Digitale Reizüberflutung: Deformierte Kinderseelen

Digitale Reizüberflutung: Deformierte Kinderseelen

Kinder mit Kommunikationskiller Smartphone (Symbolbild:ScreenshotTwitter/Shutterstock)

Ich bin wirklich nicht die “Früher war ja alles besser”-Type. Ich denke, jede Zeit hat ihre Herausforderungen und Probleme. Man könnte seine eigenen Kinder zwar sehr gut auf die Zeit vorbereiten, in der man selbst gelebt hat – aber die ist vorbei und kommt nicht wieder. Die Folge: Nicht selten werden die Trends, Denkmuster und Beschäftigungen der neuen Generation nicht verstanden oder sogar pauschal als gefährlich erachtet. Man denke nur an die jeweiligen gesellschaftlichen Diskussionenen über Fernsehen, Rock’n’Roll, Video, Heavy Metal, Hip-Hop, Gameboy, “Killerspiele” und so weiter. Jede neue Mode, jede Veränderung der Jungen befremdet und verstört die Älteren. „Die Jugend achtet das Alter nicht mehr, zeigt bewusst ein ungepflegtes Aussehen, sinnt auf Umsturz, zeigt keine Lernbereitschaft und ist ablehnend gegen übernommene Werte“ wurde schon vor 5.000 Jahren von den Sumerern in eine Steintafel geritzt.

Aber gerade im Hinblick auf den modernen Medienkonsum sehe ich die aktuelle Entwicklung durchaus auch kritisch. Es liegt mir fern, Filme, Serien oder auch Computerspiele pauschal zu verurteilen, aber: Die Reizüberflutung, der Overload mit Informationen wird immer extremer und die Aufmerksamkeitsspanne für einzelne Informationen dabei wird immer kürzer. Das beobachte ich auch bei mir selbst. Wie lange braucht man, um ein Buch zu lesen? Wie lange, um einen Film zu schauen? Wie lange für ein Youtube-Video? Wie lange für ein Reel auf Instagram oder Tiktok?

Was Kinder früher begeisterte, ist heute langweilig

Der nachfolgende Post des Kinderpsychiaters Oliver Dierssen zur Abbildung einer Playmobil-Ritterburg bringt es auf den Punkt:

Diese Playmobil-Ritterburg steht seit mehr als acht Jahren in meinem Therapieraum. Hunderte von Kindern haben damit gespielt. Genauer: bis 2020 hat fast jedes Kind bis 12 Jahre mit der Burg gespielt, während ich Anamnese erhoben oder Kind & Eltern beraten haben. Ritter & Jägerinnen, Königin mit Zauberschwert, gefangene Prinzen, Räuberbanden & Räuberdrachen haben hier gewohnt. Das hat sich geändert. Es kommen ‚dieselben‘ Kinder, oft Grundschulkinder mit Schulproblemen. Sie spielen nicht mehr. Viele Kinder trauen sich nicht mehr an die Burg. Sie bleiben an der Seite der Eltern. Auch mit Ermutigung klappt es oft nicht. Wilde Rollenspiele finden selten statt. Ich werde nicht mehr beschossen und auch nicht mit dem Flugdrachen angeflogen. Während die Burg früher nach jeder Stunde zusammengeräumt werden musste, bleibt sie jetzt tagelang unberührt, trotz neuer, aktueller Figuren. ‚Langweilig‘, sagen viele Kinder. Viele von ihnen treffe ich im Wartezimmer mit dem Handy in der Hand an.

“Belohnungssystem wird überrannt”

Dierssen fährt fort: “In dieser Burg steckt Herzblut. Ich habe Ersatzteile bei Ebay gekauft und sie so groß gebaut wie es irgendwie ging, kippelige Teile mit Heißkleber zusammengeklebt. Die Freude der Kinder (‚Gehen wir wieder in den Raum mit der Burg?‘) war auch meine Freude. Pro Tag kommen 5-10 Kinder und Jugendliche in meinen Raum, teils mit Geschwistern. Die Ratlosigkeit der Kinder ist mit Händen zu greifen. Nachdem ich Jahr für Jahr beobachtet habe, wie sie weniger spielen, meine ich jetzt: viele haben es verlernt. Der Grund, aus dem die Kinder nur noch wenig spielen, ist offensichtlich. Wer sich beruflich oder privat mit Kindern beschäftigt, kennt ihn. Es sind ‚elektronische Medien‘, allen voran Handyspiele, die Kinder mit einem Dauerfeuer an Reizen, Belohnungen, Achievements, Diamanten, Skins, Upgrades, Waffen, Brawlern auf kürzeste Aufmerksamkeitsspannen trimmen und die Fantasietätigkeit reduzieren oder (Verzeihung) weitgehend auslöschen.

