“Politik mit Schaaf und Swiebeln”: Ablenkungsmanöver und Nebenkriegsschauplätze

“Politik mit Schaaf und Swiebeln”: Ablenkungsmanöver und Nebenkriegsschauplätze

Hilfe, die AfD will uns den Döner wegnehmen! Absurde Debattenverkürzungen und populistisches Framing im Migrationsstreit (Symbolbild:Pixabay)

Eigentlich sollte dies ein Beitrag zur “Döner-Erpressung” durch Migrationsbefürworter werden, welche zur dauerhaften Begleiterscheinung der Einwanderungsdebatte geworden ist. Dazu auch später noch ein paar Worte; zunächst jedoch stolperte ich gestern dienstlich in den Live-Stream der konstituierenden Sitzung des Thüringer Landtages hinein – und hörte, sah und staunte. Dagegen erwies sich die Döner-Erpressungsthematik als laues Lüftchen. Denn hier fand ein parlamentarisches Scharmützel statt, das den Zuschauer verwirrt und vollkommen desillusioniert über den Zustand der politischen Kultur in Deutschland zurücklässt. Man fragt sich unwillkürlich, ob das Mindestalter für gewählte Abgeordnete mittlerweile auf drei Jahre abgesenkt worden ist, denn vor allem aus den Reihen der CDU und der Linken wurde heftig getrotzt und sich verbal auf den Boden geworfen. Die Wortwahl mag etwas eleganter ausfallen als im Kindergarten, der Geist dahinter ist freilich derselbe. Der eigene Wille soll dem Umfeld aufgezwungen werden – auch oder gerade man es dazu bis aufs Blut schikanieren muss.

Zum Hintergrund: Gestern sollte in Erfurt eigentlich der neue Parlamentspräsident gewählt werden, das Vorschlagsrecht dazu steht der stärksten Fraktion zu, also der AfD. Schnell wurde daher von der scheidenden Landtagspräsidentin Birgit Pommer noch rasch eine neue Geschäftsordnung ins Spiel gebracht – man diskutiert seit Tagen, ob diese statthaft sei, weil sie nicht durch den neuen Landtag legitimiert ist. Den Alterspräsidenten stellt die AfD bereits, doch Jürgen Treutler wurde keine Chance gelassen, die heutige Sitzung auf den Weg zu bringen: Geschlagene vier Stunden beharrte der CDU-Abgeordnete Andreas Bühl darauf, man möge doch zunächst die Beschlussfähigkeit des Landtags feststellen. Jürgen Treutler sagte dies auch zu, nachdem er seine Eingangsrede beendet habe, denn auch gemäß der auch im Livestream angekündigten Tagesordnung stand das Thema “Beschlussfähigkeit” erst auf Platz drei. Es folgten Debatten, in denen Bühl Treutler ernsthaft “Machtergreifung” vorwarf – das politische Framing ist offensichtlich – und penetrante Belehrungen seitens von BSW und Linken erfolgten. Während der ständigen Sitzungsunterbrechungen durften sich die Zuschauer des Livestreams eintönige Warteschleifenmusik vom Typ “Sie sind der 56. Kunde, bald ist ein Mitarbeiter für Sie da!” anhören; ich erwog bereits, das System zu hacken und stattdessen eine Wagner-Oper einzuspielen. Gefühlt hätte die Zeit mindestens für den “Ring der Nibelungen” ausgereicht.

Lächerliche Detailfragen

Auch wenn das trotzige Mit-dem-Fuß-Aufstampfen des CDU-Abgeordneten im Laufe der Sitzung zunehmend ausführlicher und eloquenter wurde, blieb man als Zuschauer ratlos zurück. Erledigt wurde letztlich nichts, die Sitzung wurde auf das Wochenende verschoben. Doch dieser Politikstil ist in Deutschland mittlerweile üblich: Es ist wichtiger geworden, die eigenen Duftmarken zu setzen, koste es, was es wolle, anstatt sich einfach einmal zusammenzuraufen und Sacharbeit zu leisten. Natürlich hätte Treutler dem Ansinnen Bühls nachkommen und den Tagesordnungspunkt vorziehen können –aber darum ging es letztlich auch CDU-Mann Bühl nicht. Er praktizierte das, was die Linke “jemandem keine Bühne bieten” nennt, dabei kam dann um den demokratischen Anschein zu wahren, keine Trillerpfeife zum Einsatz, sondern eine lächerliche Detailfrage. Das Ziel wurde aber ebenso erreicht: Jürgen Treutlers Vortrag wurde erfolgreich sabotiert.

