Der Gutmensch – Typus im Spätzustand

Der Gutmensch – Typus im Spätzustand

Gut, besser, Gutmensch? (Symbolbild:Imago)

Er tritt auf wie ein Hohepriester der Moral, doch er ist nur die letzte Metamorphose eines gesättigten Kulturmenschen in der digitalen Endzeit, dem das Tragende, das Tiefe, das Erdverwurzelte abhandengekommen ist. Was er präsentiert – seine Ikonographie aus Spritzen, Ukrainefarben, Regenbogenflagge, Maske, Hashtag mit Gendersternchen – ist nicht Ausdruck von Geist, sondern von Gewohnheit. Seine „Haltung“ ist die Form gewordene Dekadenz eines Zeitalters, das von innerer Leere ausgezehrt ist und sich noch einmal moralisch aufbäumt, ehe es in sich zusammenfällt.

Der Gutmensch existiert nur im Kontrast. Wie alle Erscheinungen der Zivilisation ist auch er nicht schöpferisch, sondern ableitend. Er ist gegen Hass, gegen Putin, gegen rechts, gegen Trump, gegen den „Klimaleugner“, gegen das Männliche, gegen das Eigene – denn nur im „gegen“ gewinnt sein leergewordenes Ich die Illusion von Substanz. Er kann nur durch Kontrast existieren, weil das Eigene längst verflüchtigt ist. Die Leere wird zur Haltung, das Nichts zum Standpunkt.

Abkömmling der faustischen Seele

Die Zivilisation ist das Alter einer Kultur. Der Gutmensch ist eine Figur dieser zivilisatorischen Spätphase – ein Abkömmling der faustischen Seele, der sich vom Willen zur Tiefe losgesagt hat. Er lebt in Symbolen, nicht in Wirklichkeit. Er denkt in Etiketten, nicht in Ideen. Alles, was noch lebt, wird durch ihn zum Schematischen degradiert. Er kennt keine Tragik, nur Rhetorik. Er hat keinen Zweifel, nur Parolen. Der Pathos, mit dem er das „Gute“ verkündet, ist nicht getragen von einem Ernst, der aus dem Inneren kommt, sondern von einem Willen zur Selbsterhöhung, der in jeder Kulturphase die Maske der Ethik trägt, wenn das Schöpferische erloschen ist.

Der Gutmensch bekämpft den Hass mit Hass. Seine Ablehnung ist seine einzige Form von Selbstbestätigung. Er blockiert, diffamiert, denunziert – nicht aus Kraft, sondern aus Angst. Denn der Schatten, der in ihm wohnt, ist längst zu groß geworden, um noch unbemerkt zu bleiben. Und so wirft er ihn auf andere. Er braucht den Gegner, wie der Satte das Gift braucht, um wieder etwas zu spüren.

Der letzte Diktator

Diese Figur, deren Seele nicht mehr in Blut, Boden oder Gemeinschaft verankert ist, wird zur Trägerin einer „Ethik ohne Erde“. Ihre Bindung an das Ganze ist eine Bindung an abstrakte Konstrukte – Menschheit, Gerechtigkeit, Klima – und nicht an gewachsene, erlebte, geschichtstragende Ordnung. Der Gutmensch ist nicht Bürger, sondern Gesinnung. Nicht tragende Gestalt, sondern Zuschauer des eigenen Verfalls.

Der Höhepunkt seiner Erscheinung ist nicht die Toleranz, sondern der Fanatismus. Der Glaube an die Panzer für die Ukraine ist nichts als der verzweifelte Ruf einer sterbenden Zivilisation nach Bedeutung. Der Ruf nach dem Verbot der AfD, nach „Null Toleranz“, nach „gesicherter Rechtsextremität“ ist nicht Ausdruck der Stärke, sondern der inneren Auflösung. Wo Argumente fehlen, wächst das moralische Dekret. Der Gutmensch wird zum letzten Diktator – freundlich lächelnd, aber innerlich kalt.

Grauen vor dem leeren Raum

Denn was ihn antreibt, ist nicht Überzeugung, sondern das Grauen vor dem leeren Raum in sich selbst. Der Raum, der einst durch Religion, Mythos, Herkunft, Ahnen und Boden gefüllt war, ist heute überklebt mit Parolen. Die Spritze ersetzt die Beichte, das CO₂-Zertifikat den Ablassbrief, das Verbot die Läuterung. Der Gutmensch lebt in einer säkularisierten Erlösungssehnsucht, aber ohne Seele.

