Der King of Rap: Mein Bekenntnis zu Kool Savas

Der King of Rap: Mein Bekenntnis zu Kool Savas

Kool Savas: Bereicherung der deutschen Sprache (Foto:Imago)

Ich war noch nie so aufgeregt in meinem Leben“, wird er später sagen, und dass für ihn ein Kindheitstraum wahr geworden ist: 2.000 Menschen warten darauf, dass der “King of Rap” die Bühne betritt. Das Orchester wartet hingegen nicht, sondern spielt bereits die ersten Takte eines Konzerts, das in die Musikgeschichte eingehen wird. Die Rede ist von Kool Savas und seinem Konzert in Stuttgart gemeinsam mit dem Residenz-Orchester Baden-Württemberg unter der Leitung des begnadeten Dirigenten Sven Gnass. Ausgerichtet hat dieses einzigartige Musikexperiment Red Bull, ein Unternehmen, das sich neben Sport und Unterhaltung auch für kulturelle Belange einsetzt.

Ich habe das Konzert, das man auf YouTube sehen kann, 20 Menschen und mehr gezeigt; auch Leuten, die mit Rap nichts am Hut haben. Niemand, meine Mutter eingeschlossen, fand die Veranstaltung in irgendeiner Art und Weise schlecht. „Hier wird auch jungen Leuten Klassik nahegebracht“, sagt sie, und sie hat recht. Der Altersdurchschnitt bei diesem Konzert dürfte um die 30 sein.

Eko Fresh zerstört

Wenn man dieses Konzert sieht, sieht man Profimusiker, die voller Leidenschaft und Respekt füreinander ihrer Profession nachgehen. Damit ist selbstverständlich auch Savas gemeint. Ich muss nicht lügen, wenn ich sage, dass ich von ihm mehr über die Gewandtheit von Sprache gelernt habe als in dreizehn Jahren völlig sinnlosen Deutschunterricht. Ein Vergleich passt nur so lange, wie er auch zu hundert Prozent passt. „Du machst mich müde wie der Sandmann“ ist einfach, klar und unmissverständlich. Etwas, das man bei Thomas Mann sicherlich nicht wiederfindet.

Natürlich saß ich als Jugendlicher faktisch paralysiert vor der Anlage und hörte den musikalischen Beef zwischen Savas und Eko. Natürlich war Eko trotz Bemühungen hoffnungslos unterlegen, da er mit „Das Urteil“ auf Normalmaß gestutzt wurde. Offenkundig war dies nötig, um die unbescheidene Art des Ekrem Bora auch einem breiteren Publikum, jenseits des Hip-Hops, nahe zu bringen.

Die Arbeit am eigenen Monument

Zu Beginn seiner Karriere war Savas für den kleinen Julian der politisch inkorrekte Ausweg aus einem bürgerlichen, oftmals geistig limitierten Leben. „LMS“ laut aufzudrehen und die Verwandtschaft zur Weißglut zu treiben, galt im Hause Plutz als wichtige Disziplin des Erwachsenwerdens. Eine Jugend, ohne die Eltern mit Musik zur Verzweiflung zu bringen, scheint eine unvollständige Jugend zu sein. Das war beim Rock’n’Roll so, das war beim Punk so, und das war und ist beim Hip-Hop so.

Doch Savas emanzipierte sich aus dem Battle-Rap, ohne ihn jemals vergessen zu haben. Mit „Haus und Boot“ markierte der in Aachen geborene Musiker einen kleinen, aber durchaus sichtbaren Meilenstein in der Geschichte des deutschen Sprechgesangs. Und spätestens mit „Der beste Tag meines Lebens“ meißelte er seinen Namen in den Felsen der deutschen Musikhistorie. Doch was ich von Savas Yurderi, wie er mit bürgerlichem Namen heißt, am meisten gelernt habe, ist die Entschlossenheit, an seinem Traum festzuhalten und mit viel Arbeit, sehr viel Arbeit, Schweiß, manchmal Blut und nicht selten Tränen an seinem eigenen Monument zu arbeiten. “Wie ein Moai”, wie die gemeinsam mit Takt32 im letzten Jahr erschienene EP heißt, scheint es das Schicksal der Außergewöhnlichen zu sein, jeden Sturm überleben zu müssen.

Savas ist ein Gewinn für die deutschen Sprache

Wenn ich die erste Strophe von „Deine Mutter“ höre, die auch in Stuttgart performt wurde, dann klingt das wie ich. „Tausendmal abgeschrieben, tausend Songs publiziert und dann hat es Zoom gemacht“, heißt es. Und das stimmt. Wie oft haben sie mir gesagt, was ich alles nicht kann? Der Schreiberling, der Nazi, die Schwuchtel, der Fake-Jude, der Corona-Leugner. Die Liste der Vokabeln ist so lang wie der Bart dieser unsinnigen Geschichten. Sie kennen mich nicht, aber wissen über mich zu reden.

Auf Savas’ aktuellster Veröffentlichung, der „Rap Genius EP“, kann man das Lied „Zweites Gesicht“ hören. Als ich das Lied das erste Mal hörte, dachte ich, er hätte es für mich geschrieben, weil ich gerade in einer ähnlichen Situation bin: „Lass alles Revue passieren, was hab’ ich damals gesagt? Muss mir eingesteh’n, ich hatte keinen Plan, wer du warst. Ein neuer Mensch, ich vergaß, dass es sowas gibt auf die Art und Weise. Hängst mit den Feinden und willst es mir unter die Nase reiben.“ Ob das epische Konzert in Stuttgart, die „Rap Genius EP“ oder „Die besten Tage sind gezählt“: Mit Kool Savas gewinnt die deutsche Sprache und die deutsche Musikkultur Tag für Tag an Niveau. Ich bin gespannt, was als Nächstes folgt. Ich bin gespannt, in welchem nächsten Text ich mein Leben wiederkenne.

2 Antworten

  1. „… in dreizehn Jahren völlig sinnlosen Deutschunterricht …„

    „Savas ist ein Gewinn für die deutschen Sprache“

    An Niveau gewinnt die deutsche Sprache unter anderem, wenn jeder sich Mühe gibt.
    Das Gestammel des Herrn Savas mit Thomas Mann zu vergleichen, bedarf einer profunden lieterarischen Unbildung.

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