Das Verschwinden des Bürgers im öffentlich-rechtlichen Rundfunk

Das Verschwinden des Bürgers im öffentlich-rechtlichen Rundfunk

Öffentlich-rechtliche Hohlraumbefüllung: Es müsste – und könnte – leicht auch ganz anders sein (Symbolbild:ScreenshotInstagramAmineKanzari)

Als der “Südwestrundfunk” (SWR) diese Woche von „Bürgern“ und „AfD-Anhängern“ sprach, meinte er es genau so, wie er es schrieb. „Als ob letztere Untermenschen wären, deren GEZ-Beitrag man dennoch gerne nimmt“, entsetzt sich der medienpolitische AfD-Fraktionssprecher Baden-Württembergs, Dennis Klecker über den SWR-Beitrag zu den Vorfällen beim AfD-Bürgerdialog in Gauersheim vergangene Woche. Denn in dieser beiläufigen Trennung steckt ein ganzes Weltbild. Es ist die Sprache eines Apparates, der sich längst als moralische Instanz versteht – nicht mehr als Bühne pluraler Stimmen, sondern als Schiedsrichter über Zugehörigkeit. Wenn der SWR schreibt, Teilnehmer hätten besagten Dialog „gestört“, spricht er eigentlich nicht von echtem „Stören“, sondern er kategorisiert: AfD-Anhänger sind Störer per Definition – denn Bürger mit abweichender Meinung gelten als Unruhestifter, erkennt Klecker. „Was ist das anderes, wenn nicht die verbale Delegitimierung einer ganzen Wählergruppe durch einen angeblich publizistischen Akteur? Ein öffentlich-rechtlicher Sender darf keine Bürgergruppen stigmatisieren. Wenn jemand AfD-Anhänger ist, bleibt er doch Bürger! Der SWR hat sich in eine Rolle begeben, in der er den demokratischen Konsens per Redaktion definiert, statt ihn zu spiegeln.

Wir lernen: Wer widerspricht, wird markiert. Wer anders denkt, wird sprachlich von der Gemeinschaft gelöst. Diese kleine semantische Operation – Bürger hier, Anhänger dort – verrät mehr über den Zustand des öffentlich-rechtlichen Rundfunks als jedes interne Papier. Sie zeigt, wie weit er sich von seiner ursprünglichen Idee entfernt hat: vom Forum zum Filter, von der Öffentlichkeit zur Erziehungsanstalt. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk war nach dem Krieg als Gegenentwurf zur Regimepropaganda gedacht: frei von staatlicher Kontrolle, getragen vom Bürger, verpflichtet allein dem Gemeinwohl. Ein Labor der Demokratie. Doch die Institution, die einst Vielfalt sichern sollte, ist selbst zum System der Propaganda geworden – hierarchisch, paternalistisch, überzeugt von der eigenen Läuterung. Was als Dienst am Souverän begann, verwandelte sich in die Kunst der Bevormundung. Der Rundfunk, der informieren sollte, will heute erziehen; der Sender, der Öffentlichkeit schaffen sollte, produziert Haltung. Statt einer Agora haben wir eine Kanzel, statt Debatte ein „Framing“.

Der therapeutische Sender

Man erkennt es an den Ritualen des Sprechens: Es gibt Themen, bei denen der ÖRR Fragen stellt – und andere, bei denen er Antworten vorgibt. Die Distanz, die Objektivität ermöglichen sollte, ist zu einem sanften Furor geworden. Der Zuschauer soll nicht verstehen, sondern zustimmen. Die Macht des Mediums liegt nicht im Argument, sondern in der Formulierung. Begriffe entscheiden über Wirklichkeit. Wenn ein Sender zwischen „Bürgern“ und „AfD-Anhängern“ unterscheidet, schafft er zwei Arten von Öffentlichkeit: eine der Zustimmung und eine des Verdachts. Sprache wird zum moralischen Seismographen.
Es ist eine uralte Technik der Macht: Nicht mehr der Zensor streicht, sondern der Moderator rahmt. Nicht das Verbot, sondern die Tonlage sortiert das Sagbare. Der Journalismus nennt das „Einordnung“, doch tatsächlich ist es das Gegenteil von Offenheit – eine pädagogische Übersetzung der Welt, die dem Bürger das Denken abnimmt. So entstehen unsichtbare Grenzen. Wer anders spricht, gilt als „umstritten“, „populistisch“, „rechtsnah“ – Attribute, die den Sprecher disqualifizieren, ohne ihm zu widersprechen. Der Diskurs bleibt formal frei, ist faktisch aber kontrolliert.

