Mittwoch, 11. September 2024
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Die Schleuser von Düren

Die Schleuser von Düren

Ehrenwerte Gesellschaft: Dürens CDU-Landrat Wolfgang Spelthahn (l.), NRW-Innenminister Herbert Reul (r.) (Foto:Imago)

Dass die Fachklinik für Psychiatrie und Psychotherapie (im Volksmund liebevoll “Jeckes” genannt, für Nichtrheinländer: „Narrenberg“) in Düren steht, ist kein Zufall. Das hat mal der “Stern” getextet, als ein Mädchen ermordet wurde und zwei Männer unabhängig voneinander die Tat gestanden hatten. Eine etwas ungewöhnliche Einleitung zu einem Artikel, der das politische und gesellschaftliche Umfeld beschreiben soll, das der “Westdeutsche Rundfunk” mit dem Titel “Die Luxus-Schleuser” bedachte und in dem seit April mehr als 1.000 Beamte beschäftigt sind. Es geht dabei darum, einen Schleuserring aufzudecken, der 147 Menschen – zumeist chinesische Staatsangehörige – gegen Geldzahlungen nach Deutschland geholt haben soll, mit dem Versprechen, ihnen dauerhafte Aufenthaltsgenehmigungen zu besorgen.

Was anfangs eher wie eine lokale Schurkerei aussah, hat sich mittlerweile zu einem kriminellen Flächenbrand ausgeweitet, bei dem viele „honorige“ Politiker von CDU und SPD unrühmlich in Erscheinung treten. So sind außer der Dürener Prominenz auch Solingens Oberbürgermeister Tim Kurzbach (SPD), der ehemalige Kerpener Landrat Werner Stump und indirekt – durch Parteispenden in Höhe von insgesamt 52.500 Euro – unter anderem auch der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) betroffen. Dieser Artikel stellt einen Versuch dar, das Habitat zu beschreiben, das so etwas möglich macht. Die Hauptperson in dieser spekulativen Analyse ist ein sehr umtriebiger Landrat, der mit den politischen Gegebenheiten und den beteiligten Personen famos umgehen kann. Wurde der Landkreis Düren in der Vergangenheit von gut katholischen Oberkreisdirektoren solide und unspektakulär regiert – darunter auch von Eduard Bierhoff, dem Opa unseres ehemaligen Nationalspielers Oliver –, so erregte 1999 ein Wahlplakat die neugierigen Gemüter, auf dem nur stand: „Der Hahn kommt!

Offene Flanke abgedeckt

Das war innovativ und erfolgreich: Der CDU-Politiker Wolfgang Spelthahn wurde erster hauptamtlicher Landrat im Kreis Düren und ist es bis zur Stunde. Gewählt wurde mit 51 Prozent der Stimmen; zehn Jahre später gelang es ihm, sein Ergebnis auf 58,1 Prozent zu verbessern. Sein Gegenkandidat von der SPD erhielt nur 38,2 Prozent, und dieser war kein Geringerer als Jens Bröker, der als einer der Ersten im April verhaftet wurde und bis Anfang Juli in Untersuchungshaft saß. Schauen wir uns einmal die Karriere von Bröker an: 1998 wollte der damalige SPD-Unterbezirksgeschäftsführer in den Bundestag, unterlag aber parteiintern gegen Dietmar Nietan. 1999 scheiterte sein Versuch, Landrat zu werden, an Spelthahn. Da – laut Franz Müntefering – Opposition “Mist” ist und die SPD in NRW mangels politischen Zuspruchs nichts Adäquates zu bieten hatte, geschah ein Wunder: Der liebe Jens wurde auf Initiative des Landrates im Mai 2012 zum Geschäftsführer der Indeland GmbH gemacht, einer Gesellschaft, die – so sehe nicht nur ich das – eigentlich keiner braucht. Seine dortige hohe Dotierung und die fehlende Ausschreibung haben nicht nur in der Lokalpresse, sondern auch bei den “Ruhrbaronen” für Verwunderung gesorgt.

