Freitag, 29. März 2024
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Justizreform in Israel: Was flüsterte Scholz seinem Amtskollegen Netanyahu?

Justizreform in Israel: Was flüsterte Scholz seinem Amtskollegen Netanyahu?

Israels Premier Benjamin Netanyahu vorgestern in Berlin bei Olaf Scholz (Foto:Imago)

Israels Regierung will sich nicht länger von seinem höchsten Gericht rügen lassen und hat angekündigt, dessen Urteile nicht mehr alle zu akzeptieren, wenn dieses aus der Sicht ihrer gewählten Regierungsmehrheit nicht mehr gemäß dem (vermeintlichen) Willen der Wählermehrheit entscheidet. Dies läuft zwingend und zweifellos auf die Aufhebung der Gewaltenteilung hinaus – eines wesentlichen Elementes jeder Demokratie. Seit Monaten demonstriert eine große Minderheit der Bürger und Nichtbürger Israels gegen diese bedenkliche Entwicklung. Das einzige demokratische Land im Nahen Osten trifft nun einmal mehr die Verachtung der Weltöffentlichkeit und Deutschland positioniert sich dabei an vorderster Front Es vergeht kaum ein Tag, an dem das hiesige Fernsehen nicht Demonstrationen gegen die “rechtsextreme” Netanyahu-Regierung zeigt.

Und nun war der „Leibhaftige“ sogar in Berlin auf Staatsbesuch – um gut Wetter zu machen? Netanyahu rechtfertigte seinen Standpunkt respektive die Politik seiner Regierung mit der Formel: „Eine unabhängige Justiz ja – eine allmächtige nein“. Öffentlich, vor den Kameras der etablierten Medien, mahnte ihn daraufhin Kanzler Olaf Scholz, er sei darüber in „großer Sorge“. Was aber wird er Netanyahu wohl ins Ohr geflüstert haben, nachdem die Journalisten weg waren? Vielleicht etwa dies: “Bibi, sieh mal, wir in Berlin machen das anders! Meinst Du, wir überlassen die Rechtsprechung dieser blinden Justitia mit ihrer Waage in der Hand? Nein, das geht bei uns ganz großes Aufsehen. Hast Du in den letzten Jahren einmal vernommen, dass uns das Karlsruher Bundesverfassungsgericht je ins Handwerk gepfuscht hätte? Nein, die Richter haben nur mahnend den Finger gehoben. Sogar unsere verfassungswidrige Verschuldungspraxis und vieles andere haben sie durchgewinkt!

Spekulatives, aber plausibles Geflüster

Und während Netanyahu vielleicht noch nachdachte, könnte Scholz fortgefahren sein: “Bibi, Du musst nur die richtigen Richter richten lassen, dann hast Du es einfacher. Schau, nach der Besetzung der letzten Stelle beim Bundesverfassungsgericht auf Vorschlag der Grünen haben wir nun einen Martin Eifert als ‘Klima-Richter’. Denkst Du, dieser wird unserer Klimapolitik auch nur ein einziges Mal in die Parade fahren? Oder wenn wir uns nicht trauen, harte Maßnahmen gegen die Bevölkerung durchzusetzen, freuen wir uns über solche Richter als Wadenbeißer, die uns den Ball zuspielen!“ Einen solchen oder gleich mehrere ähnliche Ratschläge könnte Demokratiemeister Scholz seinem israelischen Adepten durchaus mit auf den Weg gegeben haben.

Denn: Das Bundesverfassungsgericht wird bei uns von amtierenden Politikern gewählt. Aber Israel wirft man trotzdem vor, dass die Politik bei der Ernennung der Verfassungsrichter demokratiewidrig Einfluss nehmen wolle. Welche Heuchelei: Bei uns werden diese Richter ebenfalls von Politikern des Bundestages und Bundesrates bestimmt – und damit von den Parteien. Nicht von Oppositionspolitikern, die den Gesetzgebern auf die Finger schauen sollen, sondern von denen, welche die Gesetze machen. Und so wurde das höchste Gericht besetzt. Hackt eine Krähe der anderen die Augen aus? Kaum; aber wenn zwei das Gleiche tun, scheint das hier bei uns in Ordnung zu sein, wohingegen es in Israel verwerflich und demokratiefeindlich ist. So ist das eben mit den doppelten Maßstäben unserer Politiker und ihrer Mainstreammedien.