Der heutige ÖRR versteht sich als moralischer Dienstleister: sensibel, präventiv, sozialpädagogisch. Seine Nachrichtensendungen ähneln immer öfter Gesprächen über „gesellschaftliche Herausforderungen“. Der Bürger erscheint darin nicht mehr als handelndes Subjekt, sondern als Patient eines großen, psychologischen Gemeinwesens.
Die Sprache der Therapie ersetzt die Sprache des Streits. Statt Konflikte auszutragen, werden sie „aufgearbeitet“. Statt Gegensätze auszuhalten, werden sie „moderiert“. Der Rundfunk tröstet, erklärt, beruhigt – und damit entpolitisiert. Die Härte des Arguments, die Klarheit der Kontroverse, die Schärfe der Differenz – all das gilt als gefährlich, als toxisch. Was übrig bleibt, ist ein warmer Nebel der Anteilnahme, eine Ersatzreligion der Empathie.

Versteinerte und institutionell verankerte Moral

In dieser neuen Medienordnung ist der Bürger nicht mehr der Souverän, sondern der zu Erziehende. Er darf zahlen, zuhören, Zustimmung signalisieren. Doch er darf nicht mehr entscheiden, was Relevanz hat. Das übernehmen Gremien, Rundfunkräte, Sprachleitfäden. So verwandelt sich das Publikum in eine Zielgruppe, die man „mitnimmt“. Der alte Gedanke des Bürgers als mündigem Wesen – fähig, selbst zu urteilen – wird ersetzt durch die Figur des „Gefährdeten“, den man vor „Desinformation“ schützen muss. Der Schutz ist das neue Verbot. Man könnte sagen: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist der fürsorgliche Arm des Staates, der sich selbst versichert, liberal zu sein. Er ist das freundliche Gesicht der Kontrolle. Man höre sich die Töne an: überall dieselbe Melodie, dieselbe Syntax, derselbe moralische Akkord. Es ist eine Sprache ohne Widerspruch, wohltemperiert, hygienisch. Selbst die Kritik an Machtverhältnissen geschieht innerhalb der genehmigten Grenzen – als kontrollierte Opposition im eigenen Haus.

Wer das Monopol auf Deutung hat, braucht keine Zensur. Ein System, das sich selbst als moralisch alternativlos versteht, kann gelassen pluralistisch wirken. Die Vielfalt der Formate ersetzt die Vielfalt der Perspektiven. Es gibt Dokumentationen über alles – nur nicht über das Medium selbst. So ist der Rundfunk zu einer Art kulturellem Verwaltungsakt geworden: Er bestätigt, was ohnehin gilt, und nennt das Aufklärung. Kein System zerstört sich schneller als das, das sich für unanfechtbar hält. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk lebt von der moralischen Überzeugung, „auf der richtigen Seite“ zu stehen. Doch Moral, die institutionell verankert wird, versteinert. Die Gebührenpflicht ist in diesem Sinn das Symbol seiner Erstarrung: Der Bürger bezahlt für ein Gewissen, das nicht mehr seines ist. Das ist keine Korruption, sondern Selbstgefälligkeit.

Demokratie lebt von Reibung

Der Rundfunk hat vergessen, dass seine Glaubwürdigkeit nicht aus der Lautstärke des „Guten“, sondern aus der Nüchternheit des Richtigen kommt. Er hat die Distanz zum Stoff verloren, weil er sich selbst zum Stoff gemacht hat. Das Beunruhigende an dieser Entwicklung ist ihre Sanftheit. Es gibt keine Verbote, keine Drohungen, keine Zensurbehörde. Nur eine stetige, moralisch begründete Rahmung, die jede Abweichung zum Problem erklärt. Der sanfte Zensor spricht freundlich, aber seine Freundlichkeit ist total. Er will, dass alle sich verstanden fühlen – und verhindert damit, dass jemand noch widerspricht. Die Demokratie lebt von Reibung, nicht von Rückversicherung. Der Bürger muss sich im Medium erkennen dürfen, auch als Störender, als Andersdenkender, als Unbequemer. Wenn er nur noch als Risiko gilt, verliert das Medium seine Legitimation. Die Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks beginnt nicht mit Strukturkommissionen, sondern mit der Rückgabe des Vertrauens. Der Bürger braucht kein Sprachrohr, er braucht ein Echo.

