90 Jahre Heimtückegesetz: Die Repressionen sind subtiler geworden

90 Jahre Heimtückegesetz: Die Repressionen sind subtiler geworden

Einzelhaft für Regimegegner: Bald auch in Deutschland gang und gäbe, während musterdemokratische Politiker ihre Hände in Unschuld waschen? (Symbolbild:Imago)

Am 20. Dezember 1934 wurde das „Gesetz gegen heimtückische Angriffe auf Staat und Partei und zum Schutz der Parteiuniformen“ erlassen, das das Vertrauen des Volkes in die Führung schützen sollte. Das wurde zwar nach Kriegsende vom Alliierten Kontrollrat aufgehoben – aber die Erkenntnis, dass in einem demokratischen Staat das Volk ein gesundes Misstrauen in seine Führung entwickeln sollte, hat sich auch nach 1945 nicht vollständig durchgesetzt. Vor zwei Wochen 24 hat der Verfasser hier auf Ansage! die Themen Frieden, Corona-Aufarbeitung, Klimawandel, Meinungsfreiheit, Parteienfilz und LGBTQXYZ-Verirrungen als Inhalte identifiziert, bei denen die Kräfte der Fundamentalopposition den Mainstream-Positionen eine pointierte Gegenposition entgegenstellen müssen (zum LGBTQXYZ-Thema hat der Verfasser überdies bereits jeweils am 1. Oktober und zum Thema Frieden am 10. Oktober in Ansage!-Beiträgen Stellung bezogen. Das heutige Thema kann daher dem Punkt Meinungsfreiheit rubriziert werden.

Der Verfasser ist pensionierter Professor für Betriebswirtschaftslehre und kann diesen Hintergrund bei der Wahrnehmung der politischen Entwicklung nicht ausblenden. Bereits zu Beginn der Corona-Hysterie bewertete er die schnellen Rufe der Politiker nach einem Impfstoff und dem postwendenden Angebot von Bill Gates als eine Marketingkampagne. Es mangelte ihm an Phantasie, dass nach den Erfahrungen mit Contergan jemals ein deutscher Politiker ernsthaft daran denken könnte, ein neuartiges Medikament mit gentechnisch hergestellten Proteinen ohne ausreichende Testphase millionenfach zu verabreichen, und dies noch dazu über repressive Zwangsmaßnahmen. In einer gemeinsamen Initiative mit seinen Professoren-Kollegen Sucharit Bhakdi, Stefan Hockertz, Stefan Homburg und Harald Walach wurde er bereits im April 2020 gegen diese Politik aktiv (siehe hier). Die aktuellen staatlichen Maßnahmen gegen das Recht auf freie Meinungsäußerung erinnern ihn wieder an Vorbilder aus der Wirtschaft.

Tendenz zum Auslagern von Verantwortung

Seit den 90er Jahren wird von den Unternehmen verstärkt das Konzept des Outsourcing verfolgt, mit dem Teile der betrieblichen Wertschöpfung an Zulieferer und Subunternehmer ausgelagert werden. Früher hielten die Unternehmen die vertikale Integration für sinnvoll, also die Kontrolle über möglichst große Teile der Wertschöpfungskette. Mit dem Outsourcing verlagert man nicht nur Aufgaben an Andere, sondern auch Verantwortung: Nicht der Anbieter eines Produkts ist für Umweltverschmutzung oder schlechte Arbeitsbedingungen verantwortlich, sondern der Zulieferer. Auf die Politik übertragen bedeutet dies: Nicht die Politiker waren für die Corona-Maßnahmen verantwortlich – sondern das Robert-Koch-Institut oder informelle Expertengremien haben sie gefordert. Nicht die Politiker sind für die vermehrt bei sportlichen jungen Menschen auftretenden Herzinfarkte und Schlaganfälle als mögliche Nebenwirkungen der sogenannten Impfungen verantwortlich – sondern das PEI hat die Corona-Impfstoffe zugelassen. Nicht die Politiker selbst wollen die AfD unterdrücken – sondern der Verfassungsschutz hat sie als “gesichert rechtsextrem” eingestuft. In der Wirtschaft sind die Zulieferer und Subunternehmer von ihren Großkunden wirtschaftlich abhängig; die nachgelagerten Behörden sind gegenüber den zuständigen Ministern weisungsgebunden.

