Die Friedensbewegung schweigt

Die Friedensbewegung schweigt

Erste deutsche Friedensbewegung in den 1970er Jahren: Es braucht mehr zivilen Widerstand gegen die Kriegstreiberpolitik auch in Deutschland (Foto:Imago)

So kann es nicht weitergehen. In der Ukraine liegen sich ukrainische und russische junge Soldaten in Schützengräben gegenüber und warten darauf, die gleichaltrigen Jungens von gegenüber, wie befohlen, abzuknallen – ein Stellungskampf wie im Ersten Weltkrieg (Stichwort Verdun)! Währenddessen sind sich praktisch alle Militärs einig, dass dieser Krieg keinen Sieger haben kann. Aber trotzdem liefert die Berliner Ampelregierung auf Drängen von NATO und USA weiterhin und immer mehr und neue Waffen ins Kriegsgebiet. Schlimmer noch: Nun soll sogar die Reichweitenbeschränkung von Raketen aus Großbritannien und den USA, deren Missionsplanung komplett im Reach-Back beziehungsweise Heimatland erfolgt, aufgehoben werden; eine weitere tiefgreifende und gefährliche Eskalation.

Bei alledem weiß jeder: Ein Ende des Ukrainekriegs ist unumgänglich – schon allein deshalb, da sich das machtpolitische Weltgeschehen längst vom europäischen in den ostasiatischen Raum verlagert hat. „Diesen Krieg kann niemand gewinnen“ – so der frühere Generalinspekteur der Bundeswehr, Harald Kujat, mit Verweis auf die militärische Pattsituation. Zudem: „Einen Krieg gewinnt man dann, wenn man die politischen Ziele erreicht, derentwegen man diesen Krieg führt.“ Und die ursprünglichen Kriegsziele beider Seiten sind laut Kujat nicht mehr realistisch.
Und für Deutschland wird die Sicherheitslage immer bedrohlicher. Auch nach einem möglichen Kriegsende lastet auf der deutschen Bevölkerung inzwischen das Gefühl permanenter Kriegsnähe. Dagegen muß sich ziviler Widerstand der Friedensbewegung regen.

23 verlorene Jahre

Am 25. September 2001 hielt Russlands Präsident Wladimir Putin im Deutschen Bundestag eine Rede, in der er – anknüpfend an Michail Gorbatschows „Neues Denken“ – die Bildung einer europäischen Sicherheitspartnerschaft von Lissabon bis zum Ural vorschlug respektive anbot. Die Standing Ovations der Bundestagsabgeordneten wollten damals kein Ende nehmen. Die später folgende schroffe Ablehnung bezeichnete Horst Teltschik, der Architekt des Zehn-Punkte-Plans zur Deutschen Einheit, als den größten aussenpolitischen Fehler nach der Wiedervereinigung. Natürlich ist Putin ein Machtmensch, der ein großes Russland beherrschen will. Er hat aber auch als Realpolitiker eingesehen, dass allein die demographische Situation – wie in Deutschland geht auch in Russland die Bevölkerungszahl ohne Zuwanderung zurück – die von der Ampel-Regierung herbeigeredete Expansion des russischen Territoriums nach Westen bis Berlin unmöglich macht.

Selbst nach einem wie auch immer gestalteten Kompromiss-Frieden des Ukrainekonflikts würde man sich demnächst dann wieder sicherheitspolitisch in einer ähnlichen Lage befinden wie an jenem 25. September 2001, wobei diesmal  jedoch alles weitaus schwieriger ist: Sanktionen, Nord Stream-Sabotage durch die USA, Ukraine und Polen, permanentes Russland-Bashing haben Misstrauen und Wunden hinterlassen. Putin gilt der europäischen Öffentlichkeit als teuflischer äußerer Feind, es herrscht quasi ein neuer Kalter Krieg und die deutsche Außenpolitik ist am Boden.