Ein neuer Rundfunk müsste den Mut haben, wieder zu fragen, statt zu erklären. Er müsste sich selbst aussetzen – der Kritik, dem Zweifel, der Kontroverse. Er müsste riskieren, dass Zuschauer abschalten, statt sie mit Betroffenheit zu binden. Vielleicht wäre der erste Schritt ganz einfach: aufzuhören, Menschen zu etikettieren. Bürger sind Bürger, auch wenn sie widersprechen. Demokratie beginnt dort, wo das Mikrofon nicht nur in die eigene Richtung zeigt. Wie sehr der SWR selbst die zaghaften Versuche, zu einer diskursiven Normalität zurückzufinden, inzwischen diskreditiert, war bereits Mitte Februar 2024 zu erleben, als Knut Bauer aus der Redaktion Landespolitik die Bauernproteste in Biberach als „Schande für die Demokratie“ diffamierte. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk versteht sich gern als Bollwerk gegen Populismus. In Wahrheit ist er dessen Spiegelbild: moralisch aufgeladen, selbstreferenziell, überzeugt von der eigenen Läuterung. Seine Rettung läge in einer Rückkehr zur Bescheidenheit – zur Erkenntnis, dass Wahrheit nicht besessen, sondern gesucht wird. Der Rundfunk müsste wieder Medium sein, nicht Prediger. Denn der Bürger, dem man das Wort entzieht, sucht – und findet – andere Wege, es zu sagen. Und ein Land, das seine Widersprüche nur noch als Störung erkennt, verliert die Fähigkeit zur Freiheit.

15 Antworten

  1. Hätten debile Kleingeister wie Böhmschnulli, Restlschnulli, Reschschnulli, Hayschnulli & Co auch nur ein Fünkchen Ehre im Leib, würden sie auf 25% Ihres zwangsabgressten „Lohnes“ verzichten & es der Tafel oä spenden, wäre sogar absetzbar… Aber Ehre, Integrität usw. ist diesen agit-prop Flaschen ein Fremdwort, meine Meinung!

    1. „Kulturstaatsminister“ Weimer und System-Clown Böhmermann verstehen sich prächtig: „Mega, dass Sie hier sind!“

      Der „Kulturstaatsminister“ im Bundeskanzleramt Wolfram Weimer und der ZDF-Hetzer Jan Böhmermann haben bei einem „Podiumsgespräch“ in Berlin miteinander diskutiert und sich offenbar prächtig verstanden. Tiefer geht’s nimmer? Tiefer geht’s immer!

      https://deutschlandkurier.de/2025/10/mega-dass-sie-hier-sind-kulturstaatsminister-weimer-und-system-clown-boehmermann-verstehen-sich-praechtig/

  2. Sozialismus-TV: Nur noch Gehirnwäsche, Seelenzerstörung, Desinformation, Fake News, Hetze, blödes Geschwätz und die Heimat der Berufsbekloppten! Dafür auch noch Geld zahlen?? Nein, danke!

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  3. @deren GEZ-Beitrag man dennoch gerne nimmt
    nun ja – die Rechtgläubigen nehmen ja auch gerne die Dschizya der Dhimmi !

  4. „Ein neuer Rundfunk müsste den Mut haben, wieder zu fragen, statt zu erklären. Er müsste sich selbst aussetzen – der Kritik, dem Zweifel, der Kontroverse. Er müsste riskieren, dass Zuschauer abschalten, statt sie mit Betroffenheit zu binden.“

    Da braucht man gar nichts neu erfinden, denn das gibt es längst. Wer noch nichts von den unzähligen freien Formaten -jederzeit streambar übers Netz- gehört hat, ist wohl zu lange selbst den ÖRR-Flunkerern ausgesetzt gewesen und hält die dann irgendwie doch noch für das Non-Plusultra. Will heißen:

    Was so eine nicht mal eine Nebenrolle spielende sowie vermutlich & hoffentlich mehrfachst gentherapierte Propagandatröte über einen völlig unbedeuten Sender posaunt, ist absolut irrelevant.
    Übrigens zahlt man dieses Schutzgeld gar nicht und wenn es wegen eigener Verflochtenheit im System (was jetzt gar kein Vorwurf sein soll) doch nicht anders geht, dann wenigstens mit ordentlich Sand ins Getriebe streuen statt mit „bequemen Lastschrifteneinzug, bei dem sie nie wieder eine Zahlung verpassen“ 😣😣