Musterdemokraten im Glashaus

Wer Zweifel hat, wird in den Archiven schnell fündig: „Wissenschaftler haben untersucht, ob Bundesverfassungsrichter im Sinne der Parteien entscheiden, von denen sie nominiert wurden. Eine parteiliche Prägung lässt sich belegen…“, wird etwa hier attestiert. Und die “Zeit” titelt: „Rechtsstaat: Politiker als Richter? Wenn Politiker vom Bundestag in die Wirtschaft wechseln, erweckt das Misstrauen. Ebenso ein Wechsel zum Bundesverfas-sungsgericht, wie der Fall Stephan Harbarth zeigt.“ Das waren allerdings Zweifel im Jahr 2018. Die seitherigen Jahre zeigten, dass besagter Harbarth jenen Herrschaften, mit denen er diniert und verkehrt, nichts Ernsthaftes und schon gar kein politisches Ungemach entgegensetzt.

Was Deutschland  von Israel unterscheidet: Netanyahu will in bestimmten Fällen Entscheidungen des obersten Gerichts überstimmen. In Deutschland geht das jedoch nicht. Wenn das Bundesverfassungsgericht ausnahmsweise einmal ein Gesetz aufhebt, räumt es dem Gesetzgeber eine lange Frist ein, um es zu ändern. Mit anderen Worten, man darf nach dem Richterspruch noch einige Jahre gegen die Verfassung verstoßen. Durchaus so lange, dass allenfalls die nächste Regierung die Änderung umzusetzen hat. Oder, wie mehrfach vorgekommen: Der Bundesfinanzhof (BFH) verwirft eine Steuerregelung und das Bundesfinanzministerium (BMF) weist die Finanzämter daraufhin an, die Entscheidung “bis auf weiteres” nicht anzuwenden. Ist diese Praxis vielleicht besser als das, was nun in Israel ansteht?

Und die Moral von der Geschichte’, wenn es eine solche gibt? Unsere Medien und die von ihnen favorisierten Politiker unserer „Musterdemokratie“ sollten besser sehr, sehr zurückhaltend sein, wenn sie mit dem Finger auf andere zeigen – so wie jetzt auf Israel und zuvor auch schon auf Polen oder Ungarn. Denn dabei zeigen immer drei Finger auf einen selbst zurück.

Dieser Artikel erscheint auch auf der Webseite des Autors.

7 Antworten

  1. @man darf nach dem Richterspruch noch einige Jahre gegen die Verfassung verstoßen.
    oder dias Regime schreibt die Gesetze so lange um, bis der Richterspruch obsolete ist !
    Beispiel: Corona-Maßnahmen
    Gewußt wie !

  2. Der Vergessliche ist eine Schande für unser Land und für unsere Bürger.
    Mit der Wahlrechtreform, wo große Teile der Demokratie, sprich
    Direktwahlmandate, die nicht mehr zum zuge kommen, ist ein
    weiterer Abbau von Demokratie, hin zur dreckigen Parteiendiktatur.

    Denke, das auch bei dieses volksfeindlichen und als Regierunglakaien tätigen obersten Gericht, Klagen von
    CSU, Linke keine Chance haben werden !

    Man schaffe die Grundrechte ab bzw. schränke sie ein,
    man vereinige die Gewaltenteilung -eine unbedingte Voraussetzung für Demokratie- im Sinne der Regierung und
    mit dem weiteren Schritt der Abschaffung des Bargeldes, einem elektronischen Euro und einer Masseneinwanderung, ist es eh
    mit diesem Land vorbei.

    Die Diktaturen von EU, globalistischen hiesigen Regierung ist dann perfekt und es gibt keine Retoure mehr.

    Diplomatie, Bitten, Petitionen, Demos und das echauffieren in Postings bringen rein gar nichts !
    Da muss was ganz anderes, viel effektiveres, nachhaltigeres und härteres durch das Volk kommen und es muss für Faschisten spürbar unangenehm sein !!!

    Ganz legaler Widerstand des Volkes, auch von einzelnen Bürgern gegen eine faschistische Politik ist im Sinne von Art. 20, Abs. 4 GG möglich !!!

    1. Vom Prinzip her richtig, allerdings unterstehen die Staatsanwaltschaften dem Justizministerium. 😉

  3. Mit derartigen obersten Richtern ist die Gewaltenteilung und die Rechtsprechung durch parteiliche Richter perfekt i.S. der Mächtigen und natürlich gegen das Volk.

    Leider haben die Väter des GG damals nicht an die heutigen Möglichkeiten der Unterwanderung des Rechts und der Teilnahme am politischen geschehen der Verfassungsrichter
    gedacht.

