Der gefährlichste Oktober der Weltgeschichte

Der gefährlichste Oktober der Weltgeschichte

In Erwartung des letzten Zündfunkens (Symbolbild:Pixabay)

Die Weltlage ist in diesen Tagen bis zum Zerreißen gespannt. Ich wage hier die Einschätzung, dass wir uns in einer vergleichbaren Situation befinden wie einst am Vorabend der Weltkriege im Juli 1914 und August 1939. Vom gefährlichsten Oktober der Weltgeschichte zu sprechen, erscheint angesichts der realen Möglichkeit eines Dritten Weltkrieges mit Nuklearwaffen als nicht übertrieben. Zwar fand eigenartigerweise auch die Kubakrise des Jahres 1962 im Monat Oktober statt, aber in der heutigen Lage scheint mir der „Atomknopf“ gleich für mehrere Akteure näher zu liegen als damals im „nuklearen Schachspiel“ der Supermächte USA und Sowjetunion. Eine Analyse der gegenwärtigen Situation ist deshalb äußerst schwierig, weil dabei gleichsam eine der Geschichtsschreibung entlehnte Perspektive auf die unmittelbare Gegenwart angewendet werden muss. Im Vergleich zu den genannten Bezugsmarken 1914 und 1939 muss bedacht werden, dass in beiden Fällen die uns heute bekannten Folgewirkungen keineswegs zwangsläufig waren.

Die Weltkriege hätten damals vermieden werden können, aber sie hätten auch mit grundlegend anderen Frontstellungen ausbrechen können als in der späteren Realität. Genauso existiert heute eine Vielzahl möglicher friedlicher und militärischer Szenarien, und es besteht auch keine Notwendigkeit für den vielbeschworenen „Flächenbrand“. Er wird aber dadurch sehr wahrscheinlich, dass sowohl der Ukraine-Konflikt als auch der Nahostkrieg einer unerbittlichen Eskalationslogik folgen, in der sich jeweils beide Seiten Frieden nur als Folge eines vollständigen Sieges vorstellen können. Darüber hinaus existieren Wechselwirkungen zwischen den beiden aktuellen Kriegsschauplätzen, zu denen sich als potentielles weiteres Schlachtfeld auch noch der Pazifik mit seinen Brennpunkten in Taiwan und Korea hinzugesellt. Der Dritten Weltkrieg würde dann zwischen dem Westen mitsamt seinem äußeren Vorposten Israel und den prowestlichen Staaten Ostasiens wie Japan und Südkorea einerseits und einer um Russland, den Iran, die Volksrepublik China und Nordkorea gruppierten antiwestlichen Allianz, der sich weitere Staaten, insbesondere aus der BRICS-Gruppe, hinzugesellen könnten, andererseits ausgetragen werden.

Große Täuschung

Beginnen wir die Analyse aber nicht auf den tatsächlichen und potentiellen Schlachtfeldern, sondern in einem anderen, nicht minder wichtigen Knotenpunkt der Ereignisse, nämlich in Washington. Dort erscheint die Lage als extrem unübersichtlich. Die Präsidentschaftskandidatur von Kamala Harris wirkt immer mehr wie eine große Täuschung. Der „Spiegel“, der natürlich vollkommen einseitig auf der Seite von Frau Harris steht, hat mit seiner Titelgeschichte von vorletzter Woche ihre Kampagne ungewollt entlarvt. Sie wird von ihrem Umfeld fast schon hermetisch von einer breiteren Öffentlichkeit und kritischen Diskussionen abgeschirmt. So gewinnt man aber keine US-Präsidentschaftswahl. Bewerber für das Weiße Haus müssen sich normalerweise in einer wahren Ochsentour durch alle 50 Bundesstaaten, die schon im Jahr vor der Wahl beginnt, allgemein bekannt machen und dabei vor allem Präsenz und Sensibilität für die Probleme der Bevölkerung demonstrieren. Genau das hat Kamala Harris nicht getan und tut es auch jetzt nicht. In besseren Zeiten hätte der „Spiegel“ sich eine Titelgeschichte über die demokratische Präsidentschaftskandidatin nicht aus den Fingern saugen müssen, sondern sehr wahrscheinlich ein längeres Interview mit ihr führen können, zumal Deutschland für die USA kein unwichtiger Verbündeter ist.

