Reichelt-Erfolg vor Bundesverfassungsgericht: Versucht Harbarth verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen?

Reichelt-Erfolg vor Bundesverfassungsgericht: Versucht Harbarth verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen?

Stephan Harbarth (CDU), Präsident des Bundesverfassungsgerichts (Foto:Imago)

Am Dienstag sorgte das Bundeverfassungsgericht (BVerfG) für ungewohnt gute Nachrichten. Ganz so, als wollte dessen Präsident, der berüchtigte Merkel-Günstling Stefan Harbarth, Boden gutmachen, weil er gewöhnlich als juristischer Erfüllungsgehilfe der Regierung fungiert, urteilte das Höchstgericht überraschenderweise zugunsten von Ex-„Bild“-Chefredakteur Julian Reichelt und eindeutig im Interesse der grundgesetzlich garantierten Meinungsfreiheit; selten genug in diesen dunklen Faeser-Zeiten und wohl leider nur ein Strohfeuer der Rechtsstaatlichkeit, aber immerhin – zeigt das Urteil doch: Sie könnten, wenn sie wollten.

Reichelt, der beim Portal „Nius“ wichtigster Anchorman ist, hatte im August 2023 wörtlich getwittert: „Deutschland zahlte in den letzten zwei Jahren 370 MILLIONEN EURO (!!!) Entwicklungshilfe an die TALIBAN (!!!!!!). Wir leben im Irrenhaus, in einem absoluten, kompletten, totalen, historisch einzigartigen Irrenhaus. Was ist das nur für eine Regierung?!“ Damit bezog er sich auf einen Artikel bei „Nius“, der darüber berichtet hatte, dass Deutschland nun wieder Entwicklungshilfe für Afghanistan zahlt. Wegen dieses völlig harmlosen und zulässigen Meinungsbeitrags hielt es die Ampel-Regierung – hier in Gestalt von Entwicklungsministerin Svenja Schulze – daraufhin für geboten, auf Steuerzahlerkosten einen Rechtsanwalt zu beauftragen, der von Reichelt die unverzügliche Unterlassung seiner getwitterten Behauptung verlangte. Reichelt wehrte sich und ging juristisch dagegen vor. Dabei unterlag er zunächst – wenig verwunderlich, erst recht angesichts der linksgrünen Gesinnungsjustiz in der Bundeshauptstadt – vor dem Berliner Kammergericht (KG). Dieses untersagte ihm die Aussage als „unwahre Tatsachenbehauptung” – weil die Entwicklungsgelder schließlich angeblich nicht direkt an das Taliban-Regime flössen, sondern an in Afghanistan tätige NGOs (dass diese allerdings nicht selten von den Taliban kontrolliert werden und teilweise als Tarnorganisationen fungieren, interessierte die Richter nicht).

Höchstrichterlicher Schuss vor den Bug für Faeser & Paus?

Der Erste Senat des BVerfG hob dieses Urteil nun einstimmig auf und stellte klar: „Die Entscheidung des Kammergerichts verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht auf Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Grundgesetz. (…) Der Staat hat grundsätzlich auch scharfe und polemische Kritik auszuhalten.“ Mit ungewöhnlicher Deutlichkeit wurde sodann das Berliner KG in der Begründung gerügt: Dieses habe den „erkennbaren Kontext“ des Tweets vorschnell und ohne Begründung abgetan, obwohl darin der weiterführende und hintergründigere „Nius“-Artikel verlinkt gewesen sei. Das KG hatte argumentiert, es sei auf Twitter „nicht üblich”, beigefügte Links anzuklicken. Diese Begründung des KG sei „nicht nachvollziehbar“ befand Harbarths Senat: Die Berliner Richter hätten alleine schon dadurch einen Auslegungsfehler begangen, dass sie die in der Artikelvorschau sichtbare Schlagzeile (den sogenannten Metatitel) nicht berücksichtigt hätten. Die Entscheidung des KGs habe den Sinn von Reichelts angegriffener Bemerkung „und deren Charakter einer Meinungsäußerung erkennbar verfehlt“, so die Karlsruher Richter.

Es geschehen also noch Zeichen und Wunder: In Zeiten, in denen die Ampel-Regierung, mit eilfertiger Mithilfe ausgerechnet des Verfassungsschutzes, alles tut, um die Meinungsfreiheit abzuschaffen und jede Regierungskritik unter Strafe stellen will, stärkt das BVerfG, das sich in den letzten Jahren, vor allem während Corona, wahrlich nicht als Bollwerk der Freiheit erwiesen hat, dieses zentrale demokratische Grundrecht mit klaren Worten. Sicher; eine Schwalbe macht noch keinen Sommer, doch man kann diesen – auch ungewöhnlich und überraschend schnell gefassten – Beschluss zugunsten Reichelts durchaus als Schuss vor den Bug für Innenministerin Nancy Faeser und Familienministerin Lisa Paus interpretieren, die die treibenden Kräfte bei den geplanten oder bereits vollzogenen Freiheitsbeschränkungen sind. Dies könnte gar darauf hindeuten, dass auch deren Pläne vor dem Höchstgericht scheitern würden. Insofern kann man, mit aller Vorsicht, in der Entscheidung ein ermutigendes Zeichen sehen.

