„Die Welle“ könnte auch „Die Maske“, „Die „Impfung“ oder „Das Klima“ heißen

„Die Welle“ könnte auch „Die Maske“, „Die „Impfung“ oder „Das Klima“ heißen

Szene aus einer Bühnenadaption von „Die Welle“ 2020 (Foto:Imago)

Der Roman „Die Welle“ ist – wie „1984“ – ein Klassiker. Wie aktuell das Buch jedoch wieder ist, ist vielerorts noch gar nicht erkannt worden. Auch wenn man sich ansonsten nicht für Belletristik interessiert und vielleicht auch nicht die Zeit dafür erübrigen kann: Es gibt einige wenige Romane, die man dennoch kennengelernt haben sollte. Vielleicht ist es nicht einmal eine Handvoll, aber diese wenigen Bücher haben es in sich. Für den politisch selbstdenkenden Mitbürger ist ein Beispiel für solch ein Buch zweifellos „1984“ von George Orwell. Wie oft ist dieses Werk in den letzten Jahren in der politisch-gesellschaftlichen Diskussion erwähnt worden – und zwar mit Recht!

Werfen wir heute jedoch einen Blick auf „Die Welle“ von Morton Rhue, basierend auf einer wahren Begebenheit im Kalifornien des Jahres 1967. Ich hatte von dem Buch (und den zugehörigen Verfilmungen) bereits lange gehört, als ich es zufällig in einem öffentlichen Bücherschrank entdeckte – und sofort mitnahm. Innerhalb von 24 Stunden war es gelesen – es ist nicht dick.

Die wahre Begebenheit

An der Cubberley High School in Palo Alto, Kalifornien, unterrichtete 1967 ein junger Lehrer namens Ron Jones. Im Geschichtsunterricht hatte er den Nationalsozialismus in Deutschland durchzunehmen. Dabei hatte Jones jedoch die Ambition, sich nicht auf Unterricht der herkömmlichen Art zu beschränken. Die Frage, die im Raum stand, war: Wie kommt es zur Mitläuferei, wie kann eine faschistische Bewegung die Mehrheit einer Gesellschaft erfassen, ohne daß diese es merkt? Jones wollte erreichen, daß die Schüler dies nicht nur intellektuell, sondern auch emotional nachvollziehen können. Der Lehrer hatte dazu eine Idee und setzte sie um: Er erfand einfach selbst eine Bewegung und spielte sie mit den – nicht eingeweihten – Schülern durch. Diese waren anfangs begeistert, wurden sich aber schließlich der Schattenseiten bewußt. So weit die tatsächlichen Geschehnisse 1967.

Diese Ereignisse wurden später vom Schriftsteller Morton Rhue (ein Pseudonym; sein echter Name lautete Todd Strasser) zu einem Roman verarbeitet. In ihm heißt der Lehrer Ben Ross. Er ist sehr engagiert und hat eine Vorliebe für unkonventionelle Methoden, um seinen Schülern den Stoff zu vermitteln. Diese Schüler wundern sich, wie es angehen konnte, daß in Deutschland von 1933 bis 1945 so viele Menschen zu Mitmachern wurden. Ross kreiert daraufhin eine Bewegung namens „Die Welle„, in der es zunächst um positive Werte wie Kameradschaft geht und niemand ausgeschlossen ist. Die „Welle“ hat auch einen eigenen Gruß, bei der man mit dem rechten Arm eine Wellenbewegung ausführt und sie dann zur linken Schulter bewegt. Es herrschen Disziplin und Ordnung; die Schüler kommen auf einmal besser mit dem Stoff voran. Jedoch läuft die Angelegenheit schon bald immer mehr aus dem Ruder: Es wird Druck aufgebaut auf Schüler, der „Welle“ beizutreten. Wer Kritik äußert, wird zur Seite gedrängt. Ein Schüler wird sogar zusammengeschlagen, und David, eine der Hauptfiguren, stößt schließlich im Streit seine Ex-Freundin Laurie um, von der er will, daß sie keine kritischen Schülerzeitungsartikel über die „Welle“ mehr schreibt. Lehrer Ben Ross sieht mehr und mehr ein: Er muß das Experiment stoppen…