Eine gesunde Demokratie erfordert ein gesundes Misstrauen der Bürger in ihre Führung und ihre kritische Beobachtung durch die Bürger. Diktaturen wollen Misstrauen und Kritik unterdrücken. Das eingangs erwähnte Heimtückegesetz des Nazi-Regimesformulierte in Paragraph 2, Absatz 1: „Wer öffentlich gehässige, hetzerische oder von niedriger Gesinnung zeugende Äußerungen über leitende Persönlichkeiten des Staates … macht, die geeignet sind, das Vertrauen des Volkes zur politischen Führung zu untergraben, wird mit Gefängnis bestraft.“ In einem Schreiben des Bundesinnenministeriums vom 28. August 2024 an eine BSW-Abgeordnete heißt es bezogen auf die Gummi-Kategorie des Verfassungsschutzes der „Delegitimierung des Staates“, diese meine „…eine ständige Verächtlichmachung von und Agitation gegen demokratisch legitimierte Repräsentantinnen und Repräsentanten sowie Institutionen des Staates.” Und weiter: “Dieses Vorgehen untergräbt die demokratische Ordnung, indem es das Vertrauen in das staatliche System insgesamt erschüttert und so dessen Funktionsfähigkeit gefährdet.“ Es fällt sofort ins Auge: Die Zielsetzung beider Unterdrückungsmaßnahmen ist die gleiche, bloß die Mittel sind andere. Natürlich ist die Beobachtung durch den Inlandsgeheimdienst nicht mit einer Inhaftierung vergleichbar; trotzdem baut sich hier ein Demokratiedefizit auf. Die Verantwortung hierfür übernimmt aber nicht die Politik, sondern der Verfassungsschutz.

Rechtsstaatlich fragwürdig

Aber die Strafrechtsschraube wird jetzt ebenfalls langsam angezogen: Schon seit 2022 muss man mit einer Strafverfolgung wegen “Volksverhetzung” rechnen, wenn man öffentlich die Behauptungen der Regierung zu russischen Kriegsverbrechen in der Ukraine anzweifelt und die vorgelegten Beweise für nicht stichhaltig oder die Beweismittel für gefälscht hält. Würde der Verfasser hier von „angeblichen Kriegsverbrechen“ sprechen, könnte die Strafverfolgung schon wegen dieser „Leugnung“ der von der Regierung verkündeten Wahrheit erfolgen. Obwohl der Verfasser in Spanien wohnt und die Formulierung dort bedenkenlos verwendet hätte, wären die deutschen Behörden zuständig, weil die Veröffentlichung auf einem politischen Blog mit Sitz in Kaiserslautern erfolgt. Auf der eigenen, in Roquetas de Mar beheimateten Website des Verfassers wäre die in Deutschland unterlassene Aussage völlig unproblematisch.

Aktuell berät der Bundestag über ein „Gesetz zur (…) Stärkung des Schutzes von Vollstreckungsbeamten und Rettungskräften sowie von dem Gemeinwohl dienenden Tätigkeiten“. Der vorgeschlagene Text ist wenig spektakulär; in der Begründung laut Bundestagsdrucksache 20/12950 jedoch wird auf Seite 13 die folgende Orientierung ausgegeben: „…um im Lichte der aktuellen Entwicklungen ein klares Zeichen gegen gemeinwohlschädliche und demokratiefeindliche Straftaten im analogen und digitalen Raum zu setzen… Hierdurch sollen Gerichte und Ermittlungsbehörden für die Bedeutung solcher außertatbestandlichen Rechtsfolgen sensibilisiert werden.“ Deshalb ist in Paragraph 46, Absatz 2 Satz 2 Strafgesetzbuch eine regierungskritische Motivation bei einer Verurteilung zum Strafverschärfungsgrund zu erklären. Für die Umsetzung dieser rechtsstaatlich mehr als fragwürdigen und autoritären Vorgabe der Politik bleiben natürlich die Richter mit ihren Verurteilungen verantwortlich; wenn diese Richter aber Karriere machen wollen, wäre eine Missachtung der Wünsche der Ampelunion sehr hinderlich.

