In den Bergen des Balkan: Unterwegs in Bosnien-Herzegowina

In den Bergen des Balkan: Unterwegs in Bosnien-Herzegowina

Bosnische Hauptstadt Sarajevo, Stadt der Moscheen: Der Islam ist weiter auf dem Vormarsch (Foto:Imago)

Es war höchste Zeit, wieder einmal eine Bildungsreise zu unternehmen – denn Reisen bildet schließlich. Dieses Mal ging es auf den Balkan, eine Transitregion für die Einwanderung von Menschen aus Vorderasien und auch von Afrika nach Deutschland (Stichwort Balkanroute). Über Kroatien hatte ich bereits im Juli 2022 auf meinem eigenen Blog, hier auf Ansage! und außerdem hier und hier und hier und hier geschrieben. Nun bereiste ich zwei weitere Länder der Region: Montenegro und das für viele noch unbekanntere “Land mit sieben Siegeln“, Bosnien-Herzegowina. Auch letzteres befindet sich auf dem Weg ins EU-Europa, wie es Kroatien im Jahr 2013 tat. Bosnien-Herzegowina stellte seinen Beitrittsantrag Anfang 2016 und erhielt 2022 den Kandidatenstatus. Die Beitrittsverhandlungen wurden im März dieses Jahres beschlossen – und so nimmt nun das Verhängnis seinen Lauf. Verhängnis deshalb, weil dieses Land etwa so groß ist wie seine Nachbarländer Kroatien und Serbien, aber eine völlig andere kulturelle Identität hat. Ob diese zu Europa passen wird und zur Zusammensetzung des Europaparlaments in Straßburg?

An dieser Stelle soll aus Zeit- und Platzgründen nur auf Folgendes aufmerksam gemacht werden: Der islamische Einfluss in Bosnien hat bereits überhand genommen; eine Vollmitgliedschaft der Bosniaken könnte zu einer Art trojanischem Pferd mutieren. Die Bevölkerung dieses Landes besteht aus Kroaten, Serben – und eben “richtigen” Bosniaken. Die Kroaten leben überwiegend entlang der Adria, die Serben im Norden und Südosten – und die Bosniaken mittendrin, aber auch im Nordwesten zur kroatischen Grenze, wo die meisten illegalen Grenzübertritte von „Flüchtlingen“ stattfinden. Wer sich die dortige Karte anschaut, wird feststellen, dass dies ein ähnlicher Flickenteppich ist wie beispielsweise das Westjordanland (Judäa und Samaria).

Steigender muslimischer Bevölkerungsanteil

Hier eine kurze historische Rückschau auf dieses zersprengte Balkanland: Nach den osmanischen Eroberungen im 15. Jahrhundert wurden die Kirchen in Moscheen umgebaut (wie etwa die Fethija-Moschee). Die Zahl der Katholiken sank damals wegen der Zwangskonvertierungen zum Islam von 87 auf 18 Prozent und erholte sich bis heute kaum mehr. Seit 1981 halbierte sich der Anteil weiter auf unter zehn Prozent. Juden gibt es keine 1.000 mehr; 1.400 flohen aus Sarajewo nach Israel, als diese Stadt und andere von der NATO in einem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg bombardiert wurde. Doch die wenigen noch im Land lebenden Juden bescheinigen den Muslimen, dass es – nach Israel – das sicherste Land für sie sei. Hoffen wir, dass deren Nationalelf nicht einmal gegen Israel spielen muss, wie das jetzt in Amsterdam der Fall war…

Wieder (und noch) leben diese Volks- und Religionsgruppen friedlich nebeneinander, oft sogar zusammen. Die Führung des Landes wechselt im festen Acht-Monats-Rhythmus, wie unser Reiseleiter Mustafa sarkastisch berichtete. Aber wie schnell sich das ändern kann, zeigte sich beim Zerfall Jugoslawiens. Überhaupt wie sich die Mehrheitsverhältnisse verschoben haben und weiter verschieben, sei am Beispiel der Religionszugehörigkeit aufgezeigt: Im Jahr 1991 betrug der Bevölkerungsanteil der Muslime 43 Prozent, der Christen noch 48 Prozent. Bis zum Jahr 2013 expandierten die Muslime auf 51 Prozent, sie verfügen heute über mehr als 1.100 Moscheen. Der Anteil der Christen sank bis 2013 auf 46 Prozent; 31 Prozent waren Serbisch-Orthodoxe. Neuere Zahlen findet man nicht, aber ich schätze, der Muslim-Anteil ist auf mittlerweile 55 Prozent gestiegen, der christliche Anteil dürfte keine 43 Prozent mehr betragen. Wie viele Kirchen sie noch haben, ist ebenfalls schwer zu ermitteln.