Gruppenbildung impliziert Ausgrenzung

Im Roman ist die Mehrheit der Schüler Opfer einer faschistoiden Indoktrinierung und Manipulation geworden. Es ist nicht nur der Nationalsozialismus, der damit analysiert wird; es hätte genauso gut der rot lackierte Faschismus sein können, sowie irgendein anderes totalitäres System. Und so sehr solch ein System nach innen eine tolle Gemeinschaft bildet, es geht mit einer Abgrenzung einher: mit einer Abgrenzung von „den Anderen”, die nicht dazugehören wollen oder dürfen. Denn sonst hätte die ganze Gruppenbildung ja keinen Sinn: Sie muß immer auch klarstellen, wer nicht dabei ist. Und derjenige steht eine Stufe tiefer. Man muß immer auch gegen jemanden sein. Sonst „definiert” man sich ja nicht. Definieren ist hier das Aufzeigen der Grenze der eigenen Gruppe (vgl. lateinisch fīnis,“Grenze“). Zum Teil sind auch Religionen nicht ganz unbeteiligt, denn sie benötigen oft als Gegenüber den „Ungläubigen“, den „Heiden“ – der selbstverständlich eine Stufe tiefer steht.

Aber was hat das alles mit uns zu tun? Unter diesem Video, ein Interview mit Original-Lehrer Ron Jones, hat eine Kommentatorin geschrieben: „Vor 25 Jahren Fiktion. Seit 2020 Realität.“ Und spätestens beim Lesen dieser treffenden Bemerkung sollten doch mal ein paar Groschen fallen.

2020 wurde die Dystopie wahr

Die Welle“ könnte auch „Die Maske“ heißen. Es ist noch gar nicht so lange her, da mußten alle mit einer Maske herumlaufen und taten es an vielen Orten sogar freiwillig. Und wer das nicht tat, vielleicht ja aus medizinischen Gründen einen guten oder sogar lebensnotwendigen Grund hatte und das obendrein bescheinigen konnte, der gehörte nicht dazu. Der war nicht Teil der Gemeinschaft und damit schief von der Seite angesehen. Es herrschte eben eine Uniformierung – übrigens sogar eine Ausblendung des Gesichts, das doch den Menschen mehr ausmacht als irgendein anderes Körperteil. Das seine Mimik beherbergt und seine Gefühle ausdrückt. Wer kein Gesicht hat, ist kein Mensch mehr, sondern nur noch eine Nummer, nur noch ein Zahnrad in der „Wertegemeinschaft“, dem Kollektiv. Ist es Zufall, daß gerade in Deutschland dieser Wahnsinn ganz besonders lange zelebriert wurde? Oder steht das in einer Tradition, die nur ab und zu, zum Beispiel 1989, mal Pause macht? Dreimal dürfen wir raten.

Die Welle“ könnte auch „Die Impfung“ heißen. Denn da lief es nach dem gleichen Grundprinzip: Nur mit der Spritze im Arm hatte man seinen Initiationsritus in die neue Gemeinschaft durchlaufen und gehörte zu „wir alle„. Dann war derjenige „sauber“ von Corona, er war per definitionem „rein“ und „sicher“; er durfte rein ins Kaufhaus oder auf den Kindergeburtstag. Mit dem Impfausweis hätte selbst ein Arierausweis nicht mithalten können – enthielt letzterer doch nur rassische, aber keine medizinischen Informationen! Wer Zweifel am Sinn der Zweiklassengesellschaft äußerte, galt als Outlaw. Kein Wunder übrigens, daß beide Ausweistypen fleißig gefälscht und verhökert wurden – jeder Typ dann, als er benötigt wurde. „Die Welle“ könnte ihren Namen auch gleich behalten und sich auf die „Corona-Wellen“ beziehen.

„Die Welle“ könnte auch „Das Klima“ heißen

Die Welle“ könnte auch „Das Klima“ heißen. Wer seine böse Heizung belassen möchte, bis sie wirklich mal unreparierbar kaputt ist, kann sich nicht mehr darauf berufen, daß das vielleicht das Sinnvollste wäre. Wer sich in den Bundestag setzte mit einem Schild „Keine Heizung ist illegal“, war von den ganz bösen Buben (und Mädels). Und dann auch noch diese Dreistigkeit, nebenbei den berühmten Spruch „Kein Mensch ist illegal“ zu persiflieren! (Es ist übrigens tatsächlich kein Mensch illegal. Aber viele sind illegal in Deutschland. In letzterem Satz ist illegal nicht mehr Adjektiv, sondern Adverb, wie bei Übersetzungen in andere Sprachen schnell ans Tageslicht käme.) „Das Klima“ diktiert auch, was man noch essen darf. Zudem erfordert „das Klima„, daß man vom Nanny-Staat demnächst bei Hitze eine Warn-Nachricht aufs Smartphone bekommt – denn Hitzetod, so werden wir von Herrn Lauterbach belehrt, ist der letzte Schrei. Wer von „das Virus“ noch nicht tot ist, den erwischt ja vielleicht „die Hitze„. Der Frechdachs ist hier der „Klimaleugner„. Es ist ja nicht so, als dürfe man keine Überzeugungen haben oder keine Gemeinschaften bilden – aber die in unserer Zeit üblich gewordene Unerbittlichkeit, mit der die Ausgestoßenen gebrandmarkt werden (und mehr), ist doch etwas befremdlich.