    Wer nimmt heute noch den Beruf des Richters für voll?
    Das sog. im GG verbriefte Recht der Unabhängigkeit der Richter
    ist nicht nur beim obersten Gericht in eine stetige Abhängkeit/Anhängerschaft i.S. der Regierung verkommen.
    Wer hätte damals je daran gedacht, das im Verordnungswege
    Grundrechte außer Kraft gesetzt werden (s.C.-Märchen).

    Danke f.d. sehr guten Artikel Herr Künstle und bitte weiter so !

  4. Bibi und Scholzomat, beides mustergültige Demokraten. Der Jude Bibi trägt einen Davidstern bzw. eine Israelflagge am Revers, der Deutsche (?) Scholz trägt lieber keine Deutschlandflagge irgendwo, ist klar.

  5. Es sind immer Reformen notwendig, weil sich die Verhältnisse ändern. Allerdings können die Änderungen dann immer in zwei Richtungen erfolgen. Früher war es nicht ganz absurd, in einem von unterschiedlichen Interessen geprägten Staat, auch den unterschiedlichen Parteien ein Mitsprachrecht bei der Richterstuhl Besetzung einzuräumen. In einer Zeit, in der unterschiedliche Positionen kaum noch wahrnehmbar sind und sich der Wettbewerb immer stärker auf persönliche Machtausübung verengt, zeigt sich die Schwäche eines derartigen Systems. Die Tendenz geht immer mehr zu einem Einheitssystem – über Regierung, Parlament – dank ständigem Fraktionszwang- bis hin zur Besetzung einen Bundesverfassungsgerichts.

    Auch die Wahlrechtsreform trägt ja schon die Züge einer sich noch mehr verstärkenden Parteienherrschaft. Und das bedeutet nicht ein Mehr an Demokratie, sondern ein Mehr an innerparteilicher Hierarchie und damit quasi diktatorischen Zuständen.

    Ein in einem Wahlkreis gewählter „Mehrheitskandidat“ ist vor Ort bekannt und wenn er nicht ganz abgehoben ist, füllt er sich seinen Wählern auch verpflichtet. Ein auf einer Liste daherkommender Kandidat genießt schon einmal das Wohlwollen der Parteispitze, aber nicht eines allgemeiner Bevölkerungsanteils. Das Verhältniswahlrecht stärkt somit die Parteiführung, ein Mehrheitswahlrecht die Verantwortung eines im Wahlkreis bekannten Politikers. Das müsste somit absoluten Vorrang in einer „Demokratie“ haben und deshalb müsste die Verhältniswahl mit ihrer „Partei-Demokratie“ (eingeschränkt!) das Nachsehen haben.

    Wie heißt es im Grundgesetz – Art. 21, Abs.1 GG:
    „Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Ihre Gründung ist frei. Ihre innere Ordnung muss demokratischen Grundsätzen entsprechen. Sie müssen über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft geben.“

    Die Parteien „wirken mit“ – aber das Volk und damit persönlich gewählte Abgeordnete innerhalb eines Wahlkreises stehen diesem Gedanken wesentlich näher. Obwohl ich kein Freund des CSU bin, würde sie dies zu Recht vor einem geplanten Absturz schützen. Ob drei direkt gewählte Abgeordnete dann auch eine ganze Fraktion zum Einzug in das Parlament berechtigen sollten, ist schwieriger zu entscheiden.

    Da die Demokratie, wie sie sich gegenwärtig darstellt, vor allem ein Verantwortungs-Problem hat, ist einem Mehrheitswahlrecht immer der Vorzug zu erteilen. Dies auch deshalb, weil man früher wohl kompetente, aber „redeschwache“ Politiker einbeziehen wollte. Doch aufgeblähte Ministerien machen es nicht mehr erforderlich, diesen Personenkreis zu schützen.

    Wir leben in einem Parteien-Missbrauchs-Staat, wie man bei den Themen Parteienfinanzierung und Lobbyismus leicht feststellen kann.
    Ohne Verantwortung – wie schon bei Maut, Corona und Lobbyismus –, bei denen sich Minister oder Abgeordnete innerhalb oder nahe am Strafrechtsbereich bewegen können, dürfte es auch in einer Demokratie nicht geben!

    Diese Reform wird zwangsläufig scheitern – und damit bleibt es wie es ist! Das heißt verantwortungsloses Parlament für Versorgungsfälle!