  5. Der Funk in Rot ist schon lange tot !

    Lest, was die alte Frau aus der EZB vorantreibt !

    https://deutschlandkurier.de/2025/10/ezb-macht-ernst-mit-dem-digitalen-euro-jetzt-kommt-die-totale-kontrolle

    „EZB macht ernst mit dem digitalen Euro: Jetzt kommt die totale Kontrolle!
    Noch in diesem Monat will die Europäische Zentralbank (EZB) unter der Französin Christine Lagarde die Weichen für die Einführung des digitalen Euro stellen. Spätestens 2029 soll de facto Schluss sein mit Bargeld.“

    Weiter lesen im o.a. Link !
    Dieses alte Weib, eine ehem. Kriminelle als Französische Ministerin in Geldsachen,
    rechtskräftig von einem Pariser Gericht verurteilt.
    Ist von diesem Gericht ohne Bestrafung geblieben, weil sie nach deren Auffassung sich
    um eine herausragende Person handelt.
    Solch einen Dreck nennt man Rechtsuntätigkeit, Strafvereitelung !
    Bekommt sie ihren geistigen Orgasmus durch die Totalkontrolle nach Bargeldabschaffung,
    Überwachung und Freiheitseinschränkungen der Bürger in Europa?
    Eine demokratische Legitimierung hat Le Garde nicht !
    Für solch ein Element kann man nur noch ärgste Verachtung und Ekel empfinden !

    Dieses Weib würde bei mir noch nicht einmal einen Job als „Putze“ bekommen !!!

  6. In seinem Sessel, behaglich dumm, sitzt schweigend das deutsche  TV Publikum!
    ….und lässt sich abends gern berieseln.
    Die höchste Geistesleistung ist das Pausen Pieseln.
    „Bitte waschen sie ihre Hände, ihr Gehirn waschen wir!“
    …für die Gehirnwäsche durch Radio und TV zahlen die Deutschen
    dafür…(GEZ) Gehirnwäsche durch diese Staatssender seit über 70 Jahren!!

  7. Wer dieses Propaganda- bzw. Verdummungs-TV noch freiwillig bezahlt ist selbst Schuld!
    Es gibt soviele Möglichkeiten selbst bei der Zwangs-Bezahlung genügend Sand ins Getriebe zu streuen. Z.b. Überweisung aufteilen an die 10(?) Rundfunkanstalten, Teilnehmernummer ausschreiben, also statt 1234 Eintausenszweihundertvierunddreissig, das ganze evtl noch in Fremdsprache usw usf.
    Ziel: Möglichst viele Kosten verursachen!

  8. Willkommen im Erziehungsstaatsfunk a la DDR. Nun können sich die Menschen im Westen vorstellen wie der Staatsfunk in der DDR agiert hat. Erzieherisch, bevormundend. Um mit Mielke (STASI) zu sprechen: Ich liebe euch….., ich liebe euch doch alle. Selber denken wird zum Störfaktor.

  9. Nur noch irre:
    Drohnensichtungen: CDU fordert Bundeswehreinsatz im Innern
    Aus historischen Gründen ist der Einsatz der Bundeswehr im Innern verboten. Die Diskussion über angeblich russische Drohnen hat die Debatte über das Verbot neu entfacht. Der CDU ist es ein Dorn im Auge, sie will das Verbot kippen und der Bundeswehr polizeiliche Aufgaben übertragen.
    https://rtde.press/inland/258470-drohnensichtungen-cdu-fordert-bundeswehreinsatz-im/

    Und das obwohl immer noch überhaupt nicht bewiesen wurde, dass Russland dahinter stecken könnten:

    Drohnen-Lügen fliegen überall auf
    Dänemark, Norwegen, Deutschland: Die angeblichen „hybriden Angriffe“ Russlands sind überall aufgeflogen. Die Behörden rudern massiv zurück, wenn überhaupt noch etwas zurückgeblieben ist.
    https://tkp.at/2025/10/08/drohnen-luegen-fliegen-ueberall-auf/

    1. Warum sollten Russen überhaupt Drohnen einsetzen um irgendwas auszukunschaften? Die haben wie die USA hunderte Satelliten im Weltall.

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