Weitergabe von Nutzerdaten an Regierungen: Kapituliert Telegram nun doch?

Weitergabe von Nutzerdaten an Regierungen: Kapituliert Telegram nun doch?

Telegram – demnächst wohl auch gleichgeschaltet und ein Sicherheitsrisiko für kritische User (Symbolbild:Imago)

Bisher galt Telegram stets als letztes sicheres Refugium für Dissidenten und vor staatlich-justiziellen Übergriffen sicheres Social-Media-Tool sowohl für öffentliche Kanäle mit Broadcast-Funktion  wie auch als Messenger für Gruppen- und Einzelchats; sogar noch vor Twitter, dessen Chef Elon Musk sich mittlerweile zu einem wahren Helden in der Abwehr übergriffiger Bevormundungs- und Zensurversuche gemausert hat. Bei Telegram-Gründer Pawel Durow scheint das leider doch anders zu sein: Ein knapper Monat Zwangsaufenthalt in Frankreich hat offenbar genügt, um diesen so weichzukochen, dass er nun bereit ist, die Prinzipien, die seinen Messengerdienst einzigartig machten, zu verraten. Dazu gehört bislang vor allem die strikte Weigerung, Nutzerdaten an die auch im Westen immer mehr um sich greifenden Zensurregime weiterzugeben.

Diese strikte Vertraulichkeit und Datensicherheit sowie die Weigerung, “Staatstrojaner” zu installieren oder Behörden irgendwelchen Zugriff auf die Identität der Telegram-Nutzer zu gewähren, hat zwar auch zu einer Anreicherung von Perversen, Kriminellen, Terroristen und Psychopathen auf der Plattform gesorgt, andererseits aber auch – in der Abwägung weitaus bedeutsamerer – zahlreichen von den übrigen sozialen Medien gesperrten, verschatteten oder endgültig gelöschten Personen des Widerstands, kritischen Medien und Bloggern der Gegenöffentlichkeit im Westen eine Zuflucht geboten. Auch für die Opposition in totalitären Regimes wie im Iran erwies sich Telegram mehr als einmal als lebensrettendes Netzwerk. Mit dieser Sonderstellung ist es nun offenbar vorbei: Nachdem Durow nun auch im ach so demokratischen “freien Westen” von der Justiz verfolgt und von den Regierung mit letztlich denselben Regulierungsversuchen erpresst wurde, deretwegen er einst das ach so undemokratische Russland verlassen hatte, scheint bei ihm, selbst mittlerweile Multimilliardär, der Widerstandswille zu erlahmen.

Katastrophe für etliche Alternativmedien

Denn Durow verkündete höchstselbst, dass es von nun an eine “engere Zusammenarbeit zwischen Telegram und den Strafverfolgungsbehörden” geben werde. Sofern gerichtliche Anfragen vorlägen, könnten die „IP-Adressen und Handynummern derjenigen, die gegen unsere Regeln verstoßen“, übermittelt werden. Außerdem seien in den vergangenen Wochen bereits „problematische Inhalte“ mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz gelöscht worden. Damit zeichnet sich ab, dass Telegram sein Alleinstellungsmerkmal und damit seinen Status als sicherer Zufluchtsort für Dissidenten aller Art einbüßen wird. Durows seit Jahren eingehaltene Zusage, keine Daten weiterzugeben, löst sich damit also nach vier Wochen in Frankreich, wo er unter fadenscheinigen Anklagen Ende August inhaftiert und dann mit der Auflage, das Land nicht zu verlassen, auf freien Fuß gesetzt worden war, in Luft auf. Die Hintergründe sind noch nicht bekannt und auch nicht, ob Durow seine Zusage wirklich einhalten wird, wenn er erst einmal den Fängen der französischen Justiz entkommen ist; dies bleibt abzuwarten.

Kommt es aber tatsächlich so weit, wäre dies eine Katastrophe vor allem für die reichweitenstarken Alternativmedien und -Publizisten, die vor allem über ihre dortigen Kanäle ihre Hauptzielgruppen erreichen. Tatsächlich zeichnet sich ab, dass nun wohl endgültig Twitter die letzte Hoffnung für die Meinungsfreiheit bleibt – zumindest solange es von Elon Musk geführt wird und dieser Wort hält, nicht einzuknicken. Da Musk, im Gegensatz zu Durow, eine weltbekannte zeitgenössische Figur  ist und eine Vielzahl weiterer wichtiger Unternehmen leitet, dürfte es dem globalistischen System weitaus schwerer fallen, ihn mit solchen Repressionen zur Räson zu bringen. Umgekehrt zeigt der Fall Durow wiederum, wie ernst es den Feinden der Freiheit auch in Europa ist: Sie werden alles in ihrer Macht Stehende tun, um das freie Wort einzuschränken. Das Vorgehen gegen Durow soll dabei sicherlich auch als Exempel dienen, um zu zeigen, dass hier niemand mehr sicher ist.

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