„John Candy: I Like Me“ – Ein tiefer Blick in die Seele eines Giganten | Fleschs Lieblingsdokus (7)

„John Candy: I Like Me“ – Ein tiefer Blick in die Seele eines Giganten | Fleschs Lieblingsdokus (7)

Comedian und Schauspieler John Candy (1950-1994): Ein Großer, der viel zu früh ging (Foto:IMDB)

Die Dokumentation “John Candy: I Like Me” unter der Regie von Colin Hanks, die am 10. Oktober 2025 auf Amazon Prime gestartet ist, ist ein absoluter Muss für alle, die das Kino der 1980er- und frühen 1990er-Jahre lieben. Mit einer Mischung aus nie zuvor gesehenem Archivmaterial, herzerwärmenden Anekdoten und ehrlichen Reflexionen zeichnet der Film ein Porträt des 1994 im Alter von nur 43 Jahren verstorbenen kanadischen Komikers und Schauspielers John Candy, das nicht nur dessen komödiantische Brillanz feiert, sondern auch die tiefe Menschlichkeit eines Mannes, der trotz seines Erfolgs immer der liebste Kerl blieb.

Es ist ein Film, der zum Lachen, Weinen und Nachdenken anregt – und am Ende mit einem Gefühl der Dankbarkeit zurücklässt. Die Kritiken sind überwältigend positiv: Auf “Rotten Tomatoes” erntet der Film 86 Prozent Zustimmung unter Kritikern, auf IMDb wird er mit 8,4 von 10 Sternen gefeiert.

Wurzeln eines Comedy-Stars

John Candy, geboren am 31. Oktober 1950 in Toronto als John Franklin Candy, wuchs in einer Arbeiterfamilie auf und träumte zunächst von einer Karriere als Football-Spieler. Als Star-Offensive-Tackle an der Neil McNeil Catholic High School schien der Weg geebnet, doch eine schwere Knieverletzung – bei der er sogar eine Kniescheibe verlor, die bis zu seinem Tod nicht ersetzt wurde – zerstörte seinen Traum. Stattdessen tauchte er in die Welt des Journalismus und der Schauspielkunst ein, studierte an der McMaster University und fand schnell Anschluss bei der komödiantischen Improvisationstruppe “Second City” in Toronto. Dort entstanden ikonische Figuren wie der feige Cowboy Yellowbelly, die seinen Aufstieg zu einem der beliebtesten Komiker Hollywoods einleiteten.

Filme wie “Stripes” (“Ich glaub, mich knutscht ein Elch”, 1981) “Splash” (1984), und “Planes, Trains and Automobiles” (Ticket für Zwei, 1987) machten ihn unvergesslich – immer als den großen, herzlichen Typen, der mit einem Augenzwinkern die Welt erhellte. Doch hinter der Fassade lauerte eine Familiengeschichte, die sein Leben prägte: Der plötzliche Tod seines Vaters Sidney durch Herzversagen mit nur 35 Jahren, genau an Johns fünftem Geburtstag. Diese Tragik warf lange Schatten und weckte in ihm die ständige Angst, dass er wie sein Vater ebenfalls früh sterben könnte.

Die menschliche Seite

John Candy war mehr als ein Star – er war ein Kumpeltyp, der wie eine fleischgewordene Umarmung Wärme ausstrahlte. Die Doku zeigt eindrucksvoll, wie er als Familienmensch und Freund unersetzlich war: Er rettete Tiere, kochte für ganze Crews und kannte jeden Namen auf den Sets. Seine Frau Rosemary Hobor, die er 1979 auf einem Blind-Date kennenlernte und mit der er bis zu seinem Tod verheiratet blieb, erinnert sich: „John hat die Rolle des Vaters übernommen, seit sein eigener Vater starb – er war der Fels in der Brandung.“ Seine Kinder Jennifer und Christopher, beide heute Schauspieler und Co-Produzenten der Doku, teilen zärtliche Anekdoten: „Er war der beste Dad“, sagt Jennifer, „er hat immer gesagt: ‚Mach dir keine Sorgen, was andere denken – sei einfach du selbst.‘“ Christopher ergänzt: „Er hat uns beigebracht, authentisch zu sein, und war der ultimative Familienmensch.

Besonders berührend ist die Erinnerung von Macaulay Culkin, Candys damals achtjährigem Co-Star in “Uncle Buck” (1989): „John hat mich wie einen Neffen behandelt, hat mir zugehört und mich wichtig fühlen lassen – in einer Zeit, als ich das dringend brauchte.

Die dunkle Seite

Trotz seines sonnigen Images kämpfte Candy mit inneren Dämonen, die die Doku sensibel beleuchtet. Die Todesangst nach dem frühen Ableben seines Vaters wurde zu einer ständigen Begleiterin, verstärkt durch seine eigene familiäre Belastung mit Herzkrankheiten. „Er glaubte, er lebe auf Zeit“, sagt sein Sohn Chris in der Doku, und beschreibt, wie John unter schweren Angststörungen und Panikattacken litt – besonders in den letzten Jahren, als eine Attacke ihn sogar auf dem Weg zum Set von “Wagons East!“ lähmte.