Die Welle“ könnte auch noch einige andere Namen haben. Denn nach diesen Prinzipien geht es noch eine Weile weiter. Ob man nun einen „Welle”-Gruß macht oder den Kniefall für „Black lives matter“ vorm Fußballspiel vollzieht– wo ist der Unterschied? Ob man nun eine Regenbogenflagge hisst oder das „Welle“-Symbol zeigt – wo ist der Unterschied? Und auch beim Gendern geht es vor allem ums Hervorzeigen der „richtigen“ Gesinnung, des Stehens auf der richtigen Seite („virtue signalling„). Das „Dschendern” ist eine sprachliche Regenbogenflagge, mit der man eifrig herumwedelt und bei der alle dann erleichtert merken sollen: Aha, das ist einer von uns, na dann ist ja alles in bester Ordnung. Gendern ist der akustische und optische Kniefall vor dem Diversitätskult.

Parallelen entdecken

Es ist, wenn wir mal ehrlich sind, alles genauso lächerlich wie bei der „Welle”. Unsere heutige Zeit hat ihre eigenen Grüße, ihre eigene Sprechweise und ihre eigenen Fahnen entwickelt. So wird der Mensch eingelullt, ge(ring)fügig gemacht und emotional bedient. Es müssen immer irgendwelche Grüße geschmettert werden, es müssen irgendwelche Sprechblasen abgesondert werden, und vor allem natürlich, weil’s so toll aussieht: Es müssen Fahnen wehen. So ist das immer. Und diejenigen, die das durchschauen, sind die Bösen. Und besonders schlimm sind diejenigen, die das nicht nur durchschauen, sondern sogar verarschen!

Der Text auf dem Buchrücken von „Die Welle“ hat recht, wenn er sagt, daß „Anfälligkeit für faschistoides Handeln und Denken immer noch und überall latent vorhanden ist.“ Der Roman „Die Welle“ sollte dringend mal wieder gelesen werden. Aber es geht nicht nur um reines Lesen: Die Lektüre sollte auch mit dem Versuch des Lesers einhergehen, das Maximum aus dem Buch zu ziehen und die Welt, in der er selbst lebt, auf Bezüge hin abzuklopfen. Denn Bücher sind immer nur so effektiv wie ihre Leser, die über sie nachdenken.

11 Antworten

  1. Der Schlüssel zu einem respektablen menschlichen Zusammenleben ist die Ehrlichkeit.
    Wer kann von sich selbst behaupten weitestgehend ehrlich zu leben?
    Warum ist das so?

    Gott kennt keine Religionen!
    Die Wirklichkeit ist der Maßstab an den sich alles Leben anzupassen hat!

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    1. Gott kennt keine Religionen. Was für eine bemerkenswerte Aussage, die für mich eine einleuchtende Erklärung für viele Widersprüche zu diesem Thema sind.
      Dankeschön für Ihren Kommentar.

  2. Hätte Rhue diesen Roman heute geschrieben, hätte er nicht die Nazis bemühen müssen. An den rund 250 militärischen Interventionen, die die USA seit 1945 unternahmen, haben die US-Bürger auch keinen Anstoß genommen – oder ist mir deren Widerstand entgangen?

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  3. Hervorragender Artikel.

    Ich bin berührt, betroffen, erschrocken, bestätigt, erhellt, beruhigt, und noch vieles mehr und alles -irgendwie- gleichzeitig.

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  4. Toller Text!
    Das die Leute nicht verstehen dass nicht das Hakenkreuz oder der Arm zum Gruß ein nicht spezielles, sodern ein oridinäres Mittel zum Zweck ist, dem mitmachen.

    In einem möchte ich dem Autor widersprechen: dem LATENTEN Hang zum Faschismus.

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    1. @ Hang zum Faschismus
      ein schlechter und den Eliten nützlicher Standpunkt !
      Faschismus in seiner Grundidee bedeutet Macht – die Kombination der neuen Mächte im 19./20.Jhd , die Ablösung der Religion durch die macht der Konzerne und die neue Verbindung von Konzernmacht und Politik !
      Heute wiederum wurden die Konzerne ausgetauscht durch die mächtigen der Finanzwirtschaft – die Oligarchen sind der neue Begriff für die Verflechtung von Politik und Wirtschaft .
      Ganz in der aktuellen Praxis der WEF als die Zentrale der Finanzwirtschaft, die ihre Young Leaders in die Politik schickt, um Politik in ihrem Interesse zu machen und die Völker auszubeuten!
      Auch das sehen wir ganz stark in den aktuellen Prozessen um Corona, WHO, EU und den Ukraine-Krieg !
      Hier ist kein Hang zu sehen, sondern machtpolitische Nützlichkeit auf der einen Seite und Abhängigkeit auf der anderen Seite – außerdem noch Dummheit, Ignoranz und Machtgier !