Er duldet keine Widersprüche, weil sein ganzes Ich aus einem Widerspruch besteht. Und dieser darf nicht aufbrechen. Darum das aggressive Auftreten, die panische Empörung, die obsessive Korrektheit. Alles, was ihn stört, muss verschwinden – nicht weil es falsch ist, sondern weil es ihn selbst an das erinnert, was er längst verloren hat. Er definiert sich durch Abgrenzung, durch das Gegenüber. Doch dieses Gegenüber ist nicht mehr real, sondern abstrakt. Der „Rechtsradikale“,der „Faschist“, der „Verschwörungstheoretiker“ – sie alle sind nur Schattenfiguren, die er braucht, um sein schwankendes Selbstbild aufrechtzuerhalten. Der Gutmensch ist die letzte Form der narzisstischen Seele, die sich selbst erlösen will, indem sie alles andere verdammt.

Auf der richtigen Seite der Geschichte

Darum kennt er kein Gespräch, sondern nur das Urteil. Keine Kritik, sondern nur das Verdikt. Wer ihm widerspricht, wird nicht gehört, sondern gelöscht. Wer ihm ein Argument bringt, wird nicht bedacht, sondern blockiert. Der Gutmensch ist kein Diskursteilnehmer – er ist der Endpunkt jeder Debatte.

Und so wird er selbst zum Zerstörer dessen, was er zu schützen vorgibt. Seine Meinungsfreiheit endet dort, wo andere beginnen. Seine Toleranz gilt nur dem Spiegelbild. Seine Gerechtigkeit ist ein Fallbeil. Die große Tragik: Er glaubt noch, er sei auf der richtigen Seite der Geschichte. Doch Geschichte ist kein Richter – sie ist ein Zyklus. Und der Gutmensch steht am Ende dieses Zyklus.

Heimsuchung durch den verleugneten Schatten

Die Geschichte kennt ihn – in jeder untergehenden Kulturform. Er ist das Echo des Priesters, der das Licht hütete, aber nun nur noch von dessen Asche spricht. Er wird sich weiter radikalisieren – nicht aus Überzeugung, sondern aus Angst vor dem Nichts, das in ihm selbst wohnt. Und wenn das Ende kommt, wird er sich nicht erinnern, wofür er stand – nur, was er bekämpfte.

Dann wird das letzte Siegel brechen. Der Schatten, den er verleugnete, wird ihn heimsuchen. Nicht in der Gestalt des Anderen – sondern in ihm selbst. Und was er bannen wollte, wird in ihm auferstehen. Denn keine Haltung schützt vor dem eigenen Abgrund, keine Maske ewig vor dem Blick der Wahrheit. Und das, was er zu vernichten suchte, wird das Einzige sein, was von ihm bleibt.


Der Autor publiziert auch auf Twitter/X (siehe hier).

27 Antworten

    1. jedes Wort ,für grün Woke mit roter abar_tiger. Sexueller-?- LGBTQ Verlangen der Akzeptanz, geht voll an der Natürlichen Natur vorbei.Wo wir alle herkommen.Das einzig positive Man&Man er_zeugen keinen Nachwuchs,noch ,die Forderung das da der Staat (DU) mit €£¥$¢ einspringt,war schon im Ähter. Nutzloses beseitigte früher die ….. Natur.

  1. Hier in diesem Drecksstaat wird schon immer was verleugnet. Hier wird knallhart gelogen und betrogen, bis sich die Balken biegen. Diese Knallbirne aus der CDU ist das Beste Beispiel. Nur ist das Volk, das ihm zujubelt genau so bekloppt und merkt nichts mehr. Vornehmlich im Westen dieser Affenrepublik voller Idioten. Jetzt ist es ja noch schlimmer als vor 1989 und dem DDR Fernsehen geworden. Der Mauerfall war eine Scheiß Idee. !!!! Den Wahlprognosen zufolge und der Auswertung der letzten sogenannten Buntestagswahl muß es sofort wieder eine Teilung dieses Drecksstaates geben.
    Es sollte in den Bundesländern östlich der Elbe ein neuer Deutscher Staat gegründet werden. Die Illegalen Kostgänger werden in Eure Demokratiache BRD abgeschoben. Jetzt könnt ihr in euren schönen Westdeutschen Drecksländern vollgestopft mit Migranten und Verbrechern allee bewirten!! Vielleicht ist auch ein Vielvölkerstaat möglich so nach Jugoslawischem Vorbild. Das könnt ihr dann aber in Bonn abstimmen.