Der Arzt zieht ein bitteres Fazit: “Ich kann als Kinderpsychiater gar nicht deutlich genug davor warnen, Kinder über mehrere Stunden täglich Handyspiele spielen zu lassen. Mein Eindruck: Das Belohnungssystem wird durch ausgeklügelte Spielmechaniken völlig überrannt. Wer trainiert monatelang Fußball oder übt Gitarre, nur um weiterhin unteres Mittelmaß zu sein, wenn der schnelle Belohnungserfolg und Dopaminkick nur einen Handgriff entfernt ist? Liebe Eltern, bitte macht das Experiment: Spielt eine Stunde lang Brawl Stars, haltet ohne Pause durch, draufschauen & spielen. Horcht dann in euch hinein. Wie geht es Körper und Geist? Und nun versucht euch auszumalen, was eine solche Beschäftigung über Tage, Wochen, Monate, Jahre mit dem schnell lernenden Gehirn eines Kindes tut. Welche Fähigkeiten bilden sich aus? Welche sind werden nicht gebraucht und können sich nicht entwickeln? Welche Aufmerksamkeitsspanne wird trainiert?

11 Antworten

  1. Prof. Dr. Dr. Manfred Spitzer warnte schon vor Jahren vor Smartphones in Kinderhänden. Es gibt Mütter, die geben ihren Kindern schon im Kinderwagen ein Smartphone in die Hand. Sie misshandeln also ihre eigenen Kinder, aus Dummheit oder Unwissenheit.

    Der Staat fördert und fordert die Digitalisierung an Schulen und nimmt die Verblödung von Kindern und Jugendlichen damit nicht nur in Kauf, sonder handelt vorsätzlich.

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    1. „… Sie misshandeln also ihre eigenen Kinder, aus Dummheit oder Unwissenheit. …“
      Sehr oft geben Eltern ihren Kleinstkindern aus eigener Faulheit und eigener Telefonitis ein Tablet oder Sm.rtphone. Die Eltern wollen ihre Ruhe vor ihren Kindern haben. Blödheit der Eltern kommt noch hinzu.

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  2. Passt:
    Nicht umsonst haben die Kinder der Geld-Eliten nur zeitlich begrenzten Zugang zu bzw. mit den Mobiltelefonen. Die Langzeitwirkungen sind erschreckend
    Hinzu kommt die Gesundheitsgefährdung durch die Kurzwellenstrahlung. Die SAR-Werte der Mobiltelefone waren bei deren Einführung mal ein Thema. Seitdem wurde sie in der öffentlichen Wahrnehmung durch die Lobbyisten weggedrückt. Dazu kommen die negativen Strahlungen von WLAN & Co.

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  3. Zur digitalen Reizüberflutung gesellt sich noch ein ganz anderes Problem, und das betrifft einen Großteil der Bevölkerung. Die die davor warnen, werden schnell als Aluhutträger bezeichnet.

    Weltgesundheitsorganisation: Handystrahlung „potenziell krebserregend“

    „Die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC), eine Einrichtung der Weltgesundheitsorganisation (WHO), stuft elektromagnetische Felder, die beispielsweise bei der Nutzung von Mobiltelefonen entstehen, als „potenziell krebserregend“ ein. Dies wurde als Ergebnis einer Tagung mitgeteilt, zu der sich 31 Wissenschaftler aus 14 Ländern auf Einladung der IARC in Lyon getroffen hatten.“
    „Die Debatte dreht sich aber in erster Linie um die Frage, ob die häufige Nutzung von Handys das Risiko von Hirntumoren erhöht. Die Experten kamen zu dem Schluss, dass es „begrenzte Beweise“ für ein erhöhtes Risiko auf Gliome und Akustikusneurinome gebe.“
    (Quelle: https://www.aerzteblatt.de/archiv/93711/Weltgesundheitsorganisation-Handystrahlung-potenziell-krebserregend)