Ausgeweiteter Generalverdacht

Es gibt zusätzlich noch die Möglichkeit, dass weisungsgebundene Staatsanwälte schwammige Strafgesetze für eine politische Verfolgung nutzen. So saß der “Querdenken”-Gründer Michael Balweg wegen Untreue und Betrug im Zusammenhang mit dem Umgang mit Spendengeldern fast ein Jahr lang in Untersuchungshaft, der Initiator des Corona-Untersuchungsausschusses Rainer Füllmich sitzt wegen des gleichen Vorwurfs immer noch in Untersuchungshaft. Zum Vergleich: Nach 1990 hat eine westdeutsche Werft mehrere Unternehmen in Mecklenburg-Vorpommern übernommen und die hatten danach für verschiedene Sachinvestitionen Beihilfen bekommen. Zwischen Auszahlung der Beihilfe und Bezahlung der Investition wurden die Gelder zinsbringend angelegt. Weil die Förderbedingungen nur genau definierte Sachinvestitionen und keine Finanzinvestitionen vorsahen, wurde der Vorstandsvorsitzende der Werft wegen Untreue angeklagt, denn die Gelder wurden zweckwidrig verwendet. Das Verfahren wurde erst 2010 eingestellt. Obwohl er wirtschaftlich vernünftig entschieden und sich natürlich niemals persönlich bereichert hat, wurde in den Medien nur die Anklage „Untreue in Höhe von zig-Millionen“ berichtet. Er wurde als Sündenbock dafür aufgebaut, dass Kohls Versprechen von den blühenden Landschaften nicht wahr wurde.

Der Verfasser kennt keine Details aus den Verfahren Balweg und Füllmich; hier könnte aber durchaus ähnlich argumentiert werden. Und über allem wird auch der Generalverdacht schweben, dass die Regimekritiker über die Spendenkonten aus Moskau finanziert werden. Weil dafür Sanktionen umgangen werden müssten, dürfte regelmäßig immer auch wegen Geldwäsche ermittelt werden.  Und schließlich gibt es noch die Möglichkeit, Regierungskritiker zu schikanieren, z.B. dass bei ihnen bevorzugt Steuerprüfungen angeordnet werden und sie es mit einem „harten Hund“ als Prüfer zu tun bekommen. Die Bürokratie-Keule wirkt aber auch durch die Datenschutzgrundverordnung. Das Internet hat es Normalbürgern sehr erleichtert, mittels Website Informationen und Meinungen zu verbreiten. Die hohen bürokratischen Anforderungen an den Betrieb von Webseiten sollen abschreckend wirken und die Entwicklung der letzten Jahre zurückdrängen.

Die fatale Rolle der NGOs

Neben dem Outsourcing von ist auch die Erfindung der SPEs (“Special Purpose Entitys”) von der Politik übernommen worden: Dabei werden Unternehmen von Strohmännern gegründet und geführt, damit sie formal nicht zu einem Konzern gehören. Die SPEs und ihre Strohmänner sind aber von der Konzernleitung wirtschaftlich anhängig und die SPEs sind dann voll in die Unternehmenspolitik eingebunden. Der US-Energiekonzern Enron hat vor 2001 SPEs benutzt, um Schulden auszulagern und so die Konzernbilanz zu frisieren. Lehman Brothers hat mittels SPEs faule Immobilienkredite als seriöse Unternehmensanleihen unverpackt und an der Börse verkauft. Die Politik hat sich von diesem Instrument inspirieren lassen und die NGOs (None-Governmental Organisation) erfunden. Ex-Politiker oder andere der Politik nahestehende Personen gründen einen Verein, der dann staatliche Fördergelder beantragt und bewilligt bekommt. Würde Otto Normalverbraucher einen Verein gründen, würde er natürlich keine staatliche Förderung bekommen, weil sein Verein wirklich eine Nicht-Regierungs-Organisation wäre. Die NGOs funktionieren dann im Regierungsbetrieb wie SPEs, auf die staatliches Handeln ausgelagert wird. Die Regierungen steuern ihre NGOs, wie die Konzernleitungen ihre SPEs steuern. Regierungspolitik soll wie die Unternehmenspolitik undurchsichtig werden.