So gewinnt man den Eindruck, dass der eigene Regierungsapparat Frau Harris genauso von der Regierungsmacht fernhalten will, wie das schon in ihrer Funktion als Vizepräsidentin geschah, in der sie völlig farblos blieb. Gleichzeitig hat der demente Greis Joe Biden formal weiterhin eine Präsidentschaft inne, die er ganz offensichtlich nicht mehr annähernd angemessen ausüben kann. Donald Trump zieht währenddessen in der Rolle eines Messias durch das Land, für den er sich anscheinend auch selbst hält, aber dieser Schurke darf einfach nicht noch einmal US-Präsident werden und wird – zumindest meiner Meinung nach – auf irgendeine Weise auch daran gehindert werden. Es wird keine Wiederholung der Briefwahlmanipulationen von 2020 geben, weil die Republikaner dies durch ein dichtes Netz von Wahlbeobachtern unmöglich machen werden. Stattdessen scheint (wenn man die Möglichkeit von Attentaten einmal außen vor lässt) alles darauf hinauszulaufen, dass die Präsidentschaftswahl nicht mehr stattfinden wird, weil die USA schon vorher in einen großen Krieg eingetreten sind.

Deutsche Regierung als willenlos Getriebene weltpolitischer Ererignisse

Wer in Washington wirklich die Macht hat und damit auch für diesen Krieg verantwortlich sein wird, wissen wir nicht. Man kann aber aus den bekannten Ereignissen schließen, dass diese hintergründige Kriegspartei schon sehr bald durchgreifende Siege über Russland und den Iran erringen will, um sich selbst an der Macht zu halten und dann mit diesen Siegen als Rückenwind einen wirklichen Biden-Nachfolger in ihrem Sinne im Weißen Haus zu installieren, den wir heute nicht kennen. Biden, Harris und Trump spielen meiner Meinung nach in der gegenwärtigen Krise keine entscheidenden Rollen mehr. Die US-Kriegspartei besitzt aber im Hintergrund eine fast vollkommene Machtfülle und wird diese in ihrem Sinne nutzen. In Washington stehen die Zeichen also auf Krieg und nicht auf Frieden. Dieser Zustand überträgt sich wegen des fast schon sklavischen Vasallenstatus der von Olaf Scholz geführten Bundesregierung gegenüber den USA direkt auf die Bundesrepublik. Der Unterschied besteht allein darin, dass unsere Regierenden nicht Treiber, sondern fast willenlose Getriebene der weltpolitischen Ereignisse sind.

Die ganze Art und Weise, wie die Ampelregierung seit fast einem Jahr schwere innenpolitische Krisen – Wirtschaftsabschwung, Demokratiegefährdung durch politischen Radikalismus gleich mehrere Akteure, Zerfall der Infrastruktur bis hin zu drohenden Systemkollapsen – als unwichtig oder gar als nicht existent abtut, lässt für mich nur den Schluss zu, dass aus der Sicht von Olaf Scholz, Robert Habeck und Christian Lindner tatsächlich eine Problemlage existiert, welche die genannten Miseren in den Schatten stellt. Die Bundesregierung rechnet offenbar mit einem kriegerischen Ernstfall, der schon sehr bald eintreten könnte, und in dem sie dann ihre wahre Mission erfüllen will. Ein Bestandteil davon dürfte leider die kriegsbedingte Aktivierung der Notstandsgesetze von 1968 sein, was insbesondere die Presse-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit für Oppositionelle stark einschränken würde. Das „Compact“-Verbot des vergangenen Sommers könnte nur eine leise Vorahnung für kommende „Medienputsche“ geliefert haben.

Raketenangriff auf Ramstein-Konferenz?

