Habemus Papagei

Habemus Papagei

Gefiederte Souffleure der Vielfalt: Wenn jeder einen Vogel hat… (Bild:Grok)

Irgendwie war er während eines Spaziergangs durch die Stadt plötzlich da. Flatterte auf meine linke Schulter, blieb da hartnäckig sitzen und ließ sich auch mit unwirschen Bewegungen nicht abschütteln. Er flog einfach nicht weg. Für einen Moment hatte ich an eine besonders dreiste Taube gedacht, aber aus dem Augenwinkel erkannte ich am regenbogenfarbenem Gefieder, dass es sich um einen Papagei oder etwas ähnliches handeln musste. Der Vogel beugte sich vor, sah mir aus wenigen Zentimetern ins verärgerte Antlitz, hielt dazu den Kopf schief und krächzte: „Wirrr bleiben positiv!“ „Was ich bleibe, geht Dich überhaupt nichts an!“ keilte ich zurück, „und nun mach gefälligst den Abflug!“ – „Keinesfalls!“ krächzte es zurück, „ich bin als dein persönlicher Papagei eingeteilt!“ – „Mein Papagei? Eingeteilt? Wie heißt du überhaupt?“, begann ich der seltsamen Begebenheit auf den Grund zu gehen. „Nenn mich wie du willst, ich bin dein Correctiv“, knarzte es zurück.

Hau ab jetzt, ich will hier einfach nur spazieren!“ schrie ich das lästige Vieh so laut wie eben möglich an. „Wie unbeherrscht! Wir befinden uns im öffentlichen Raum, ich sitze also wo ich will. Oder wollen wir jetzt Minderheiten diskriminieren?“ schnarrte der Gefährte wider Willen mit drohendem Unterton. Dann ließ er unter unmissverständlich blubbernden Geräuschen einen satten, fluoreszierenden Vogelschiss auf meine schwarze Jacke fallen. Ich traute meinen Ohren nicht, „Hast du sie noch alle?“ – „Hab dich nicht so! Nichts als ein Vogelschiss in der Geschichte!“ spreizte sich das Tier vergnügt, „die Welt bleibt bunt!“ Die Situation war so skurril, dass mir fürs Erste nichts mehr einfiel. Beim Laufen und Nachdenken, wie mit der Situation und dem jetzt markierten Vogelschutzgebiet links von mir umzugehen sei, herrschte eine ganze Weile Stille.

Ornithologischer Rassismus

Ich esse gern Wachteleier!“ tönte es nach einer Weile. Als ich nichts erwiderte, ergänzte der ungebetene Federklops: “Vier morgens, mit Tofu und Prosecco…und zwei dann abends. Zum Salat.” Tofu und Salat, soso! Wenn, dann wohl mit gebratenen Tranchen vom Geflügel… dachte ich noch bei mir, bevor mir die Hauptzutat mit dem Schnabel schmerzhaft ins Ohrläppchen biss: „Ich kann dich hören!“ bekundete das Vieh, „nichts als Hass und Hetze in deinem Kapitalistenkopf!“ – „Sag mal, gehörst du nicht in irgendeinen Regenwald, den Zoo oder irgendeinen einen kommunikationsfreundlichen Haushalt?“ versuchte ich eine Brücke aus dem Dilemma zu bauen. „Da haben wir es! Nur weil dir noch nie ein Papagei in deinem öden Leben begegnet ist, willst du mich von der sozialen Teilhabe ausschließen und deportieren lassen! Was für eine miese Gesinnung! Ich werde bei der Meldestelle für strukturellen ornithologischen Rassismus einen Strafbefehl beantragen!“ Erneut fiel mir angesichts der schlagenden Argumentation auf die Schnelle keine sinnvolle Entgegnung ein. Ich lief einfach weiter geradeaus.

Wir müssen nach links! Da! Links!“ schallte es nun in mein Ohr. Das Schnabeltier zog energisch mein linkes Ohr in Richtung eines Ladeneingangs. „Wieso nach links?“, wollte ich wissen. „Da ist der Feinkostladen, wir brauchen vier Flaschen Prosecco und zehn Kisten Eier!“ – „Hä? Wir brauchen gar nichts, und wieso auf einmal vier Flaschen und zehn Kisten? Hattest du nicht was von vier und zwei Wachteleiern gesagt?“ – „Exakt. Die sind für mich! Und dann ist da ja noch der gesetzliche geschützte Familiennachzug?“ – „Familiennachzug?“, fragte ich zurück. „Klar, der Vogelzug. Nie gehört? Alle Vögel sind schohon da, alle Vögel alle…“ intonierte der Papagei fröhlich. „Was ein Quatsch!“ erwiderte ich, „im Lied ist die Rede von Amsel, Drossel, Fink und Star, keineswegs von aggressiven, kackenden Papageien!“ – „Tja mein Lieber, selbst schuld“ setzte der Vogel umgehend einen drauf, „Ihr fossilen alten Männer habe ja ihn ja herbeigeführt. Den Klimawandel. Nun sind wir schon mal da! Gewöhn dich dran.