Sein Übergewicht, das zeitweise über 170 Kilo hinausging, wurde zu einem weiteren dauernden Kampf: Er machte diverse Diäten und Sport und hatte Ernährungsberater, doch die Filmindustrie wollte ihn nun mal „groß und rund“, wie Jennifer es formuliert – ein Druck, der ihn verletzte. Besonders schmerzhaft: Als John Belushi 1982 an einer Überdosis starb, soll Candy sinngemäß gesagt haben: „Es geht los“ – eine düstere Vorahnung, dass auch sein Tod bald kommen würde. Dennoch suchte er Hilfe in der Therapie, lange bevor das Thema Mental Health im Mainstream ankam, und inspirierte damit sogar seinen Sohn: „Er ist der Grund, warum ich in Behandlung bin“, gesteht Chris.

Prominente und Alltagshelden

Das Herzstück der Doku sind die Interviews, die ein buntes Mosaik aus Candys Universum weben: Prominente wie Bill Murray („Ich wünschte, ich hätte mehr Schlechtes über ihn zu sagen – er war einfach zu gut!“), Steve Martin, Tom Hanks, Dan Aykroyd, Catherine O’Hara, Martin Short, Eugene Levy und Conan O’Brien teilen ihre Anekdoten und Reflexionen zu Candy.

Murray erzählt von seiner Loyalität, Martin von der einmaligen gemeinsamen Chemie in “Planes, Trains and Automobiles” und O’Hara von den alten Tagen bei “Second City”. Aber die Doku geht darüber hinaus: Kindheitsfreunde, Crew-Mitglieder und auch nichtprominente Mitstreiter wie Trainer oder Nachbarn sprechen über seine Großzügigkeit – wie er ganze Familien einlud oder Tiere rettete. „Er kannte jeden Namen auf dem Set“, erinnert sich ein Oberbeleuchter. Diese Mischung aus Stars und ganz normalen Leuten macht den Film authentisch und berührend.

Die Leidenschaft

Candys Liebe zum Football war legendär – ein Traum, der nie erlosch. 1991 wurde er – mit Wayne Gretzky und Bruce McNall – Besitzer des Teams Toronto Argonauts. Und Candy nahm die Sache ernst: Er flog zu jedem Spiel, motivierte Spieler mit Barbecues auf seiner Farm und stand sogar bei eisigem Wetter am Spielfeldrand. „Er liebte die Jungs wie seine eigenen Kinder“, sagt ein ehemaliger Spieler.

Gleich im ersten Jahr gewann seine Mannschaft den Grey Cup, so etwas wie den kanadischen Super Bowl. Diese Leidenschaft zeigt: Candy lebte für Momente, die verbinden, und floss in Rollen wie dem chaotischen Onkel in Uncle Buck ein.

Die letzte Fahrt

Der Film kulminiert in einer Szene, die das Herz zerreißt: Candys Beerdigung 1994 in Los Angeles. Die LAPD sperrte die berühmte 405er Autobahn – erst das dritte Mal nach dem Papst und einem Präsidenten –, um seine letzte Fahrt von der Kirche St. Martin of Tours zum Holy Cross Cemetery, Candys letzter Ruhestätte zu ehren. „Du weißt, du hast es geschafft, wenn sie Freeways für dich schließen“, sagt Komiker Eugene Levy, einer seiner Sargträger.

Fans säumten die Rampen, Polizisten salutierten; und die Doku fängt diesen Moment der kollektiven Trauer gebührend ein – ein Tribut an einen Mann, der mit 43 Jahren viel zu früh ging. Es ist ein Schluss, der wehtut, aber heilt – und perfekt mit Cynthia Erivos‘ Cover von „Everytime You Go Away“ untermalt ist.

Das Vermächtnis

John Candy: I Like Me” ist mehr njr als eine Doku – es ist eine Liebeserklärung an einen Mann, der trotz Tragik und Kämpfen die Welt mit Lachen erfüllte, eine große Hommage an einen warmherzigen, unvergessenen Künstler. “The Hollywood Reporter” lobt das Werk als „großherziges Dokument, das so umarmend und großzügig im Geist ist wie der Mann selbst“. “The Guardian” nennt es „sternenklar, aber herzzerreißend“, und der “Rolling Stone” betont, dass die Doku ein Wechselbad der Emotionen evoziert – „Lachen, Tränen und mehr Lachen“.

Schaut es euch unbedingt selbst an, und lasst euch von Candys Worten inspirieren: „I like me.“ Und wir mögen ihn auch. Genau so, wie er war.

Meine Bewertung: 10 von 10

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