Eine weitere Bedrohung unserer inneren und äußeren Sicherheit steht schon in den nächsten Tagen an. Der Kriegsrat, den Joe Biden, Olaf Scholz, Wolodymyr Selenskyj und zahlreiche andere Staats- und Regierungschefs ausgerechnet in Ramstein abhalten wollen, bringt das politische Führungspersonal des Westens kollektiv ins Schussfeld russischer Raketen. Ramstein ist mehr als jeder andere Ort dieser Welt zum Synonym für unrechtmäßige und imperialistische Militäraktionen der USA geworden, für die seit mehr als 20 Jahren im ewigen, weltweiten „Krieg gegen den Terror“ jedes Mittel recht ist, also auch die gezielte Tötung von zu Unrecht unter Terrorverdacht gestellten Menschen bei Inkaufnahme massiver „Kollateralschäden“ mittels vor allem von Ramstein aus gesteuerter Lenkwaffen. Ich will hier einen „Enthauptungsschlag“ Wladimir Putins gegen die führenden Kriegspolitiker des Westens nicht als wahrscheinlich bezeichnen, aber man muss in der gegenwärtigen Weltlage, in der zunehmend Tabus gegenüber solchen Zivilisationsbrüchen fallen, wirklich alles für möglich halten. Ein russischer Raketenangriff auf die Ramstein-Konferenz ist ein reales Risiko, für das man nicht unbedingt auch noch die Voraussetzungen erzeugen muss, indem man ein solches Ziel unnötig selbst erst erschafft.

Damit sind wir beim Thema Ukraine angekommen. Appelle zu Friedenslösungen erscheinen dort mehr und mehr als völlig unrealistisch. Gerade Deutschland hat dazu viel zu wenig Einfluss auf die Kriegsparteien. Unverbesserliche „Friedensapostel“ müssten zumindest zur Kenntnis nehmen, dass auch die Vermittlungsversuche des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán im Juli zu keinerlei Ergebnissen geführt haben. Orbán selbst musste seinerzeit enttäuscht feststellen, dass beide Konfliktparteien keinen Frieden wollen, sondern einen vollständigen Sieg anstreben. Im Falle der personell ausgezehrten Ukraine wäre dies aber nur möglich, wenn massive NATO-Angriffe mit Flugzeugen oder Raketen Russland entscheidend schwächen würden. Genau so etwas soll offenbar bei der schon erwähnten Ramstein-Konferenz endgültig beschlossen werden. Russland selbst ist zwar längst nicht so stark, wie es viele Kommentatoren in deutschen Alternativmedien immer noch wähnen, aber es hätte ohne Zweifel alle Möglichkeiten, auf eine NATO-Attacke selbst mit Raketenangriffen auf NATO-Gebiet zu antworten.

Farce der Berliner “Friedensdemonstration”

In Deutschland gelegene Militärstützpunkte wie Ramstein oder Büchel wären nicht unwahrscheinliche Ziele solcher Aktionen, auch wenn in russischen Medien immer öfter Großbritannien als Hauptfeind Russlands genannt wird. Wie sich die Bundesregierung in einer solchen Situation verhalten würde, ist vor allem deshalb kaum vorhersagbar, weil man nicht genau weiß, wie groß der US-amerikanische Erpressungsdruck ist. Wenn Olaf Scholz allerdings nach einer amerikanischen Freigabe Tornado-Kampfflugzeuge der Luftwaffe mit US-Atombomben zu einer Revanche in Richtung Russland starten ließe, würde dies nichts anderes bedeuten als den Untergang Deutschlands in einem nuklearen Inferno. Die Brisanz der gegenwärtigen Situation ist allzu vielen Zeitgenossen kaum bewusst. Wenn ich mich an meine eigene friedensbewegte Jugend in den 1980er Jahren erinnere, komme ich unweigerlich zu dem Schluss, dass die damalige bundesdeutsche Bevölkerung, wenn sie denn in unserer Gegenwart existierte, zu Millionen für ihren schieren Selbsterhalt auf die Straßen gehen würde.