Die Entspannungspolitik reaktivieren

Dennoch: „Verbessert“ hat sich die Lage insofern, als das alte Europa nicht mehr der Nabel der Welt ist, sondern nun der ostasiatische Raum mit China und Indien. Denn die bipolare Weltordnung mit den USA als Hegemon wird zunehmend von einer multipolaren Ordnung – man denke nur an den Bedeutungsgewinn der BRICS-Staaten und namentlich Chinas – abgelöst. Europa hingegen wird immer unwichtiger, und Deutschland als im Prozess der Deindustrialisierung befindliches Land umso mehr. Aber gerade darin liegt die Chance zur Umsetzung des von Michail Gorbatschow angeregten „Neuen Denken“: Den Kalten Krieg beenden, ein gesamteuropäisches Sicherheitsbündnis von Portugal bis Russland vereinbaren, die Entspannungspolitik von Willy Brandt reaktivieren! Doch so weit ist man nicht. Noch tobt der gleichsam kalte wie heiße Krieg. Und dagegen muß sich endlich durch eine echte “Friedensbewegung 2.0” breiter Protest bis hin zum zivilen Widerstand formieren, weit stärker, als dies bisher der Fall war. Ein solcher Protest von unten kann durchaus Wirkung zeigen, was 2017 auch Michail Gorbatschow bestätigt hat: „Ich erinnere mich gut an die lautstarke Stimme der Friedensbewegung gegen Krieg und Atomwaffen in den 1980er Jahren. Diese Stimme wurde gehört!

In der Nacht vom 26. auf den 27. September 1983 entschied Stanislaw Petrow im russischen Sicherheitszentrum bei Moskau auf Fehlalarm, als ein US-Atomangriff gemeldet wurde. Nach 20 bangen Minuten stellte sich heraus, daß seine Entscheidung richtig war. Petrow verhinderte einen Atomkrieg zwischen den Supermächten. Wird die nun von den USA befohlene und vom deutschen Kanzler in Washington fügsam akzeptierte “Nachrüstung 2.0” im Jahr 2026 umgesetzt, dann kann sich die Logik „Wer als erster schießt, stirbt als zweiter“ jederzeit wiederholen – mit dem gravierenden Unterschied jedoch, daß die Vorwarnzeiten (nur 8 Minuten bis Moskau!) heute so kurz und die zu verarbeitenden Datenmengen so groß sind, dass man auf Künstliche Intelligenz (KI) angewiesen ist. Nicht mehr ein Mensch wie Petrow wird dann entscheiden, sondern die KI. „Unsere Sicherheit hängt von KI ab“, sagt Leo Ensel – also von Computersoftware. Und Software, Algorithmen und Programme können fehlerhaft sein.

Es braucht eine neue Bewegung für den äußeren und inneren Frieden!

Die Wahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg zeigen, wie unterschiedlich die Menschen in Ost und West “ticken“. Mit dem 3. Oktober 1990 wurde dem Osten ohne irgendeine Abstimmung oder Bedenkzeit die bedingungslose Westbindung übergestülpt. Es wurde versäumt, die Westbindung und das transatlantische Verhältnis zu diskutieren, das Verhältnis zu Russland zu klären und all dies in eine neue Verfassung einzuarbeiten. Nun, rund 35 Jahre später, muss die in hierzulande wieder dominierende Kriegsrhetorik endlich einer umfassenden Friedensrhetorik weichen. Diplomatie statt Waffengang! Laut “Infratest/Dimap” sind 84 Prozent der Deutschen unzufrieden mit der Politik der Ampel, 78 Prozent unzufrieden mit der von Bundeskanzler Scholz betriebenen Kriegspolitik und 77 Prozent unzufrieden mit der Migrationspolitik. Schlechtere Werte konnten Demoskopen in den vergangenen 70 Jahren für keine Regierung und keine politischen Themenbereiche liefern.

Wenn sich schon die Regierung in Anbetracht dessen nicht zu einem Kurswechsel bereit erklärt, warum führt diese krasse Unzufriedenheit der Bevölkerung dann zu keinerlei Protesten und Demonstrationen im öffentlichen Raum? Warum schweigt die Friedensbewegung so beharrlich? Wobei mit “Frieden” nicht nur nur der äußere Frieden (täglich sterben unzählige Soldaten wie Zivilisten im Ukrainekrieg) gemeint ist, sondern auch der innere – denn täglich kommen weiter 800-1.000 Migranten illegal über unsere Grenze.

2 Antworten

  1. Ad ‘Natürlich ist Putin ein Machtmensch …’ … Und unsere Regierung, “die Deutschen” sind in führender Dienstrolle gegenüber den USA und damit letztlich bekloppte OHNmachtsmenschen … Mir ist ein FÄHIGER, FÜR sein riesiges Land echte Veranwortung tragender und diese benennender ‘Machtmensch’ lieber als die sich als Demokraten&Co inszinierenden manipulativen US-Hegemionaltypen. Putin hat eine positive Vision gehabt. Sie wäre in echtem Dialog umsetzbar gewesen. Wenn positive Macht mal als Kraft, Fähigkeit und VerANTWORTung gesehen würden. Aber die deutschen Moralträger leiden an: eben OHNmacht und üben genau dadurch manipulative MACHTvollste Zerstörung aus!!!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert