Schach dem Patriarchat?

Schach dem Patriarchat?

Jennifer Yu, Nemo Zhou,
Anna Cramling, Alexandra Botez, Julia Schulman und
Andrea Botez: Wer denkt hier ohne Vorabinformationen an Schachspielerinnen? (Foto:ScreenshotInstagram)

Aktuell kursiert ein Foto (siehe obiges Beitragsbild) in den sozialen Medien. Es zeigt sechs hübsche Frauen in Feierlaune. Das ist erst mal nichts Ungewöhnliches. Dieses Foto wird weder das erste noch das letzte seiner Art sein. Wichtig ist dabei folgendes: Eine der sechs beteiligten Frauen betitelte das Bild mit “Schachspielerinnen an ihrem freien Tag”. Ein männlicher User hatte darunter gepostet: “Irgendetwas sagt mir, dass keine von euch richtig Schach spielen kann.” Damit lag er allerdings falsch, denn tatsächlich sind alle Damen professionelle Schachspielerinnen.

Und genau deswegen geht dieses Bild jetzt auch viral – denn es zeige angeblich, dass Männer erstens von Frauen und zweitens von besonders von schönen Frauen eingeschüchtert sind, und ihnen nicht die gleichen Fähigkeiten wie Männern zuschreiben würden. Und Schuld daran ist natürlich: Das Patriarchat! Um zu verdeutlichen, wie stark die sechs Schachspielerinnen sind, wird oft ihr Elo-Wert angegeben (die Elo-Zahl quantifiziert die Spielstärke von Schachspielern und wird seit 1970 vom Weltschachverband FIDE, für Fédération Internationale des Échecs, als Wertungskoeffizient verwendet). So etwas beeindruckt den Laien – der ja zumeist mit dem Elo-Wert nichts anfangen kann. Die Werte der abgebildeten Frauen lauten:

  • Jennifer Yu: Elo-Zahl 2283
  • Nemo Zhou: Elo-Zahl 2172
  • Anna Cramling: Elo-Zahl 2053
  • Alexandra Botez: Elo-Zahl 2044
  • Julia Schulman: Elo-Zahl 1859
  • Andrea Botez: Elo-Zahl 1837

In einer Weltmeisterschaft chancenlos

Sind diese Werte nun gut oder nicht? Einerseits ja – denn jede der sechs könnte einen Hobbyschachspieler mühelos vom Brett fegen. Andererseits nein – denn in einer Weltmeisterschaft wären sie absolut chancenlos. Wenngleich ein Schachspieler die Elo –Zahl intuitiv versteht, dürfte für den Laien eher die Platzierung in der Weltrangliste von Bedeutung sein. Diese Werte sind viel besser verständlich. Und hier lauten die aktuellen Platzierungen der Frauen:

  • Jennifer Yu: Platz 4583
  • Nemo Zhou: Platz 9590
  • Anna Cramling: Platz 19276
  • Alexandra Botez: Platz 20297
  • Julia Schulman: Platz 57203
  • Andrea Botez: Platz 63202

Damit klingt die Behauptung, dass es sich um “herausragende Schachspielerinnen” handele, schon deutlich weniger beeindruckend. Wer könnte beispielsweise schon Platz 4.583 unter den Tennisspielern oder Platz 63.202 unter den Fußballspielern benennen? Dass Zweifel an dem, was das Foto zeigt, ohne Vorkenntnisse zunächst durchaus theoretisch begründbar wären, hat nichts mit patriarchalen Vorurteilen zu tun. Im Gegenteil: Dass ein Bild von sechs hübschen Frauen tatsächlich sechs Schachspielerinnen abbildet, ist aus Sicht eines uninformierten Betrachters sogar äußerst unwahrscheinlich. Und diese Wahrscheinlichkeit lässt sich berechnen.

Zunächst einmal zum Geschlecht. Es muss geklärt werden, wie viele Schachspieler überhaupt weiblich sind. Nimmt man auch reine Hobbyspieler hinzu, ist dies unmöglich; sehr wohl aber ist es möglich, die Zahl der weiblichen Schachspieler im FIDE anzugeben, denn darüber wird eine Statistik geführt. Aktuell liegt hier der Frauenanteil bei 11 Prozent. Damit bestätigt sich also bereits die erste Vermutung des männlichen Users, dass Schach eher ein Männersport ist. Und dies gilt umso mehr für die vordersten Plätze. Historisch gesehen war die beste Platzierung einer Frau eine Nummer 8 in der Weltrangliste; ein Einzelfall hat jedoch noch keine statische Aussagekraft. Aktuell liegt die beste Schachspielerin auf Platz 102.

Wahrscheinlichkeitsmatrix für feministische Thesen

Das heißt: Die gesamte Top 100 ist männlich. Die weibliche Top 100 besteht aus insgesamt 102 Schachspielerinnen – weil die letzten drei Platzierungen exakt punktgleich sind. Platz 100 der Frauen ist Platz 2.893 in der Weltrangliste. Der Frauenanteil in den Top 3.000 beträgt also etwa 3,5 Prozent (!). Nimmt man also die absolute Elite einmal aus, dürfte der Frauenanteil bei den FIDE-Spielern also bei rund 12 Prozent liegen. Übrigens werden Frauen bei der Titelvergabe bevorzugt: Ein Mann muss auf 2.500 Elo-Punkte kommen, um sich “Großmeister” nennen zu dürfen, bei einer Frau reichen 2.300 Punkte. Diese Ehre wird also keiner Dame auf dem Foto zuteil.

Kommen wir zum Alter: Die sechs abgebildeten Schachspielerinnen wurden alle zwischen 1995 und 2002 geboren. Eine Altersverteilung für die gesamte Weltrangliste gibt es nicht. Nimmt man nur die Top 100 zum Maßstab, liegt der Anteil der Frauen im Alter zwischen 18 und 30 Jahren bei etwa 40 Prozent. Dieser Wert wird höchstwahrscheinlich in den unteren Bereichen der Weltrangliste nicht grundsätzlich anders aussehen.

Etwas schwieriger ist es, die Attraktivität der Frauen objektiv zu bewerten. Zwar werden sich alle Männer einig sein, das die gezeigten sechs Frauen sehr schön und überdurchschnittlich attraktiv sind; aber welche von ihnen die schönste ist und welchen Prozentwert man dafür annehmen will, ist spekulativ. Man kann hier nur grob schätzen und realistischerweise annehmen, dass die Frauen aus Sicht einer angenommenen Grundgesamtheit von männlichen Internetnutzern zu den hübschesten 5 bis 10 Prozent ihrer Altersklasse gehören dürften (wobei niemand weiß, ob nicht das Make-Up nachgeholfen hat). Aber selbst wenn wir uns hier auf einen Wert einigen können, sagt das generell nichts über die Attraktivität von Schachspielerinnen aus. Vielleicht sind Schachspielerinnen hübscher oder weniger hübsch als der Durchschnitt aller Frauen, dann könnten die Zahlen auch unter 5 Prozent oder über 10 Prozent liegen. Argumente gäbe es für beide Thesen.

Eindeutiges Resultat

Betrachten wir zunächst die These, dass hübsche Frauen besser im Schach seien. Manche Studien deuten darauf hin, dass gutes Aussehen (definiert als die auf eine überdurchschnittliche Zahl potentieller Partner ausgeübte Attraktivität) und Intelligenz zusammenhängen. Hierfür gibt es zwei mögliche Erklärungen: Intelligentere Männer verdienen mehr Geld und haben mehr Erfolg bei hübschen Frauen. Bei ihren Nachkommen treten Gene für Intelligenz und gutes Aussehen gehäuft auf. Umgekehrt könnte eine Vielzahl von Mutationen das Erbgut schädigen, was die Gene für Intelligenz und Aussehen gleichermaßen beeinträchtigen würde. Andernfalls wäre auch denkbar, dass hübschere Frauen leichter Sponsoren für sich gewinnen können. Wenn sie auf keinen Nebenerwerb zum Schach angewiesen sind, haben sie mehr Zeit zum Training.

Nun zu Gegenthese, dass hübsche Frauen schlechter im Schach seien. Eine hübsche Frau genießt lieber das Leben, statt sich einer staubtrockenen Materie wie Schach zu widmen; hübsche Frauen wären damit also nicht notwendigerweise schlechter im Schach, aber sie würden diesen Karriereweg seltener einschlagen. Welche der beiden Thesen stimmt denn nun? Alle weiblichen Schachspielerinnen der FIDE nach ihrem Aussehen zu bewerten, wäre zu viel Aufwand. Doch wenn man nur die Top-Spielerinnen beurteilt, scheint keine der beiden Thesen zuzutreffen – oder aber beide Thesen gleichen sich gegenseitig aus.

Mit diesen Grundannahmen hat man nun alle nötigen Schätzwerte beisammen, um eine Wahrscheinlichkeit zu berechnen: Die Formel lautet dann: [0.12 (Geschlecht) x 0.4 (Alter) x 0.05 (Attraktivität)]^6 = 0,000000000000000191102976. Oder, anders gesagt: Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Foto sechs hübscher junger Frauen im Netz sechs herausragende Schachspielerinnen abbildet, beträgt 1 : 5.232.780.885.631.001, sprich: Eins zu 5 Trillionen 232 Billiarden 780 Milliarden 885 Millionen Sechshunderteinundreißigtausendundeins.

Bauchgefühl nicht ganz falsch

Auch bei einer gesicherten Annahme der Attraktivität der gezeigten Frauen innerhalb der oberen 10 Prozent würde sich am eigentlichen Ergebnis nichts ändern; dann würde die Wahrscheinlichkeit sich etwa um das 64-fache erhöhen – wäre aber immer noch astronomisch gering. Und selbst wenn wir als Voraussetzung annehmen, dass das Foto auf einem Wettbewerb für die weiblichen Schachjunioren entstand, bleibt die Wahrscheinlichkeit äußerst gering: 0.05^6 = 0,000000015625, oder 1 : 64 Millionen

Auch wenn der männlicher Poster in diesem speziellen Fall also mit seiner Annahme daneben lag, dass bestimmt keine der beteiligten Frauen eine Schachspielerin sei: Sein Bauchgefühl war tatsächlich nicht ganz falsch. Sechs zufällig ausgewählte Schachspieler werden eben niemals sechs hübsche junge Frauen sein. Das hat mit Frauenfeindlichkeit oder Patriarchat rein gar nichts zu tun. Erst und nur dann, wenn man einer einzelnen hübschen Frau nicht abnimmt, Schachspielerin zu sein, ist Misogynie die logischste Erklärung.

Übrigens wird auch kaum eine Frau beim Anblick dieses Fotos zuerst an Schach denken. Und wenn das Foto sechs muskulöse Surfertypen zeigte, wäre die Skepsis wohl ebenso groß – unter Männern wie unter Frauen. Pietro Boselli sieht zum Beispiel nicht so aus, wie man sich landläufig einen Mathematiker vorstellt:

Pietro Boselli (Screenshot:Instagram)

Kommen wir nun zur Erklärung, was es mit dem obigen Foto der sechs jungen Frauen auf sich hat. Gibt eine Lösung für das Rätsel um die hübschen Schachspielerinnen? Natürlich! Alle der sechs abgebildeten Damen sind Streamerinnen, die ihre Matches entweder auf Youtube oder auf Twitch übertragen. Und diese Schach-Influencerinnen hatten sich im letzten Jahr eben in Los Angeles zusammengefunden, um ein kleines Turnier zu veranstalten (das natürlich niemals an das Weltmeisterniveau heranreichen wird). Dass unter Streamerinnen gutes Aussehen zählt, ist kein Geheimnis. Meist lassen sie sich auf den genannten Plattformen beim Spielen am Computer zuschauen; warum also nicht auch beim Schach? Ihre reinen Fähigkeiten auf dem Brett erklären ihren Erfolg jedenfalls nicht.

Und warum sollte man Andrea Botez unbedingt als Schachspielerin bezeichnen? Schließlich ist sie auch Techno-DJ:

(Screenshot:Youtube)

16 Antworten

  1. Das ist ja wieder mal ein wüstes nutzloses hin und her philosophieren.
    Eines haben die Frauen, wenn sie nicht absolut hässlich sind, aber dumm bis zum geht nicht mehr. Die können Männer, man sagte früher, um den Finger wickeln. Reiche Männer haben oft die schönsten Frauen aber von Intelligenz ist bei vielen nicht viel zu spüren. Intelligente Frauen, Karierefrauen benutzen die Männer sehr oft um weiter zukommen. Irgendwann tritt dann eine Torschlusspanik ein und bekommen dann noch auf den letzten Drücker Kinder.
    Ich kenne da aus früheren Zeiten genug Mädels und Frauen, Schülerinnen und Studentinnen die nur weiter gekommen sind weil die sich immer männliche Nachhilfe angedeihen ließen.
    Wichtig ist der Charakter, aber der stellt sich oft erst zu spät heraus.

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  2. hat einen schönheitsfehler.. ohne männer keine kinder… ok… dann mal viel spass beim ausprobieren….

    1. Judith Polgar hatte eine FIDE Rating von 2555 mit 12.
      Nicholas Checa hat mit 16 alle Anforderung für einen Schach Großmeister erreicht und derzeit eine FIDE Rating von 2517.
      Wieso wurde über Frau Mutesi ein Film gedreht, aber nicht über Judith Polgar?
      Ich habe da eine Vermutung.
      Scharz-weiss Denken?

