Freitag, 20. September 2024
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Hasnain Kazim und die Dunkeldeutschen: Radtour ohne jede Horizonterweiterung

Hasnain Kazim und die Dunkeldeutschen: Radtour ohne jede Horizonterweiterung

Autor Hasnain Kazim: Gespräche mit AfD’lern hinter starren Scheuklappen (Foto:Imago)

Da fährt einer kreuz und quer durch Deutschland, um das Land zu ergründen – und kehrt am Ende doch nur mit den kleingeistigen Stereotypen zurück, die er schon bei der Abfahrt im Gepäck hatte: Der linksextreme Autor Hasnain Kazim hat eine Fahrradtour durch Deutschland unternommen und in Buchform veröffentlicht. Natürlich durfte dabei das obligatorische Motiv nicht fehlen, sich auch einen Eindruck von AfD-Wählern in Ostdeutschland zu verschaffen; eine Methode, die derzeit auch von Pseudoinvestigativjournalisten wie Paul Ronzheimer bei ihren Expeditionen durch Dunkeldeutschland in Grzimek- oder Sielmann-Manier praktiziert wird  Der Ossi, das unheimliche Wesen… für linke Hobby-Anthropologen und postmoderne Schädelkundler 2.0 immer ein lohnendes Studienobjekt! Allerdings hätte sich der radelnde Haznain seinen Trip zumindest in dieser Hinsicht sparen können. Denn, wie er im Interview mit „Focus online“ bestätigt, fühlte er sich anschließend – welch Wunder! – „in meiner früheren Einschätzung bestätigt“. Die da lautet: „Wer die AfD wählt, ebnet Rechtsextremisten auf demokratischem Wege den Weg an die Macht.“ So ist das eben, wenn die innere Einstellung so monolithisch und starr festsitzt, dass sie durch äußere Eindrücke ohnehin nicht mehr erreicht geschweige den geändert werden kann. Wahrnehmungen können durch diese gestrigen Scheuklappen, bei Hirnen im Zustand solcher Inferenz und Voreingenommenheit, ohnehin nichts mehr bewirken, zumal sie bei den Kazims dieses Landes nur selektiv sind. Diese könnten gleich zuhause in der Besenkammer bleiben und würden ebenso viel mitbekommen von der Welt, bei ihrem geschlossenen Denkgebäude.

Immerhin – wie gnädig! – hält Kazim nicht alle AfD-Wähler für Rechtsextremisten: Viele würden eben keine Zeitung lesen oder keine Nachrichtensendungen sehen oder hören, sondern sich “nur über alternative Kanäle” über die AfD informieren, beklagt er. Dass dies daran liegen könnte, dass immer mehr Menschen das einseitig-primitive AfD-Bashing im ÖRR und den anderen selbsternannten „Qualitätsmedien“ nur noch auf die Nerven geht und sie sich breiter und objektiver informieren wollen, kommt ihm offenbar nicht in den Sinn. Weiter mutmaßt er, dass der Thüringer AfD-Chef Björn Höcke „Remigration“ fordere, und das von angeblich weitaus mehr Menschen als denjenigen, „die gerade keinen Aufenthaltstitel haben“. Außerdem schreibe Höcke von einer Politik der „wohltemperierten Grausamkeiten“, um die man nicht herumkommen werde. Dies sei vielen AfD-Wählern “gar nicht bewusst”, meint Kazim. Doch, Hasnain: Das ist ihnen bewusst, wie jedem, der sich einmal ernsthaft mit Inhalten und nicht nur mit bösartig aus dem Zusammenhang gerissenen Triggerbegriffen auseinandersetzt: Höcke beschreibt sehr genau, was er damit meint – die Absenkung von Anreizen und die Vermeidung von Push-Faktoren zwecks Steuerung der Migration. Nicht das dumme Geseier von menschenverachtenden finstreren Plänen.

Das übliche Gewäsch vom Extremismus

Zwar verstehe er, dass diese von der Aufarbeitung der Corona-Krise, der Diskussion über Klimaschutz und der Migrationsdebatte „gefrustet“ seien, so Kazim; er habe ihnen aber erklärt, es könne doch nicht sein, „dass man aus Frust Extremisten seine Stimme“ gebe. Auch hier wieder: Das Gewäsch vom Extremismus ist an Unterkomplexität und Unschärfe kaum zu stoppen. Wer “unzufrieden” mit der Politik sei, habe auch andere Möglichkeiten, als eine “Partei am rechten Rand” zu wählen – etwa, sich in „tatsächlich demokratischen Parteien oder Organisationen“ zu engagieren und die eigene Kritik, die eigenen Ansprüche direkt einbringen. Dann ändere sich Politik auch. So so… danke, Herr Professor! Abgesehen davon, dass Kazim hier der AfD wieder einmal ohne irgendeine Begründung (die gibt es auch schlicht nicht) den demokratischen Charakter abspricht, zeigen ja gerade alle Erfahrungen, dass die anderen, angeblich „tatsächlich demokratischen“ Parteien nicht nur nichts gegen die Probleme im Land tun, sondern sie sogar verschlimmern oder überhaupt erst verursachen.

Auch in Brandenburg befürchtet Kazim ein ähnlich gutes AfD-Ergebnis wie in Sachsen und Thüringen. Die Menschen seien „getrieben davon, was sie stört und wer – scheinbar – etwas dagegen tut“. Dass die AfD in mehreren Bundesländern “rechtsextrem” ist (natürlich darf auch die Wiederholung dieses Propagandamantras nicht fehlen), schrecke sie kaum ab, erklärt er. Seiner Ansicht nach ist AfD-Wählen inzwischen „keine reine Protestaktion mehr“. Viele Menschen würden der Partei „leider“ wirklich zutrauen, Probleme besser in den Griff zu bekommen als die anderen, etwa in der Migrationspolitik. Auch hier macht er sich nicht die Mühe auszuführen, warum man zu den Alt-Parteien nach deren katastrophalen Darbietungen der letzten 20 Jahre noch Vertrauen haben sollte. Dass sie es nicht besser, sondern nur schlimmer machen, zeigen sämtliche Wirtschafts- und Sozialdaten sowie der Gang in eine beliebige deutsche Innenstadt. Kazim findet zwar für einen Autor seiner ideologischen Herkunft bemerkenswert kritische Worte zum woken Anti-Rassismus-Wahn; das angebliche Interesse für AfD-Wähler lässt sich aber nicht erkennen. Hier hat auch er nur plumpe und realitätsferne Belehrungen von oben herab zu bieten. Tip: Entweder wirklich mit den Leuten und reden und ihnen zuhören – oder das nächste Mal mit dem Fahrrad daheimbleiben (oder durch den Prenzlauer Berg unter Gleichgesinnten radeln).

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