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    1. Die Westdeutschen besonders im Norden und in NRW sind mit ihrer vaterlandslosen, woken und sich als Deutsche selbsthassenden Mehrheitsmentalität der Sargnagel für den Süden und den Osten.

      In der Tat verspricht nur eine Teilung der BRD das Überleben grösserer Teile der Deutschen.
      Der im Süden und der im Osten.

      Die Nordeutschen und die NRW-Bewohner kann man eh vergessen, die sind in grosser Mehrheit furchtbar.

      1. Bin aus NRW, hier sind zum Glück nicht alle so. Kenne viele, denen hier alles gegen den Strich läuft. Leider ist der Rheinländer an sich relativ oberflächlich; wobei ich aber nicht alle über einen Kamm scheren möchte.

  2. Die Deutschen sind ein besonderes Volk.
    1945 wurden sie von den Alliierten im Klo runtergespült, 80 Jahre später spülen sie sich selber im Klo runter.
    Faszinierend!

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  3. Wobei ich hier ganz & gar nicht die „Gutmenschin“ unterschlagen würde. Die sind als diese Spezies gefühlt sogar in der absoluten Mehrheit, DER Gutmensch hingegen meistens nur ein anhängender lastenfahrradfahrender Trottel von so einer ansonsten völlig ungeliebten dominanten Matrone ab Mitte 50.
    PS: Gibt es eigentlich auch irgendwo einen
    „Der Gleichstellungsbeauftragte“ oder immer nur „Die G…….“ ?

    Ziemlich ungleich sozusagen dieser ganze linksgrünwoke geistige Sondermüll für ansonsten völlig unnütze Primitivlinge und derer …innen 😣😣

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    1. 50 Jahre Feministin und nun wünsche ich mir die Abschaffung des Frauenwahlrechts, da die Mehrheit der Damen sich ja sowieso nicht für Politik interessiert, wie sie immer lauthals verkünden. Ich selbst würde mich kurz vor den Wahlen als Mann definieren und eintragen lassen.

  4. Der Grundgedanke ist richtig. Der Artikel ist mir allerdings zu verschwurbelt.
    All das hätte man in einem Dutzend Sätzen sagen können.

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  5. Der Grundgedanke ist richtig. Der Artikel ist mir allerdings zu verschwurbelt.
    All das hätte man in einem Dutzend Sätzen sagen können, denn so viele Buchstaben
    haben derartige Blindgänger gar nicht verdient.

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  6. Traurig aber wahr. Wir erkennen es, aber sind diesen Gutmenschen auf Gedeih und Verderb ausgeliefert, ohne dass wir etwas dagegen tun können. Das ist die Tragik, die mich zur Verzweiflung bringt.

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    1. Der Start in eine „neue Gesellschaft“ könnte in den neuen Bundesländern erfolgen. Gewinnt die AfD die kommenden LT-Wahlen und regiert die neuen Bundesländer, wird das auch Auswirkungen auf ganz Deutschland haben. „Im Osten geht die Sonne auf“.

  7. SgH Knips,
    schöner Artikel. Alles gut beobachtet und beschrieben. Etwas kürzen, dann kommt er knackiger rüber. Schöner Schreibstil: genau und dabei lässig. Weiter so.

  8. Ein sehr schöner, aber zu etwas langer Text, der diesen geistigen Tieffliegern gewidmet ist. Zu viel der Worte für diese intellektuellen Dumpfbacken aka Gutmenschen.