Alte neue Konflikte

Zurück zu den weltlichen Problemen: Falls Bosnien-Herzegowina tatsächlich als Vollmitglied in die EU aufgenommen wird, wären die Abgeordneten dieses Landes in Straßburg, dem Bevölkerungsanteil entsprechend, mehrheitlich Muslime. Wie sich das auf das Verhältnis zu Kroatien und an der Grenze zwischen beiden auswirken würde? Darüber hatte ich schon einmal im Januar 2021 auf meinem eigenen Blog geschrieben (und außerdem hier und hier und hier und hier). Solches bliebe vielleicht allen erspart, weil alles zur „grünen Grenze“ würde? Aber wie würde sich das Verhältnis zu Serbien entwickeln, das von der EU nicht hofiert wird? Und wie zu den anderen potenziellen Beitrittsländern des Balkan? Ob sich die EU einmal an seinem Expansionismus verschlucken wird wie einst ein gewisses anderes Imperium? Das Römische Reich zerbrach, weil die inneren Widersprüche umso größer wurden, je zahlreicher seine Provinzen und je länger die Außengrenzen wurden. Was beruhigend (?) ist: Bosnien-Herzegowina liegt im HDI-Maßstab (Index der menschlichen Entwicklung) von Wirtschaftsleistung, Lebenserwartung und Ausbildungsdauer mit einem Wert von 0,78 auf Platz 74 von 191 Ländern der Welt – immerhin noch vor der Ukraine mit einem HDI-Index von 0,77, aber weit hinter Kroatien mit seinem HDI-Index von 0,86 auf Platz 40 und Montenegro auf Platz 49.

Werden diese beiden Nachbarländer, Kroatien und Montenegro, bereit sein, Bosnien-Herzegowina über den EU-Moloch Brüssel mit zu alimentieren? Droht nicht erneut die Gefahr, an der einst Jugoslawien gescheitert ist, als das wirtschaftsstarke Kroatien nicht länger bereit war, Serbien mit der Belgrader Zentrale und die „Nehmerländer“ Jugoslawiens durchzufüttern und daher beschloss, sein eigenes Ding zu machen? Geschichte kann sich durchaus wiederholen – auch und gerade auf dem Balkan. Innerhalb Bosnien-Herzegowinas wurde mir von einem Deutsch-Kroaten berichtet, dass die „Flurbereinigung“ nach dem Bosnienkrieg weitergeht: Bosnier, Kroaten und Serben geben ihre Wohnungen auf und übersiedeln in Städte und Dörfer, in denen die jeweilige eigene Volks- und Religionsgruppe die Mehrheit hat. Der „Traum Titos”, es gebe keine Volksgruppen mehr, sondern nur Jugoslawen, entpuppte sich im Balkankrieg als blutiger Albtraum. Das „Tür an Tür“ zwischen den unterschiedlichsten Volksgruppen wird auch künftig Wunschtraum bleiben – und ein schwelender Brandherd. Ob der Balkan durch den EU-Beitritt zu einem Meer der Harmonie würde? In der Ostukraine war der Traum nach 23 Jahren im Jahr 2014 ausgeträumt, als der Krieg der Ukraine gegen die russisch geprägten Volksrepubliken begann. Wie lange wird sich das ganz ähnliche Problem in Bosnien-Herzegowina kaschieren lassen?


In meinem nächsten Beitrag soll es um Montenegro gehen, das im Jahr 2012 EU-Beitrittskandidat wurde und voraussichtlich 2025 die Vollmitgliedschaft erlangen wird. Die NATO riss sich das Land bereits im Jahr 2017 unter den Nagel, obwohl es genauso wenig am Nordatlantik liegt wie die meisten anderen Mitgliedsstaaten dieses Militärpakts. Man sollte das Bündnis endlich umbenennen – vom „Nordatlantischen Verteidigungspakt“ etwa in “AEU” – Antirussische Einkreisungs-Union. Wobei Montenegro, dieses idyllische Ländchen, dabei nicht im Entferntesten eine vergleichbare Rolle spielt wie das größte europäische Land Ukraine direkt vor Moskaus Haustür…

2 Antworten

  1. Die neue Balkanroute, die derzeit entsteht, führt über Albanien und weiter
    über Montenegro oder Serbien, Bosnien-Herzegowina und Kroatien. Fachleute
    vor Ort bezeichnen diese auch als „Moscheen-Route“. Die Gotteshäuser entlang
    des Weges sollen den Flüchtlingen Unterstützung bei der Migrationsbewegung
    bieten. Aktuell kursieren im Internet auch etliche Videos, die auf Arabisch
    eine detaillierte Route durch die Region in die EU beschreiben.
    Finanzielle Unterstützung der Moscheen kommt aus Katar und Saudi-Arabien!