  3. halbwegs „hübsche“ Frauen, die halt ein ganz klein bisschen Schach spielen können…so what? kenne 9jährige, die die wegputzen… 😉

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  4. Natürlich sind intelligente Frauen hübscher als minder intelligente. Zum Beispiel sind Alice Weidel und Sahra Wagenknecht hübscher als Analena Baerbock mit ihren Schlupflidern und Saskia Esken.

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  5. Sechs junge Mädchen die alles noch vor sich haben, den ganzen
    Scheiß. Soll man sie nun bewundern oder doch eher bedauern, in
    dieser Zeit?

    Dieses ganze Geschwafel von der Intelligenz ist ja nur widerlich.
    Intelligenz ist die pervertierte Form des Verstandes, so wie der
    Psychopath ihn zur Anwendung bringen muß, um unerkannt
    zu bleiben in seinen eigentlichen Absichten.

    1. „Sechs junge Mädchen die alles noch vor sich haben,“

      Genaugenommen sind Mädchen nicht fortpflanzungsfähig.
      Blutet das Mädchen, hat also einen Eisprung, wurde aus ihm eine Frau.
      Der Junge wird durch den Samenerguss zum Mann.

      1. Das kommt auf den Betrachter an, ist dieser schon etwas
        älter, so sieht er darin Mädchen. Das verstehst du nicht,
        dafür bist du anscheinend wohl noch zu jung.

        Im Übrigen, Klugscheißer kann niemand leiden…

        1. Mich interessiert nicht der Betrachter, sondern die Natur.
          Mädchen bluten nicht und Jungs haben keinen Samen.

          Frauen bluten und Männer haben Samen.

          Alles andere ist widernatürlicher Menschenkram der Neuzeit.
          Wie alt ich bin, spielt dabei wirklich keine Rolle, sondern nur die Biologie.

  6. „… dass Männer erstens von Frauen und zweitens von besonders von schönen Frauen eingeschüchtert sind, und ihnen nicht die gleichen Fähigkeiten wie Männern zuschreiben würden.“

    Wenn sie die gleichen Fähigkeiten wie Männer hätten, dann wären sie keine Frauen, sondern Männer.
    Das gilt ja auch umgekehrt, Männer haben andere Fähigkeiten als Frauen. Und das ist gut so, denn nur zusammen ergeben sie eine Einheit.

    Übrigens sehen diese Frauen irgendwie alle gleich aus. Gleich langweilig.

  7. Also mal ehrlich: Alles unter 2200 ist lächerlich und jenseits von Profispielern.
    Bei Frauen gelten da andere Masstäbe aber die ELO-Wertungen der Ladies sind immer noch lausig in deren Klasse.

    1200: Anfänger der die Regeln kennt und nicht jeder Zug absichtlich falsch ist
    1400: Kennt schon ein paar Anfängertricks und bekannte Fallen
    1600-1700: Fortgeschrittener Spieler da fängt dann das Clubniveau an
    1800-1900 mittelmässiger Clubspieler
    So ab/über 2000 geht dann der Vereinsmeister los, ab 2200 glaube ich wird man offizieller Meister, das geht dann weiter zu GM, IGM da ist man dann irgendwo ab 2600 heute ist das Level allgemein gestiegen im Vergleich vor 30 Jahren. Früher war Mann mit 2700 unter den Weltbesten, heute liegen die bei schon bei fast 2900.

    Bei Frauen gibt es einfach ein nat. Limit, oben hat es schon jemand geschrieben, die Polgar Sisters waren damals ganz vorne dabei aber der Abstand zu Männern ist immer noch astronomisch. Dann kam später diese Chinesin die noch einen deutlichen Taken stärker war, aber immer noch weit weg von der männlichen Spitze, da gibts einfach keine einzige Frau die da mal ansatzweise vordrang.

    Also die Weiber auf dem Bild sind bestenfalls auf Clubniveau, vielleicht eine noch deutlich besser aber im Vergleich zu Männern sind das Welten. Deshalb gibts halt Frauen und Männerschach, die können mit Männern einfach nicht mithalten, das ist halt so.

  8. Heute hat man es nur noch mit Meisterspielern im Schach zu tun, ich kann
    das beurteilen, da ich schon annähernd 50 Jahre ohne Unterbrechung Schach
    spiele. Das Schach von Heute ist der reinste Narzissmus, eine willkommene
    Bühne für jeden Selbstdarsteller. Cheater haben sich wie eine Seuche darin
    ausbreiten können, dank der vielen Programme und Bots zum Betrügen.

    Früher hat man zum Spaß gespielt, 5 Minuten Blitzpartien, dabei rumgewitzelt.
    Betrügereien waren ehrenrührig. Auch daran könnte man heute den sittlichen
    Verfall erkennen und wie es um diese „Gesellschaft“ tatsächlich bestellt ist.

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