  9. Doch 🫣 sie werden wohl wieder angekrochen kommen, wenn ihr Konstrukt zerbricht und wenn sie das brauchen, was man liebendes Verständnis nennt um diese einsame, sinnentleerte Tragik in sich aushalten zu können.
    Nur kann ich das dann wirklich immer noch, als so gedemütigte, von Ihnen verstoßene, Mutter und Oma?
    Ihnen wieder und wieder vergeben zu können, weil sie wohl nicht wissen, was sie da tun.
    Mein pazifischer Vater, der den Normandie Feldzug überlebt hat und danach desertiert ist, sagte dazu immer:
    „Mein Kind, mach dir nix vor, die Menschen ändern sich nicht, und bleiben immer gleich,………. und wenn der nächste Wahnsinnige aufsteht, dann rennen sie auch ihm wieder in Massen hinterher……… und nachher will es wieder keiner gewusst haben, dann drehen sie ihr Fähnchenim Wind…….und deuten mit dem Finger auf dich.“
    Als Tochter dieses so liebevoll, klugen Vatern bin ich schon arg traurig, dass meine Söhne nun, ohne Sinn und Verstand mit diesem Virus infiziert sind und ihren unbehandelten, kritischen Eltern aus dem Wege gehen.
    Hab jetzt a’bißerl viel geschrieben, doch dieser so tolle Text hat mich so überwältigt in seiner Klarheit.

  10. Diese Gutmenschen trifft man in der BRD vor allem im Nordwesten und in nrw in absolut gehäufter Form an, den unangenehmsten Landesteilen Deutschlands.
    Weniger im Süden und nur selten im Osten.

    1. Ich bin vor knapp 20 Jahren aus NRW abgehauen. Reiner, aber super Zufall, dass ich in Sachsen gelandet bin.
      Aber nie, nie, nie wieder NRW. Ich schwöre…^^

  11. @André

    herzl. Dank für Deinen exzellent formulierten Kommentar. Schade das hier offenbar manchen . . . na egal. Bitte mehr davon .

    Aus einer Anzeige: (nicht meine)

    Verkaufe meine Ehefrau, Bj.79, optischer Zustand OK, zweisprachig bay./schwäb. ACHTUNG: Sie ist Gutmensch, hat grüne Tendenzen und will Linke wählen!! Ich verkaufe sie deswegen als defekt und Bastlerware. Tausch gegen eine Kiste Bier möglich.

  12. Gutmenschen sind Individuen, die nie etwas geleistet oder vollbracht haben. Sie wurden aus unterschiedlichen Gründen in Ämter und Gremien gewählt oder gespült, um sich in der Macht zu suhlen wie Schweine im Schlamm. (Dreck!) Dies ist dem Kampf zwischen den politischen Parteien zu verdanken, die sich mit der wohlwollenden Unterstützung der Massenmedien in Szene setzen können. Oder andersrum: Dumme, ungebildete, verblendete Schulabgänger, die sich in den Vorräumen-Aulas von Unis herumgetrieben haben, regieren unser Land.

    Gutmenschentum ist eine ziemlich klebrige Art der Machtausübung und findet man zu Hauf in NGOs und bei DEMOS gegen rääächts, bekommen dort Geld fürs „herumplärren“. Macht jedoch bedarf Legitimation – durch Gewalt, Einfluss, Geld – oder Wahl. Wenn aber der Souverän – also der Wähler – denjenigen die Macht gibt die sie zum Gutmenschentum mißbrauchen zwecks Selbstüberhöhumh muß sich der Wähler den Vorwurf gefallen lassen, die falschen „POLIT–Flaschen“ gewählt zu haben. Das jedoch kann bei Wahlen korrigiert werden – hoffentlich.

  13. Gut,
    vielleicht ein wenig langatmig, aber alles, was hier geschildert wurde, kann ich so unterschreiben. Weg mit dem Gesindel aus unseren Ländern !!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!

  14. Der Beweis für die klugen Worte des Autoren wurde heute wieder einmal im Homeland angetreten. Demos gegen die sogenannte Schwefelpartei in mehreren Städten. Auf den Fotos in der online-Ausgabe der regionalen Gazette: fanatische, hassverzerrte Gesichter – und im Kontrast dazu in bizarrer Weise die üblichen, infantilen Pappschilder: „Verteidigt die Menschenwürde!“ „Nieder mit der AfD!“ Die Omas gegen Rechts, die in der Regel keine Omas sind, scheinen sogar am Muttertag ihrem jämmerlichen Dasein auf solche Art so etwas wie Bedeutung verleihen zu wollen. Und lassen sich dafür wahrscheinlich noch von „unserer Demokratie“ bezahlen.
    Armselig, würdelos, verachtenswert.

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