Ob damit der politische Gegner ausgeschaltet oder Vorschusslorbeeren verteilt werden sollten, weiß nur der Landrat. Meine Vermutung ist, dass mit dieser Personalie eine offene Flanke abgedeckt werden sollte. Denn mittlerweile ist auch dem unpolitischen Bürger aufgefallen, dass die unzähligen “Landrats-Events” durch kreisnahe Gesellschaften indirekt am Ende doch durch die Allgemeinheit finanziert werden. Wahrlich: Der Landrat hat viel getan, um seinen Kreis bekannt zu machen. Da im Kreis Düren keine geeignete Location für größere Veranstaltungen vorhanden war, wurde dieses Problem durch Spelthahn zügig gelöst. Mit einem Schweizer Investor wurde die Arena Kreis Düren 2004 gebaut und 2005 durch die Wirtschaftsförderungsgesellschaft für den Kreis Düren (GWS GmbH) zurückgekauft. Das Ganze war – ich will es mal so sagen – etwas windig. Bei Wikipedia findet man die Formulierung, dass „der Kauf der Immobile sogar zur einer Anfrage im Landtag führte“. Schnee von gestern? Jedenfalls war damit sogar eine Spielstätte für die Bundesligavolleyballmannschaft „SWD Powervolleys“ geschaffen. Wer fragt da noch nach den Details der Finanzierung, die angeblich auch noch durch ein spekulatives Devisengeschäft (das Gott sei Dank gut gegangen ist) unterlegt worden ist. Mal wurde dort Boris Becker engagiert, dessen Gage nicht zimperlich war, oder auch Herbert Grönemeyer, der den Dürener Abendhimmel gewiss auch nicht für einen Appel und ein Ei begrölt hat.

Wiederverfüllte Löcher

Das Netz vergisst nichts, und die diesbezügliche Kritik am Landrat kam von den Grünen. Autor ist dort ein gewisser “andikrischer”, ein Sohn von Oliver Krischer, der es mittlerweile zum Minister für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen geschafft hat. Auf die Aktivitäten rund um die Familie Krischer komme ich noch zurück. Im Kreis Düren liegen zwei Tagebaue: Hambach („Hambi“) und Inden. Da wird noch bis zum Jahr 2029 Braunkohle gefördert. Anschließend soll dort der „Indische Ozean” entstehen, der als Freizeitparadies für die dann arbeitslosen Baggerfahrer dienen wird. Ein Strukturwandel, der hier blumig beschrieben wird und den ein Strukturwandelmanager dann “mänädschen” wird. Überhaupt bricht die Zukunft in Düren heute schon an: Die Töpfe mit den Fördergelder stehen quasi nur herum und warten darauf, vom Schnellsten geleert zu werden. Und wie das dann so ist, wird wenig auf eine sinnvolle Verwendung geachtet. Unser Landrat hat im Physikunterricht gut aufgepasst und weiß, wie Knallgas gemacht wird. Also hat sich der Kreis Düren an die Spitze der „Wasserstoffinitiative“ gesetzt. Ich persönlich halte das für eine gigantische Augenwischerei, aber wer fragt schon nach der Sinnhaftigkeit von Ökoprojekten. „Alle namhaften Experten unterstützen die Regierungspolitik, weil man nur zum namhaften Experten wird, wenn man die Regierungspolitik unterstützt“, hat Norbert Bolz einmal treffend geschrieben.

Ursprünglich sollten beide Löcher wiederverfüllt werden (mit was?), doch die See-Lösung hat sich zur finanziellen Freude des RWE durchgesetzt. Und des Landrats, der bis 2015 – welcher Zufall – sogar im Aufsichtsrat von RWE Power und in verschiedenen Beiräten des Unternehmens saß. Die Hintergründe sind sarkastisch hier nachzulesen. Eine gewisse RWE-Nähe hat sich in Düren schon immer ausgezahlt (ich weiß, wovon ich schreibe!). Spelthahn ist aber immerhin noch Vorsitzender des Verbandes der kommunalen RWE-Aktionäre GmbH (VkA).
Den politischen Gegner hatte der Landrat mit seinem “divide et impera” also im Griff. Auch die Presse, die mehr oder weniger mit sich selbst beschäftigt ist, stellte kein Problem dar. Wenn einer der leidgeplagten Lokalredakteure plötzlich Leiter der Stabsstelle Presse- und Öffentlichkeit wird, mit Zusatzversorgungskasse und Beihilfeberechtigung, dann ist das ein starkes Zeichen für Nachahmer.