Die Rolle der SPEs wird auch von den öffentlich-rechtlichen Medien eingenommen. Sie sind formal unabhängig, aber von den staatlich festgesetzten Rundfunkgebühren wirtschaftlich abhängig. Zudem gibt es von Politikern besetzte Aufsichtsgremien, die auch über die Besetzung der Spitzenposten entscheiden. Natürlich werden auf diesem Wege Personen eingesetzt, die der Regierung und der regierungstreuen Opposition bedingungslos folgen werden. Die moderneren NGOs sind eigentlich nur eine Erweiterung. Sie werden bevorzugt für die Diffamierung politischer Gegner wie SPEs genutzt, etwa als “Faktenchecker” oder Recherchenetzwerke. Sie können unkontrolliert Halbwahrheiten verbreiten und können dabei auch vom Inlandsgeheimdienst versorgt werden. Gegen den Geheimdienst kann man sich theoretisch vor den Verwaltungsgerichten wehren, NGOs müssen vor den Zivilgerichten auf Unterlassung verklagt werden. Hier ist die Beweislast ungünstiger verteilt.

Debanking und Bruch des Bankgeheimnisses

Aktuell wurde der Einsatz der NGO-SPEs bei der Überwachung des EU-Zensurgesetzes „Digital Services Act“, die von Robert Harbeck (warum ist hier eigentlich nicht Nancy Faeser zuständig?) auf „Trusted Flagger“ outgesourct wird, zum Thema. “Reitschuster.de” berichtete am 9. Oktober 2024 über die Benennung der NGO-SPE „Meldestelle REspect“, dessen Leiter von Ansage! Gastautor Collin McMahon Nähe zu dem Muslim-Brüdern vorgeworfen wurde. Dadurch wurde das Outsourcing im konkreten Fall erst öffentlich. Eine staatliche Zensurbehörde wäre nach Grundgesetz Artikel 5, Absatz 1, Satz 3  ausdrücklich verboten. Es werden jetzt aber privatrechtliche Vereine tätig, die von der Regierung nur finanziert, aber natürlich nicht kontrolliert werden. „Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute!

Anders als die Konzerne hat die Politik noch weitere Möglichkeiten, ihre Verantwortung auf andere Institutionen abzuschieben. An erster Stelle ist hier die EU zu nennen. Es wird angeführt, dass man verpflichtet wäre, EU-Recht umzusetzen. Dass gerade Deutschland dieses EU-Recht zuvor wesentlich mitgestaltet hat, wird verschwiegen. Nicht ganz eindeutig zu klären ist, von wem die Unterdrückungsmaßnahme des Debankings ausgeht, also die Kündigung von Bankkonten von Regimekritikern. Eigentlich gibt es ein Bankgeheimnis; der Verfasser weiß auch nicht, bei welchen Banken Olaf Scholz, Friedrich Merz, Robert Harbeck oder Christian Lindner ihre Konten unterhalten. Es stellt sich die Frage, wie NGO-SPEs überhaupt an die nötigen Informationen gekommen sind, mit denen sie Druck auf Banken ausüben können.  Wenn Spendenkonten geführt werden, müssen die Daten natürlich öffentlich sein. Sollten die als private Bankkonten geführt werden, würden die vielen Geldeingänge die Banken selbst stören. Eigentlich wären dies Geschäftskonten, für die deutlich höhere Bankgebühren anfallen. Wenn dann noch öffentliche Anfeindungen und Ermittlungen der Staatsanwaltschaft hinzukommen, bedarf es wohl keines offenen politischen Drucks mehr.

Zusammenfassend kann man feststellen, dass der Schutz des Vertrauens in die Staats- und Parteiführung heute sehr viel subtiler erfolgt als vor 90 Jahren. Es haben sich aber auch die allgemeinen Sitten in Wirtschaft und Politik verändert. Der ehrbare Kaufmann, der für sein Produkt Verantwortung übernimmt, ist ebenso aus der Mode gekommen wie die Übernahme politischer Verantwortung durch Staatsmänner mit Rückgrat. Es zählt nur noch Cleverness; Moral sucht man vergeblich. In den Nullerjahren haben Enron und Lehman Brothers die Investoren an der Börse betrogen; heute betrügen viele Politiker mit vergleichbaren Instrumenten die Wähler. Doch wie bei Börsenprospekten gilt auch bei Wahlwerbung: Man sollte man nicht auf bunte Bilder hereinfallen. Man muss genauer hinsehen.

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