

Das Schicksal unserer nächsten Figur in der Ansage!-Reihe “Kleine Helden des Alltags” ist – wie beim Helden von Teil II – teilweise wieder mit der alten Kaiser- und Reichsstadt Goslar verbunden: Die Rede ist von Katharina von Kardorff-Oheimb. Als Katharina van Endert wurde sie in Neuss 1879 in eine erfolgreiche und sehr wohlhabende Unternehmerfamilie hineingeboren. Wie damals üblich, heiratete sie recht jung, im Alter von 19 Jahren, ihren ersten Ehemann. Vier Kinder und sechs Jahre später verliebte sie sich in einen anderen Mann und verließ für ihn ihren ersten Ehemann. Ihre erste Ehe wurde ein Jahr später geschieden. Die Ehe mit ihrem zweiten Ehemann, der zwei weitere Kinder entsprossen, verlief glücklich – obwohl ihre streng katholische Familie sie wegen des Ehebruchs zuvor verstoßen hatte. Leider währte auch dieses junge Glück nicht lange, da ihr zweiter Mann nur vier Jahre nach ihrer Hochzeit bei einem Bergunfall in den Dolomiten ums Leben kam. Er vererbte ihr jedoch einerseits zwei Fabriken – sie wurde dadurch zur Unternehmerin – und bescherte ihr zusätzlich testamentarisch eine üppige Apanage für sie und ihre gemeinsamen Kinder. So konnte sie künftig finanziell sorgenfrei leben.
Bereits ein weiteres Jahr später heiratete sie ihren dritten Ehemann, den besten Freund ihres verstorbenen zweiten Ehemannes. Doch auch diese Ehe lebte sich auseinander und wurde letztendlich 1921 geschieden. Mit Beginn des Krieges 1914 verlegte “Kathinka“, wie sie wegen ihres ungestümen Lebenswandels gemeinhin genannt wurde, ihren Lebensmittelpunkt immer mehr nach Goslar. Sie pachtete von der Stadt den Goslarer Stadtforst, um dort in Kriegszeiten jagen zu können – sie war nämlich passionierte Jägerin.
Ab ihrer ersten, “schuldhaften“ Scheidung, in der ihr das Sorgerecht über ihre ersten vier Kinder entzogen wurde, rumorte es in “Kathinka“: Warum wurden ihr die Kinder weggenommen, weil sie die Ehe gebrochen hatte, während dies Männern, die exakt dasselbe taten, nicht widerfuhr?
Parlamentsdebut im Frack
Als mit dem Ende des ersten Weltkrieges die ständische Gesellschaftsordnung zerbrach, begann ihr kometenhafter Aufstieg – als “Kathinka” nämlich als Frauenrechtlerin, als äußerst streitbare “Soubrette“ den politischen Boden betrat und sich der neugegründeten Deutschen Volkspartei (DVP) anschloss. Für den Wahlkreis Magdeburg sie in den Reichstag gewählt, dem sie von 1920 bis 1924 angehörte. Bei der feierlichen Eröffnung des Reichstages in der jungen Republik durch die 466 Parlamentarier, zu denen erstmals auch 36 Frauen zählten, wurde, um dem Akt einen angemessene Würde zu verleihen, verfügt, dass man “entweder im Frack, oder im eleganten Abendkleid“ ins Parlament einziehen solle. Die wilde “Kathinka“ sorgte damals für den ersten Boulevard-Skandal der jungen Republik, als sie – als Frau! – bei dieser feierlichen Veranstaltung im Frack und mit Zylinder auflief. Der erste Gassenhauer der zwanziger Jahre war dann auch folgerichtig ihr gewidmet und machte sich über ihren Frack (mit Bommeln daran, damit er etwas „weiblicher“ wirken sollte) lustig.
Der österreichische Filmregisseur Josef von Sternberg war von dieser Aktion dermaßen beeindruckt, dass er in seinem Filmprojekt “Der blaue Engel“, eine Adaption des Romans “Professor Unrat“ von Heinrich Mann, seiner Hauptdarstellerin Marlene Dietrich ebenfalls das Tragen eines Fracks verordnete. Die berühmte Szene mit der Dietrich, in der sie – lasziv auf einem Stuhl sitzend – “Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt“ singt, vermerkte von Sternberg im Drehbuch unter dem Arbeitstitel “Verneigung vor Kathinka“.
Von der Politikerin zur Salondame
In Goslar etablierte “Kathinka” – abseits ihrer Aufgaben im Parlament – auf eigene Kosten politische Seminare, besonders für Frauen. Als Referenten konnte Kathinka hierfür bekannte Staatsrechtler und Politiker wie etwa Gustav Stresemann gewinnen, aber natürlich auch Politikerinnen wie Clara Mende (1869–1947) und Paula Müller-Otfried (1865–1946). Mit der politischen Entwicklung ihrer Partei war sie nicht einverstanden; sie trat 1924 folgerichtig nicht mehr für die Wahl in den Reichstag an und 1925 aus der DVP aus – und dass, obwohl sie bei den Wählern durchaus sehr beliebt war. Fortan widmete sie sich ganz ihren politischen Salons in Goslar und Berlin und wurde verstärkt auch publizistisch zu Frauenrechtsfragen tätig.