Das Eröffnen von Nebenkriegsschauplätzen ist zum Usus der etablierten Politik geworden und wird auch von links-grünen Journalisten gern betrieben. Die von mir eingangs erwähnte “Döner-Erpressung” ist ebenfalls Teil dieser Ablenkungsmanöver, denn der beliebte türkische Straßenimbiss ist inzwischen zu einer Art Symbol eines neuen Kulturkampfs geworden, von den einen geliebt, von den anderen gehasst. Der Gedanke dahinter ist ebenso infantil wie Andreas Bühls Störmanöver im Landtag: Die gesamte Migrationsproblematik wird an die Verfügbarkeit einer Fleischtasche geknüpft, die den Deutschen entzogen würde, wenn die Masseneinwanderung aus dem Nahen und Mittleren Osten morgen unterbunden werde.
Die hier aufgestellte Behauptung “Die AfD nimmt den Deutschen den Döner weg!” ist im Grunde auch eine Beleidigung für jeden ehrlichen Drehspieß-Verkäufer – denn es ging nie um die Abschiebung integrierter Migranten, sondern alleine um die (gesetzkonforme und rechtliche gebotene) Abschiebung illegaler oder gewaltbereiter Migranten. Dieser Egoismus der “Guten” scheint jedoch auch in den gehobeneren Formen der Debatte durch, wenn Multikulti-Romantiker sich um den Verlust des Rundum-Services durch dienstbare Geister aus dem Ausland sorgen, vom Altenpflegehelfer bis zur Ärztin. Man schöpft den Rahm von der Vielzahl der Migranten ab und überlässt den großen Rest der staatlichen Fürsorge – egal, ob das System diese Belastung auch tragen kann. Doch die Simplifizierung und Verkürzung der Migrationsfrage auf gastronomische Genüsse verfängt bei der links-grünen Bohème, die sich mit steigenden Kriminalitätsraten und Wohnungsnot nicht näher befassen will.

Blockade der Tagespolitik

Mit dem Döner kann man sich zugleich ein gutes Gewissen kaufen: Wer hätte nicht lieber eine duftende Imbissbude in seiner Nachbarschaft als ein Flüchtlingsheim? Das symbolisiert Toleranz und macht keinen Ärger. Dazu passt ebenfalls vortrefflich das Ringen um politisch korrekte Bezeichnungen im öffentlichen Sprachgebrauch: Was durch das Schlagwort der “gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit” einen wissenschaftlichen Anstrich erhalten hat, erspart die Auseinandersetzung mit den im deutschen Alltag regelmäßig auftretenden Problemen bis hin zur Verschleierung derselben. Wenn etwa Bundesfamilienministerin Lisa Paus das Wort “Migrationshintergrund” aus unserer Sprache verdrängen will, so mag das in ihrer Welt für Beruhigung sorgen, da sie sich somit nicht mehr mit kulturellen Hintergründen und deren Auswirkung auf unsere Gesellschaft auseinandersetzen muss. Streng genommen fielen damit auch die vorab genannten Verweise auf importierte Genüsse weg; an solchen Widersprüchen jedoch mangelt es nicht in der Szene, die ihre unausgegorenen Thesen wie ein leckes Boot an allen Ecken und Enden flicken muss, um sie vor dem Absaufen zu bewahren.

Blockieren der Tagespolitik durch unwichtige Details, ständige Versuche, uns über “Döner-Debatten” von den Schattenseiten der Migration abzulenken und verharmlosende Wortschöpfungen: Es ist beleidigend, für wie dumm und leichtgläubig die Bürger inzwischen gehalten werden. Zugleich ist es aber auch ein Zeichen der Hilflosigkeit seitens der etablierten Politik und der sie unterstützenden Medien: Sie wollen oder können keine sinnvollen Lösungen anbieten, weil sie es sich mit niemandem verderben wollen und sie Angst vor Entscheidungen haben. Deutschland als politischer Kindergarten mit trotzenden CDU-Kindern und naiven Leckermäulern, so ähnlich sieht uns mittlerweile auch der Rest der Welt. “Echte“ Kindergartenkinder hingegen können wenigstens malen und basteln.

4 Antworten

  1. Kindergarten? Bald werden die sich im Parlament auch noch prügeln. Wen man dann öffentlich fälschlicher Weise beschuldigt ist schon klar. Die AfD hat angefangen schreit es dann aus der RotGrünen Ecke.

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