  5. Und wenn wir schon dabei sind:

    Das Kopftuch ist nur ein Strück Stoff!

    Stimmt. Genau wie die Hakenkreuzbinde. (Oder jetzt Nancy Faecers Regenbogenbinde).

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    1. @Das Kopftuch ist nur ein Stück Stoff!
      stimmt – und es kommt nicht darauf, ob jemand das freiwillig trägt – sondern darauf, das er nicht Gesundheit und Leben riskiert, wenn er es nicht trägt !

  6. Es sollte noch ein drittes Buch zu diesen beiden Klassikern gestellt werden: „Die Schwachköpfe“

    Natürlich müsste dieses Buch erst noch geschrieben werden. Dieses fiktive Buch geht der Frage nach, wieso sich trotz „1984“ und „Die Welle“ solche Abläufe immer wiederholen. Wieso gibt es so viele Schwachköpfe, die die Parallelen selbst dann nicht erkennen, wenn man sie mit der Nase draufstößt? Es fehlen Bücher und/oder Filme, die daran etwas ändern, falls Bücher oder Filme dies überhaupt können.

    1. @Blindleistungsträger 13. August 2023 Beim 22:06

      Die gute Nachricht ist …. dieses Buch ist längst in Arbeit.
      (Leider(?) jedoch…) …Von einem, der im Bücherschreiben (noch) keine Expertise besitzt, durchs Robotten für esse-tricken-wohnen zumindest noch ein kleines Weilchen knapp an freier Lebenszeit ist, so dass es noch nix zu lesen gibt 🙁
      Relativ entspannt (??) geht er aber davon aus, dass ihm niemand zuvor kommen wird. Und was ich besonders erstaunlich finde ist, dass er trotz seiner festen Überzeugung, dass die von ihm gefundene Antwort nur sehr, sehr, sehr wenig Zustimmung finden wird, unbeirrt, ja geradezu enthusiasmiert daran arbeitet, endlich mir der Niederschrift beginnen zu können.

      Tja .. was soll man dazu sagen? Es laufen schon echt kuriose Typen durch die Welt;-)

      Ach ja …. was ich noch vorauslauschen konnte, hat er eine klare Antwort auf Ihre abschließende gestellte Frage: … NEIN

      Nachtrag zu „NEIN“
      Solche Bücher/Filme dienen in erster Linie dem Zweck, all jenen, die den Keim der Wahrheitssuche in sich tragen und dieser seinen „Wachstumsprozess“ begonnen hat, die tröstliche Gewissheit zu geben, kein in der falschen Welt gestrandetes „Alien“ und mit den eigenen Wahrnehmungen, Schlussfolgerungen und Fragen nicht alleine unterwegs zu sein.

      … Was immer man von einer solchen Aussage auch halten mag…

  7. Der Trugschluss der Epoche Aufklärung: Das vermeintlich richtige Wissen würde zur Vernunft führen – Myside Bias.
    Die Folge ist die Überzeugung, jemand würde mit bewusst falschem Wissen überredet (manipuliert, indoktriniert), um unvernünftig zu handeln.

    Die Annahme, es sei Indoktrination, ist selbst ein Beispiel, warum es umgekehrt ist – Introjektion. Dabei werden Aussagen unhinterfragt von Autoritäten übernommen, weil es Autoritäten sind. Die Autorität ist überzeugt, ihre Aussage ist korrekt und auch, wer es unhinterfragt übernimmt, geht davon aus, es ist die Realität.
    Denn eine Autorität hat es verkündet.

    Und wenn berühmte Psychologen verkünden, es sei Indoktrination, dann wird es so sein – Introjektion.

    Sich dem eigenen Trugschluss bewusst werden, ist ein außerordentlich anspruchsvoller Entwicklungsschritt. Daher erreicht ihn nur eine Minderheit.

    Am Ende wird dann dauernd beklagt, warum das vorhandene Wissen, wie Bücher ‚die Welle‘ oder ‚1984‘, nicht zur Vernunft führen.

    Dieser Kommentar ist selbst explizites Wissen und kann nicht zur Vernunft führen und wird genauso im Nichts untergehen. Denn der Tipp zum Myside Bias erfordert den eigenen Trugschluss zu kennen. Viel Erfolg.