Jedem sein persönlicher Vogel

Wann machst Du Abendessen?“ wurde ich sodann im suggestiven Befehlston gefragt. “Ich esse nichts! Und ich habe auch keinen Platz für unverschämte Vögel!”, versuchte ich den Begehrlichkeiten auszuweichen. “Das sehe ich ganz anders! Als neurechter Verschwörungstheoretiker hast du doch zuhause jede Menge Platz, und lebst überhaupt in Saus und Braus!” – „Neurechter Verschwörungstheoretiker? Was soll das denn sein?“ – „Ging dir da nicht gerade eben was von unerwünschtem Familiennachzug bunter reisender Papageienvölker quer durch den Frontallappen?“ Ich fuhr den Vogel an: „Hä? Spinnst du? Du hast doch gerade eben selbst mit deiner Sippe gedroht?!“ – „Gedroht? Sippe? Aha! Bunte Vögel gehören für Antisemiten wie dich also immer noch nicht in die neue Lebensrealität?“ – „Ja, aber wieso denn jetzt noch Antisemit?“, wollte ich wissen. „Ist ja wohl eindeutig, wem spontan nichts als Deportation und Sippenhaft einfällt, sobald mal etwas Ungewohntes in sein armseliges Leben tritt…also da muss man ja nicht mehr lange überlegen, wes Geistes Kind du bist.

Ich hatte keine Gelegenheit mehr, über unentdeckte antisemitische Stereotype zu sinnieren – bemerkte ich in diesem Augenblick doch mit einem gewissen Entsetzen, dass ringsum auf den Schultern von Passanten bereits Papageien unterschiedlichster Farbschattierungen saßen, mit den Flügel schlugen und mit ihren Schnäbeln an Ohren herumzerrten. Die Betroffenen waren jeweils so mit sich und ihrem persönlichen Vogel beschäftigt, dass es keinem aufzufallen schien, dass überall auf Vordächern, Gesimsen und abgeschalteten Springbrunnen bereits tausende weitere Papageien saßen, die nur darauf zu warten schienen, sich auf Menschen niederzulassen, um dort je nach Bedarf, in einer Mischung aus Führungsoffizier und Navigator zu fungieren. Auch das Straßenbild hatte sich verändert. In nicht wenigen der überall wehenden Regenbogenflaggen war über Nacht ein Emblem mit einem Papageien eingenäht worden. In Frisiersalons mit weit offen stehenden Türen rissen Pagageien schreienden Kunden die Haare aus.

Aus Bundesadler wird Bundespapagei

An der Wand eines Restaurants wiederum flimmerte ein Bildschirm, der die Wiederholung der ARD-“Tagesthemen” zeigte – und dort, über dem Plenum des Bundestages, konnte der aufmerksame Betrachter erkennen, dass der stilisierte Adler durch einen bunten Vogel mit eindeutiger Silhouette ersetzt worden war. In den Reihen der Fraktionen fand sich kein Anwesender, auf dessen Schulter kein unruhig zuckender Papagei gesessen hätte und unablässig irgendwelche Ansagen tätigte, die sein Medium anschließend mit ausdruckslosem Gesicht in die laufende Debatte warf. Auf dem Platz des früheren Kanzlers wiederum hatte ein kakaduähnliches, längliches Exemplar Platz genommen, dem oben ein Büschel aus dem Kopf wuchs.

In meinem Hirn vibrierte es rhythmisch. Es dauerte einen Moment, bis ich begriff, dass ich auf meinem iPhone eingeschlafen sein musste. Es war schon verdammt spät.

2 Antworten

  1. Ich hab‘ beim Lügen mitgemacht

    Die heute noch als Systemhuren
    sich speichelleckend krallen
    an schwarzrotgrüne Machtstrukturen,
    die werden eines Tages fallen.

    Notwendig ist hier kein Prophet,
    doch diese Typen denken nicht,
    ein System, dass die Wahrheit schmäht,
    eines Tages zusammenbricht.

    Nackt und bloß stehen sie dann
    die Irrealitätsverkünder,
    Anhänger vom rotgrünen Wahn,
    man kennt sie und man nennt sie Sünder.

    Dann scheint die niemand mehr zu brauchen
    die Diener der Verlogenheit,
    erst einmal werden die abtauchen,
    bleiben für neuen Lug bereit.

    Damit die nie wieder erheben
    ihr Schlangenhaupt, Bürger gebt acht!
    Solltet ihnnen den Orden geben:
    „Ich hab‘ beim Lügen mitgemacht“

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