Stattdessen kommt es zu traurigen Farcen wie der Berliner „Friedensdemonstration“ des 3. Oktober. Dort versuchten Sahra Wagenknecht und Co., eine Volksfront aus Linksradikalen, Rechtsradikalen und Islamisten zu schmieden, deren Bindemittel ein kaum verbrämter Antisemitismus und die Erwartung sind, sich durch ein Bündnis mit Wladimir Putin von der Westbindung Deutschlands zu „befreien“ und ein Weltbild anzunehmen, das im Umfeld des unsäglichen Ribbentrop-Molotow-Paktes des August 1939 anzusiedeln ist. Noch schlimmer waren die Jubelkundgebungen zum ersten Jahrestag des nahöstlichen Zivilisationsbruches vom 7. Oktober 2023. Dass so etwas in der heutigen Bundesrepublik trotz aller staatlichen Repressionspolitik nicht einfach verboten wird, kann man nur als Schande für Deutschland bezeichnen.

Zweifelhafte israelische Überlegenheit

Damit haben wir zum Nahostkonflikt übergeleitet. Auch dort ist die Lage verworren, und der publizistische Beobachter muss sich zu allererst eingestehen, dass vieles unterhalb des Radars der Öffentlichkeit abläuft. Deshalb können hier nur einige Gedanken angerissen werden. Zunächst einmal ist Israel derzeit keineswegs so überlegen, wie es scheint. Die Israelis müssen schon jetzt ihre Luftwaffe an mehreren Fronten gleichzeitig einsetzen, und diese Dauerbombardements lassen sich weder über eine unbegrenzte Zeitspanne fortsetzen noch können sie den Krieg wirklich entscheiden. Die Bodenoperationen im Gazastreifen scheinen außer einem wilden Wüten, welches das Ansehen Israels in der Weltöffentlichkeit immer mehr herabsetzt, nicht viel zu bewirken. Nach einem Jahr Krieg kann die Hamas weiterhin Raketen von Gaza bis nach Tel Aviv schießen. Im Südlibanon sind die Berg- und Tunnelfestungen der Hisbollah noch sehr viel stärker als diejenigen der Hamas im Gazastreifen, und obendrein sind die Hisbollah-Kämpfer im Unterschied zur Hamas exzellent militärisch trainiert. Ein durchgreifender Sieg Israels erscheint deshalb auch im Libanon kaum als möglich.

Wenn die Israelis jetzt auch noch den Iran aus der Luft attackieren wollen, könnten sie sich damit hoffnungslos überfordern, und im Kampf mit den sehr leistungsfähigen russischen Luftabwehrsystemen Teherans könnte die israelische Luftwaffe stark dezimiert werden. Es ist darüber hinaus praktisch unvermeidlich, dass ein israelischer Angriff auf den Iran die USA direkt in den Krieg hineinziehen würde. Ähnlich wie Russland im Ukraine-Konflikt ist der Iran der feindlichen Koalition zwar unterlegen, aber trotzdem stark genug, um in seinem Überlebenskampf gewaltigen Schaden anzurichten. Die Versenkung von US-Kriegsschiffen im Persischen Golf wäre genauso möglich wie verheerende Attacken auf die mit dem Iran verfeindeten sunnitischen Golfstaaten mit ihren Ölanlagen und Wolkenkratzern. Auch eine Sperrung der Straße von Hormuz und damit eine Blockade eines großen Teils des weltweiten Handels mit Rohöl wäre denkbar. Nukleare Optionen will ich hier nicht herbeiphantasieren, aber sie existieren durchaus auf beiden Seiten. Für die USA und Israel besteht darin sogar die wohl einzige Chance auf einen endgültigen Sieg.

Dramatische Eskalation in Nahost denkbar

Andererseits könnte sich der Iran im Verborgenen bereits Nuklearsprengköpfe verschafft haben, sodass israelischen Angriffen auf die bekannten Atomanlagen in Natanz und Fordow gar nicht mehr die Bedeutung zukäme, die manche Analysten darin sehen. Von einem möglichen iranischen Atomwaffentest wurde in den letzten Tagen bereits berichtet, allerdings nicht aus zuverlässigen Quellen. Wenn der Iran „die Bombe“ bereits besäße, dann würde sich der geheimnisumwitterte israelische Atomreaktor von Dimona als Ziel geradezu anbieten. Die Folgen einer solchen Aufwirbelung von radioaktivem Material mag man sich lieber nicht vorstellen. Israel könnte in einer solchen Situation mit einem nuklearen Zweitschlag reagieren, der den Konflikt gleichfalls in den Bereich religiöser Endzeitszenarien treiben würde.
Es kann auch etwas ganz anderes, völlig Unerwartetes passieren. In diesem Zusammenhang ist es höchst interessant, dass in der letzten Woche in – allerdings unbestätigten – Medienberichten von Luftkämpfen Israels mit in Syrien stationiertem russischen Militär die Rede war. Dies würde die weiter oben erwähnte direkte Wechselwirkung des Nahostkonfliktes mit dem Ukraine-Krieg erzeugen.