Kommunaler Tausendsassa in Medien und Fussball

Einst gab es einen “Dürener Lokalanzeiger”, der sich mit den Jahren zum Mantel für Werbeprospekte entwickelt und seinen Namen in “Supersonntag” geändert hat. Wenn dann die Kreisverwaltung immer noch ihre „Öffentliche Bekanntmachungen“ dort publiziert, ist das auch eine starke Verlockung an den Herausgeber, Kritik – wenn überhaupt – nur in homöopathischer Dosierung zu äußern. So wurde es bei uns zur sonntäglichen Challenge, die Anzahl der Bilder mit dem Landrat zu erraten, die in dem Sonntagsblatt – von uns liebevoll “Superspelthahn” genannt – veröffentlicht wurden. Landrat Spelthahn dominiert also die Presse, und da er ja immer viele große und wichtige Dinge zu berichten hat, kommt monatlich noch das Magazin “Kreisrund” heraus, das mit Inseraten der mehr oder weniger vom Kreis dominierten Gesellschaften finanziert wird.

Der Lieblingssport der Deutschen ist Fußball und da sah es im Kreis bis vor Kurzem schlecht aus. Hatte man einst mit Schnellinger, Stollenwerk und Toni Schumacher früher auch mal Nationalspieler hervorgebracht, so reichte es jetzt höchstens zur 6. Liga. Zu wenig für Spelthahn, der ein eingefleischter Fan von Bayern München ist. War vor 20 Jahren der sehr umtriebige Roland Mader noch daran gescheitert, machte Wolfgang Spelthahn nun Nägel mit Köpfen und gründete den Verein FC Düren, wurde dessen Präsident – und schwupps! war der Verein in der Regionalliga und spielte zeitweise sogar um den Aufstieg in die dritte Liga. “Transfermarkt.de” schätzt den Kader auf 1,32 Millionen Euro (Platz 11 von 18 Vereinen). Da keiner der Spieler umsonst spielt und der Zuschauerschnitt mit knapp 800 weder das Stadion noch die Kasse platzen lässt, geht das nicht ohne Sponsoren. Außer den üblichen Verdächtigen taucht hier plötzlich das Trikotsponsoring durch „D&B Global Recruitment” auf, bei dem zufällig der Anwalt Claus Brockhaus tätig war. Es ist derselbe Brockhaus, der nun als einer der mutmaßlichen Hauptbeschuldigten bei den Ermittlung gegen die Schleuserbande gilt. Über die Dinge rund um die Vermarktung der Stadionimmobile mögen sich andere kümmern; mir fehlt da das Hintergrundwissen.

Geschichte mit Geschmäckle

Doch zurück in das Jahr 2019: Die CDU hatte die Liebe zu den Grünen entdeckt – oder sollte ich besser schreiben, die Grünen haben die Liebe zur CDU entdeckt? Denn mit ihr konnten sie ihre Kandidatin für das Dezernat III ein halbes Jahr nach der Kommunalwahl durchsetzen: Es war Sybille Haußmann, zufälligerweise die Ehefrau des grünen Bundestagsabgeordneten und jetzigen Ministers für Umwelt, Naturschutz und Verkehr von NRW, Oliver Krischer. Manchmal ist es gut, wenn die Familienbanden nicht gleich für jeden sichtbar werden. Doch jetzt kriegt die Sache ein Geschmäckle: Zuständig für Integration- und Ausländerangelegenheiten ist – na sowas – die grüne Frau Haußmann. Süffisant hat das die AfD in ihrer Kleinen Anfrage herausgearbeitet (überhaupt scheint diese Partei tatsächlich als einzige Oppositionsarbeit zu betreiben und ich bin gespannt, ob sie zusammen mit der FDP, die das ebenfalls will, einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss beantragen wird).

Überhaupt bleibt es spannend: Der Hauptverdächtige Jens Bröker hat nach zweieinhalb Monaten Untersuchungshaft gesungen und zugegeben, Bestechungsgelder in sechsstelliger Höhe bekommen zu haben. Er hat den Landrat, seinen einstigen Förderer, massiv beschuldigt – was der natürlich vehement zurückgewiesen hat. Vollständigkeitshalber sei noch erwähnt, dass eine vom Landrat angemietete Villa am Ammersee ebenfalls nach Beweismaterial durchsucht worden ist. Ich will hier keine Neiddebatte entfachen… aber wer die Preise am Ammersee kennt, der fragt sich schon einige Fragen. Fazit also: Es bleibt spannend in Düren! Meine Prognose: Es wird eine große Männerfreundschaft zerbrechen, der nächste Landrat wird nicht mehr Spelthahn heißen und der FC Düren wird nicht mehr lange in der Regionalliga West spielen. Diesbezügliche Wetten nehme ich gerne an. Vielleicht reicht das dann ja wenn schon nicht für eine Villa, dann wenigstens für ein Einzimmerappartement am Rursee?

6 Antworten

  1. https://youtu.be/OwUMzAebSwY

    „9 Millionen Renten sollen gekürzt werden! Christian Lindner ist völlig durchgedreht! FDP adé“

    Lindner, was stimmt mit Dir nicht?
    Schon klar, besser am Steuertrog als Politiker hängen, als nicht zu diktieren !
    Eine Schande für vieles und insbesondere jetzt für Millionen Rentnerinnen, wenn der unsägliche Typ den „Hafenkäse“ im Parlament durch bekommt !
    Hau ab, wirst absolut nicht mehr gebraucht und den Kubicki kannst du gleich mitnehmen !
    Schon einmal was von Vertrauensschutz im Verwaltungsrecht gehört?
    Die gelbe Partei ist u.a. durch Lindner und weitere Trittbrettfahrer fertig, fertiger geht gar nicht mehr !

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  2. https://youtu.be/qNW0nfLvKBw

    https://youtu.be/mDrC-rxYBbw

    Rentenkürzungen – Es könnte noch viel ärger kommen !

    „BESCHLOSSEN: Keine Rente mehr ab 2028? (KEINER spricht darüber)
    Plünderung der Rentenkassen um fast 1 Billion Euro, das ist eine Eins mit 12 Nullen – so viel Geld wurde seit 1957 aus der Rentenkasse geplündert.
    Das sind die wahren Ursachen, warum das Geld fehlt und jetzt von den Steuerzahlern bezahlt werden muss!
    Der große Kollaps im Rentensystem kommt, und zwar schon schneller, als uns lieb ist.
    Deutschland steht am Abgrund: Der Wohlstand zerbricht vor unseren Augen und immer mehr Rentner verarmen.
    Einzelheiten erfahren Sie in diesem Video.“

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    1. … hau rein ………………das dreckspack will unseren staat vollens ruinieren… es reicht … wir sind dem untergang durch politidioten ausgeliefert und verdammt… mit mir nicht…… cdu lebe wohl ihr christlichen vollidioten
      afd und alles wird ok…

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  3. Eine durch und durch verschlagene Gesellschaft hat sich Deutschland zur Beute gemacht . Die Unverfrorenheit , mit der sie vorgehen , weist auf ein Sicherheitsgefuehl hin , das ich mir nur damit erklaeren kann , dass Staatsanwaltschaften und Richterschaften laengst eingebunden sind . Es wird ein paar Bauernopfer geben , um den Schein von Rechtsstaatlichkeit zu wahren , und vielleicht noch eine medienwirksame Konfiszierung nach dem Motto : die Villa am Ammersee ist futsch , die der Ehefrau im Tessin wurde uebersehen , ebenso wie das Gut des Vetters oder Schwagers in der Toscana .