  2. Unsere Leserin Dada Mostarlić sandte der Redaktion per eMail diesen Kommentar:

    Meiner Meinung nach, der Text von Herrn Künstle ist sehr reich an Vorurteilen und sehr mangelhaft an den Fakten. Es entspricht nicht der Wahrheit, dass Bosnien eine andere kulturelle Identität hat im Vergleich zu den Nachbarländer Kroatien und Serbien. Während sich der Autor fragt ob Bosnien in den EU-Parlament passen würde, möchte ich betonen, dass Bevölkerung in Bosnien sich immer mehr fragt ob EU-Parlament zu uns passen würde, da wir unseres Land Bosnien sehr stolz seit dem 12. Jahrhundert haben, während EU-Parlament existiert nicht mal ein halbes Jahrhundert. Außerdem, haben wir anwachsende Angst von der „EU-Demokratie“, die es zulässt, dass z.B. Kritiker und Andersdenker verhaftet werden, oder dass demokratisch gewählte Parteien wie u.A. AfD verboten werden sollen, oder aber, dass kritische Medien verboten werden (wie Compact) usw.
    Die Aussage, dass Kroaten in Bosnien überwiegend entlang der Adria leben ist irreführend, genauso wie die Aussage ueber den Wohnort der bosnischen Serben. Die Beschreibung der Karte, die der Autor verlinkt hat, beweist es eindeutig. Nicht zu erwähnen, dass jeder, der das Land tatsächlich durchreise, sich über das multikulturelles Leben im ganzen Land überzeugen könnte, obwohl die letze Aggression von Ost und West auf Bosnien es vernichten wollte.
    Autor erwähnt einen einzigen Kirchenumbau in eine Moschee im 15. Jh., und daraus kommt der Autor zum Beschluss, dass solche Vorgehensweise an der Tagesordnung seit dem 15. Jh. war!? Schade! Nicht gerade wissenschaftliche oder analytische Schlussfolgerung. Eine umfassendere Analyse hatte dem Autor gezeigt, dass z.B. die grösste orthodoxe Kirche in Südosteuropa im 19. Jh. gebaut wurde gerade in Bosnien. Die katholische Kathedrale in Sarajevo (fertiggestellt in 1887) und die kleineren Kirchen in vielen anderen bosnischen Orten nicht zu erwähnen.
    Es stimmt ebenfalls nicht, dass die Zahl der Katholiken in Bosnien im 15. Jh. von 87% auf 18% gesungen sei: seit der Gründung Bosniens im 12. Jh. in Bosnien lebten zur deutlichen Mehrheit die Bogumillen, die eine eigene Religion, Alphabet und Sprache hatten. Bogumillen konvertierten zum Islam überwiegend aus wirtschaftlichen Gründen, haben aber Ortswiese bis zu der zweiten Hälfte des 20. Jh. „dual“ Religion Feste und -Bräuche gefeiert. Der Autor gibt für seine Daten keine Datenquelle bekannt: aus meiner Sicht, da es keine gibt. Würde sagen, dass der gesamte Text sehr ähnelt der Propaganda der Nachbarn, die mein Land Anfang `90-er zerstören wollten. Eine weitere irreführende Aussage betrifft Nato Bombardierung: Nato hat nicht Sarajevo bombardiert. Bitte verbreiten Sie solche Desinformationen nicht.
    Wie sind sehr stolz darauf, dass wir im Jahr 1575 die Juden, die aus Spanien vertrieben wurden, herzlich aufgenommen haben, und dass deren Haggada in Sarajevo viele Kriege überlebte. Die einzige Zeit, in der die Juden in Bosnien nach eigenem Leben fürchteten war die Zeit wo Bosnien im 2. Weltkrieg durch die deutsche Wehrmacht Soldaten okkupiert wurde, mit reichlicher Unterstützung von kroatischen Nationalsozialisten. Daher füllen sich die Juden heute in Bosnien sicher, genauso wie vor und nach dem 2. Weltkrieg.
    Die Aussage, dass die Führung des Landes im festen Acht-Monats-Rhythmus wechselt ist ebenfalls irreführend, da wir alle vier Jahre die Wahlen haben.
    Die Aussage, dass im Jahr 1991 der Anteil der Muslime 43% war, stimmt ebenfalls nicht, da es in dem Jahr auch „Yugoslawen“ gab zu cca. 5% bei der damaligen Volkszaehlung in Bosnien, die aber überwiegend die Muslime waren. Desweiteren, im Teil Bosniens wo heute überwiegend die bosnischen Serben leben, ist die Anzahl der bosnischen Katholiken von 220.000 (wie viele es im Jahr 1991 waren) auf 15.000 gesunken (im Jahr 2013). Daher ist es logisch, dass der Anteil der Muslime steigt im Vergleich zu dem Anteil der Christen (Autor zählt zusammen bosnische Katholiken und Orthodoxen). Also, keine „Expansion“ um 8% in dem Sinne wie der Autor angibt.
    Der Autor erwähnte nicht, dass im letzten krieg in Bosnien über 610 Moscheen zerstört wurden, und unzählige in der Jugoslawien-Zeit. Erwähnt ebenfalls nicht, dass es in Bosnien über 1.000 Kirchen gibt, und das unzählige im Bau sind.
    Bosnien hat ein Problem mit „Migranten“ seit Frau Merkel und EU sie herzlich eingeladen haben. In allgemeinem wir in Bosnien wären so glücklich von allen anderen in Ruhe gelassen zu werden, vor allem da wir ein energetisch gesehen vollkommen unabhängiges Land sind. Sehen gerade keinen Vorteil einer EU-Mitgliedschaft.