Russische Raketenangriffe auf Israel würden die Konfliktlage dramatisch verändern. Ähnliches würde geschehen, wenn die fortgesetzte Intensität israelischer Luftangriffe mit ihren unvermeidlichen Folgen für die Zivilbevölkerung einen Volkszorn in den sunnitisch-arabischen Staaten auslösen würde, der die dortigen Regierungen zur Aufgabe ihrer uneingestandenen Sicherheitspartnerschaft mit Israel zwingt. Darüber hinaus könnte sich der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan am Ende seines politischen Lebens in der Versuchung sehen, sich als moderner sunnitischer Kalif zu inszenieren und mit einem großen Sieg über Israel in die Reihe der großen osmanischen Sultane einzugehen. Die militärischen Kapazitäten für ein solches Vorgehen besitzt die Türkei ohne jeden Zweifel. Insgesamt könnten sich Israel, und damit auch die USA, am Ende einer derartigen muslimischen Übermacht gegenübersehen, dass trotz ihrer erdrückenden qualitativen Überlegenheit keine Hoffnung auf ihren militärischen Erfolg mehr bestünde.

Hoffen auf eine gewaltfreie globale Lösung

Damit will ich die Spekulationen beenden. Was jedoch als völlig unrealistisch erscheint, sind Phantasien deutscher Mainstream-Medien wie der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ über eine „Mäßigung“ und sogar die Möglichkeit einer – in der Realität schon seit Jahrzehnten klinisch toten – „Zweistaatenlösung“. Die Zeichen stehen auf Eskalation – und zwar sowohl im Nahen Osten als auch in der Ukraine. Wir können als Deutsche nicht viel dagegen tun. Zwar sollte unser Land nicht aggressiv in bereits aus der Kontrolle geratende Konflikte eingreifen, aber das vollständige Sich-Heraushalten aus Kriegen, die uns angeblich “nichts angehen”, wie es viele Oppositionelle meinen, ist in der Praxis nicht möglich. Der Ukraine-Krieg ist uns räumlich viel zu nah, um ihn zu ignorieren, was allein schon die über eine Million ukrainischer Flüchtlinge in Deutschland beweisen. Darüber hinaus geht es dort um Prinzipien wie territoriale Integrität und nationale Souveränität, die für jeden Staat auf der Welt existentiell wichtig sind und deshalb keine Neutralität erlauben. In einer Welt, in der wie vor hundert Jahren Gebietsansprüche an Nachbarn mit der Vorstellung gerechtfertigt werden, dass fremdes Territorium „eigentlich“ dem eigenen Land gehören würde, wäre jeder einzelne Staat aus Gründen des Selbstschutzes zu einer irrwitzigen Militarisierung gezwungen.

Die „regelbasierte Weltordnung“ ist zwar keineswegs vollkommen – aber es hat seit der Gründung der Vereinten Nationen im Jahre 1945 trotzdem nur erstaunlich wenige zwischenstaatliche Kriege gegeben, was einen großen Fortschritt darstellt. Im Nahostkrieg kann Deutschland wiederum deshalb nicht neutral sein, weil Juden und Moslems – ob wir das wollen oder nicht – mit ihren äußeren Interessen Teil der deutschen Gesellschaft sind. Wir müssen mit den kriegerischen Bedrohungen unserer Gegenwart leben und können uns ihnen nicht entziehen. Es bleibt nur die Hoffnung, dass am Ende des gefährlichsten Oktobers der Weltgeschichte nicht wie 1914 und 1939 ein Weltkrieg steht, sondern wie bei der Kubakrise von 1962 eine gewaltfreie Lösung, die Ansätze zur zukünftigen Vermeidung unerträglicher weltpolitischer Spannungen in sich trägt.

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