Drei Monate nach seiner Freilassung gibt sich Julian Assange angriffslustig

Drei Monate nach seiner Freilassung gibt sich Julian Assange angriffslustig

Nach einem Martyrium, das ihn sieben Jahre in der ecuadorianischen Botschaft in London und fünf Jahre in einem britischen Hochsicherheitsgefängnis kostete, ist Wikileaks-Gründer Julian Assange seit Ende Juni auf freiem Fuß. Die USA hatten in einem Deal darauf verzichtet, weiterhin seine Auslieferung zu verlangen und ihn wegen Geheimnisverrats anzuklagen, was ihm bis zu 175 Jahre hätte einbringen können. Diese Woche nun, bei seinem ersten öffentlichen Auftritt seit der Freilassung, erklärte Assange gestern vor dem in Straßburg tagenden Europarat-Ausschuss für Recht und Menschenrechte, er sei nicht deshalb frei, weil das (Justiz-)System funktioniert habe, sondern weil er sich „schuldig bekannt habe, als Journalist gearbeitet zu haben“. Die in der US-Verfassung verankerte „Freiheit der Rede“ gelte offenbar nur für US-Amerikaner. Europäer müssten jedoch jederzeit befürchten, unter Spionageverdacht verfolgt zu werden. Sein Fazit fiel bitter aus: „Ich sehe mehr Geheimhaltung und mehr Unterdrückung, aber auch mehr Selbstzensur bei Journalisten, was schlimm ist“, stellt er fest.

Der Ausschuss für Recht und Menschenrechte des Europarates kam in seinem Bericht zu dem Schluss, dass Assange als politischer Gefangener eingestuft werden könne, und forderte Großbritannien und die USA daher auf, den Umgang mit Assange aufzuarbeiten. Der Menschenrechtsanwalt Manfred Nowak erklärte, die USA hätten „von Anfang an aus allen Rohren geschossen“ und nichts unversucht gelassen, um Assange als “Whistleblower” habhaft zu werden. Des Weiteren hätte auch Europa – insbesondere Schweden und das Vereinigte Königreich – versagt. Dies sei ein Fall, in dem “demokratische Rechtsstaaten Europas sich von den USA sehr unter Druck haben setzen lassen“, und „ein Einzelfall, wie wir ihn in den demokratischen Rechtsstaaten Europas und des Europarates nicht sehen wollen“. Der Bericht fordere explizit, dass die USA vor allem jene Verbrechen, die WikiLeaks klar dokumentiert habe, “endlich auch wirklich untersuchen und die dafür Verantwortlichen auch vor Gericht stellen“, so Nowak; Diese Verpflichtung hätten die USA jedoch nie erfüllt.

“Gewisse Ausnahme”

Nowak verwies darauf, dass die parlamentarische Versammlung des Europarates bereits 2012 eine Resolution erlassen habe, die den Begriff des „politischen Gefangenen“ als jemanden definiere, „der oder die entweder nur wegen einer Meinungsäußerung festgenommen wird (…) oder der eine viel zu lange Haftstrafe bekommt für ein relativ kleines Delikt aus rein politischen Gründen“. In Assange Fall sei absolut klar, dass er „aus rein politischen Motiven in London sehr, sehr lange in diesem Gefängnis festgesetzt worden“ sei. Dies erfülle die Kriterien des Europarates. Normalerweise solle eine funktionierende rechtsstaatliche Demokratie keine politischen Gefangenen haben, so Nowak weiter. Der Fall Assange sei hier „eine gewisse Ausnahme“, die „die Grenzen des Rechtsstaates auch bei uns“ aufzeige.

Sicher ist – und weitaus verstörender –, dass Julian Assange eben absehbar nicht der einzige derartige Fall bleiben wird. Denn gerade die EU unternimmt alles, um die Meinungsfreiheit immer weiter einzuschränken und kritische Oppositionelle und Informanten zu kriminalisieren. Die Europarat-Definition des politischen Gefangenen könnte bald zum Massenphänomen werden, da die Inhaftierung wegen bloßer Meinungsäußerungen und die Verurteilung zu völlig überzogenen Strafen im Rahmen der völlig willkürlichen „Hass-und-Hetze“-Gesetzgebung liegt. Diese ist etwa in Großbritannien nach den Anti-Migrationsprotesten vom Sommer inzwischen gang und gäbe. Wenn der Europarat ernstgenommen werden und seiner Stimmung Geltung verschaffen will, dann müsste er vor dieser Entwicklung lauthals warnen – denn Abertausenden Europäern, die wegen völliger Nichtigkeiten verfolgt werden, droht andernfalls ein ähnlich zermürbendes Schicksal wie Julian Assange.

Eine Antwort

  1. @Die in der US-Verfassung verankerte „Freiheit der Rede“ gelte offenbar nur für US-Amerikaner.
    wenn er noch immer nicht begriffen hat, das die US-Verfassung nur für linientreue Amerikaner gilt, wenn diese den Oligarchen nützlich sind, dann spricht das nicht gerad für ihn !

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