  4. Es ist eine lichfunkelnde Besetzung des Gehirns. Wie eine koreanische Meisterin schon in den 80-Jahren sagte: „Who is watching? The television is watching you!“ Was sich nun in der digitalen Überwachung, google weiß deinen Standort usw., direkt zeigt. Aus der Hanuer’schen Kinderklinik, München: 8 Jährige können sich nicht mehr dreidimensional bewegen. Das wie unbewegte Starren in die Lenkung entwöhnt die Räumlichkeit. Und Vieles mehr … Cui bono? Silicon Valley& …

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  5. Frage: Was ist mit dem Sumerischen Reich eigentlich passiert, nachdem die Jugendlichen keinen Respekt und keinen Fleiss mehr hatten?

  6. Ich habe das Gefühl, dass sich das ganze Spielverhalten geändert hat. Was haben wir Mädels uns früher über eine Puppe gefreut, eine richtige, nicht dieses amerikanische Minimodel Barbie. Ich versuche gerade meine Puppensammlung, mit wirklich schönen Künstlerpuppen, loszuwerden. Die etwas einfacheren, nicht ganz so teuren, wollte ich an Mädchen im Bekanntenkreis verschenken. Die haben da überhaupt kein Interesse mehr daran, obwohl garantiert noch nicht mit Handy & Co. beschäftiget. Man kann es auch nicht darauf schieben, dass beide Elternteile arbeiten müssen, denn bei den meisten ist die Mutter zuhause und spielt auch mit den Kindern. Ich vermute, dass der Anreiz fehlt, weil bei den meisten Familien diese, für mich ideale Situation, eben nicht mehr gegeben ist. Kinder möchten immer gern haben, was andere Kinder haben, auch, um nicht als Außenseiter zu gelten. Sind bei den Familien dann fast nur noch elektronische Spielsachen, weil einfacher für die Eltern den Nachwuchs ruhig zu halten, besteht kein Bedarf an althergebrachtem Spielzeug, weil die Freunde das auch nicht haben.
    Vater, Mutter, Kind Spiele sind, wie in der Realität, zum Auslaufmodel geworden.
    Der Plan sich unsere Kinder anzueignen läuft, denn auf diese Art entwurzelt man die Kinder nicht nur, sondern verdummt sie und raubt ihnen zwischenmenschliche Gefühle. So werden sie zu empathielosen Sklaven einer kranken s.g. Elite.

  7. Es beginnt mit den Eltern, die sich kaum noch um die Kinder kuemmern und diese nur ruhigstellen wollen und sie damit emotional vernachlaessigen.
    Da die Bezugspersonen auch nur noch auf ihre Handys starren, selbst bei Spaziergaengen mit Kinderwagen, kann kaum ein „bonding“ oder eine emotionale Bindung enstehen, da diese ueber Augen-und Hautkontakt ensteht und verfestigt wird.
    Kinder lernen mt allen Sinnen, da aber bereits Kleinkinder stundenlang vor dem Fernseher sitzen oder noch schlimmer bereits ein eignes Tablet mit Computerspielen haben, wird nur noch ein Sinn entwickelt, die anderen Sinne, die es in einer dreidimensionalen Welt benoetigt werden vernachlaessigt oder nicht gelernt und geuebt diese zu benutzen.
    Aus diesem Grund wir ein Computer spielendes Kind nicht intelligenter sondern duemmer und es folgen alle moeglichen Verhaltenstoerungen und Defizide, von fehlender Gruppensozialisation, bis Isolierung, bis Unsicherheit und Agressivitet im Umgang mit anderen. Auch Autismus und ADHD werden damit verfestigt.
    Wir haben bereits eine Generation, denen das Handy angewachsen ist und die deshalb kaum z.B. Handwerker werden oder konzentriert lernen und gute solide Arbeit leisten koennen. Auch z.B.Kassierinnen oder Buerokraefte haben staendig das Handy neben sich liegen.
    Durch diese Abhaengigkeit und die zunehmenden Aufmerksamkeit defizide leitet die Qualitaet der Arbeit,
    Ich sehe schwarz fuer die Zukunft. Wir werden wohl in einer Generation eine Gesellschaft haben, wie im „Idocracy“ Film zu bewundern.