Ihre Werke sind bis heute lesenswert: “Der Erfolg der Frau in unserer Zeit”, “Die Frau im modernen Staat” oder, mit Ada Beil, ihre “Gardinen-Predigten”. Auch frühe feministische Schriften wie “Brauchen wir eine Frauenpartei?” zählen zu ihrem Schaffen. 1927 kam Ehemann Nummer vier (sie heiratete einen ehemaligen Fraktionskollegen, der bis 1932 im Parlament verblieb), worauf “Kathinka” – damals ungewöhnlich – einen Doppelnamen annahm. Diese letzte ihrer Ehe endete 1945 durch den natürlichen Tod ihres Mannes.
Generationen von Frauen inspiriert
Seit der Machtübernahme der Nationalsozialisten hatte sie sich weitestgehend aus der Politik zurückgezogen. Zwar wirkte sie unmittelbar nach Ende des Zweiten Weltkriegs noch einmal für kurze Zeit als Bürgermeisterin in Ahrensdorf am Lübbesee im Kreis Templin, wohin sie sich mit ihrem Mann während der Kriegsjahre zurückgezogen hatte; sie musste das Amt jedoch schon aus gesundheitlichen Gründen aufgeben; zudem lag ihr Gatte im Sterben. Bis in die Fünfziger Jahre hinein mischte sich “Kathinka” noch rege immer wieder in politische Fragen ein, für die sie sich – ganz besonders aus der Sicht der Frauen – sehr interessierte, bis sie 1962 in Düsseldorf verstarb. Sie wurde in ihrem Geburtsort Neuss begraben.
Mit ihrer spitzen publizistischen Feder, ihren politischen Seminaren und ihren mutigen und provozierenden Aktionen hat “Kathinka” mindestens zwei Generationen von Frauen aller Gesellschaftsschichten an politische Arbeit herangeführt. Ihre Tochter heiratete später Wilhelm Furtwängler, wodurch “Kathinka” auch zur Urgroßmutter der Schauspielerin Maria Furtwängler wurde. Für ihre herausragende Leistung ehrte die Stadt Goslar sie, indem an ihren Goslarer Wirkungsstätten Gedenktafeln der Initiative “frauenORT“ befestigt wurden.
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6 Antworten
Büttenrede für Annalena Baerbock
Zu Halten anlässlich der Verleihung des Ordens wider den tierischen Ernst 2023
Gegen den Russen führ’n wir Krieg
Für der Ukraine Heil und Sieg
Mit deutschem Know-how, deutschem Stahl
Geschmiedet dort bei Rheinmetall
Sorg’n wir dafür dass es schön kracht
Im Donbass bei der Panzerschlacht.
Tätää Tätää Tätää
Und wenn dann dort die Ruskis fallen
Bei Rheinmetall die Korken knallen
Mei’m Opa dem brächt’ das Vergnügen
Konnt er im Osten doch nicht siegen
Was damals wollt ihm nicht gelingen
Vollenden nun die Enkelinnen.
Tätää Tätää Tätää
Wenn dann im nächsten Jahr im Mai
Der dritte Weltkrieg ist vorbei
Weil russische Atomraketen
Hab’n plattgemacht ganz ungebeten
Das halbe Deutschland und noch mehr
Dann freut uns das im Bunker sehr.
Tätää Tätää Tätää
Dann können wir im klammen Dunkeln
Zusammen feiern und auch schunkeln
Die Abrüstung ist uns gelungen
Der Klimawandel ward bezwungen
Zwar wer’n wir nicht lang überleben
Doch Putin, dem hab’n wir’s gegeben!
“Soubrette”?
Vermutlich ist “Suffragette” gemeint.
‘Als „Suffragetten“ bezeichnet man die Frauen, die vor mehr als 100 Jahren in England den Kampf für das Wahlrecht der Frauen aufnahmen. Das Wort hat mit dem englischen Wort „suffrage“ (auf Deutsch: Wahlrecht) zu tun.’
Hat also nichts mit “Suff” zu tun.
Aua! In der Tat, sehe ich auch grade. Das war wohl in der Tat gemeint 😀 ändere ich, danke
Toll, diese Reihe Helden des Alltags. Danke für Ihre Arbeit bei Ansage
Schon damals könnte man festellen das frauen in der politik noch schlimmer sind als männer.
https://websitemarketing24dotcom.wordpress.com/2018/04/17/wenn-frauen-staaten-zerstoeren-und-andere-unbequeme-dinge/
Welchen Vorteil haben Frauen in der Politik gebracht? Keinen. Ende des Kommentars.