. Und Ihr Nachbar hat offensichtlich nicht die geringste Ahnung von Geschichte des Judentums und des Antijudaismus. Aber er hat sicher genauso recht wie die Araber, die ja für ihre Objektivität, Menschenfreundlichkeit und hohe Bildung bekannt sind (wie uns ja die Zuwanderung der letzten Jahre in Deutschland gezeigt hat). Wenn solche Koryphäen die Juden hassen, dann muss das doch wohl seinen Grund haben… an den Juden liegen, gell? Gottogottogottogott…

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      1. „Geschichte?
        Geschichte ist die Lüge, auf die man sich geeinigt hat.
        Mit Ausnahme der Geschichte der Juden. Diese ist selbverständlich die reine Wahrheit.“
        Gruß vom Nachbarn! 🥸

  6. Diese Thema ist wohl trotz all der vergangenen Jahre immer noch nicht reif. für eine neutralen Aufarbeitung, dennoch finde ich es gut, daß hier der Jenninger Fall aufgegriffen wird. Meine Erfahrung jedoch ist: Wer sich an das deutsch-jüdische Thema wagt, der verbrennt sich ganz schnell die Finger. Ich denke auch, daß die Mehrheit der deutschen Juden auch nicht wirklich an einer Aufarbeitung interessiert ist, sie wollen schlicht in Ruhe hier leben, und nicht ständige Manövrier-Masse übergeordneter Interessen sein, was sie dann zwangsläufig der ständigen Anfeindung aussetzt.
    Mich regt schon seit ewigen Zeiten das Thema Stolperseine auf. Wie kann es sein, daß wir die Opfer des Nazi-Regiems mit unseren Füßen treten ? Oft bleibe ich in der Stadt als ein Einzelner stehen, und lese die Gravur der Steine, verweile in stiller Trauer, lese von Deportation und Mord, von Flucht, Immigration , vom Überlebenden. Dabei frage ich mich stets, wer auf diese idiotische Idee gekommen ist ! Diese Steine müßten in dem Mauerwerk der entsprechenden Gebäude in Sichthöhe angebracht sein, und nicht von 99 % der Fußgänger mit ihren dreckigen Sohlen des Schuhwerks betrampelt werden. Nur kranke Geister können auf eine derartig verachtende Erinnerungslösung kommen. Ich wage zu behaupten, daß ein Großteil der Verantwortlichen es genau so und nicht anders wollten !