8 Antworten

  1. Naja, also mit Pressefreiheit die Wahrheit sagend vor einem Gericht recht zu bekommen und nicht den Rechtstaat und die „Verfassung“ weiter komplett zu beugen, sollte doch nicht gleich als „Erfolg“ oder Wunder bewertet werden. Also ich werde mich hüten, über etwas Freude auszudrücken, das eigentlich genau so zu sein hat und normal ist! Auch lobe ich da nix oder bewundere einen „CDU-Eingesetzten“ und Essenskameraden von Merkel, wenn er vielleicht mal richtig urteilt und damit etwas Oppsoition betreibt. Auch lasse ich mich von sowas eher weniger beeinflussen. Ich festige mich lediglich in meiner Meinung, dass ich weit und breit nach wie vor keine ernste und richtige Gewaltenteilung sehe und diese Richter leider alle andere als unabhängig sind, eben weil sie von Parteien eingesetzt werden und zudem auch noch eine Partei davon ausgeschlossen ist diese einzusetzen, obwohl ein Recht bestehen sollte dazu, weil sie nunmal ein fünftel der Wähler stellt! Und solange das alles so ist, kann ich sowas überhaupt nicht für voll nehmen. Und loben tu ich hier erst irgendwas, wenn dieses Land wieder vom Kopf uf die Beine gestellt wurde 😉

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  2. Das Vertrauen in diese Institution ist weg. Sie haben gemerkt, dass sie den Bogen überspannt haben und rudern jetzt etwas zurück. Mehr nicht!

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  3. Der tanzt nur Tango, zwei Schritte vor, halbe Drehung und einen Schritt zurück,- oder war das Salsa? Die Mehrheit im Schland, dessen kritisches Denken schon vor sehr langer Zeit suspendiert wurde, glaubt tatsächlich der Harbard ist ein Richter. Die checken einfach nicht, dass der vor dem Tragen der roten Robe kein Richter war und jetzt mit roter Robe er immer noch kein Richter ist. Der Harbard schauspielert einen Richter. Hörzu sollte dafür mal ein Bambi spendieren, für diese erbärmliche Witzfigur!

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  4. Nein, denn als Jurist und insbesondere als Präses des höchsten Gerichtes sollte er doch das GG und insbes.
    die Grundrechte und speziell das Grundrecht auf Meinungsfreiheit nicht nur kennen, vielmehr so hoch halten, das es niemals fallen wird !

    Und das hat er gemacht.

    Es könnte auch sein, das er sich über die jetzige faschistische Parteienpolitik viele Gedanken gemacht hat und zu dem Ergebnis gekommen ist, es reicht Regierung ./. das Volk !!!

    Oder wurde er im engsten Familienkreis auf das Grundrecht der Meinungsfreiheit angesprochen und es gab Diskussionen, wo er sich Aussagen der seinen zu Herzen und Kopf genommen hat.

    Jetzt mit dem Top-Journalisten Reichelt gab es die Gelegenheit aus der Versenkung hervor zu treten und etwas für das Volk, eben für die Meinungsfreiheit gutes zu tun.
    Hierfür bekommt er von mir ein Ansehens-Sternchen !

    Gleichzeitig muss die Frage gestellt werden, ob jetzt noch
    Hausbesuche und Durchsuchungen aufgrund geschützter
    Meinungsfreiheit möglich sein werden.
    Ich denke, Faeser und ihr Ausführungstyp im Verfsch.
    wird das Urteil über Meinungsfreiheit wohl nicht die Bohne interessieren und sie machen vorerst einmal weiter im Sinne, staatl. Gewalt ./. das Volk.

  5. Mir ist eine Entscheidung in einer ganz wesentlichen Frage in die richtige Richtung allemal lieber als eine erneute in die falsche!
    Grundsätzlich sollte man auch niemandem unterstellen, dass er nicht über das eigene Verhalten reflektieren kann. Und wer nur halbwegs ehrlich mit sich selbst ist, wird auch einmal erkennen, wann er zu leichtgläubig war oder einfach auch falsche Entscheidungen getroffen hat.
    Man muss nicht spekulieren – einfach mal abwarten.

  6. @ VERLORENES VERTRAUEN ZURÜCKZUGEWINNEN?
    dazu müßte die ganze Bande mit dem Faeser Maulkorb bearbeitet werden und unter Verlust aller Ansprüche unehrenhaft gefeuert werden !
    Aber das ist wie bei allen Betrügern – an unwichtigen Sachen läßt man die Opfer scheinbar mal gewinnen !
    So gehen Hütchenspiele !
    Die Realität ist doch eher – während der hier so tut, als würde ihn die Meinungsfreiheit interessieren, werden über EU und WHO gleich zwei Angriffe gefahren, Zensur und Informationskontrolle zu etablieren. Wie ist das noch gerade bei den Informationen über die Ukraine ?

  7. Wichtig zu erwähnen ist hier vor allem, dass das BVerfG den Antragsteller auch hätte abweisen und den Widerspruchsweg erneut über LG (und letzlich) und KG Berlin hätte suchen lassen können. Die Möglichkeit bestand.
    Stattdessen entschied es sich für die zweite von zwei Optionen: Selber zu entscheiden. Das kann es, “wenn sie [die Beschwerde] von allgemeiner Bedeutung ist oder wenn dem Beschwerdeführer ein schwerer und unabwendbarer Nachteil entstünde, falls er zunächst auf den Rechtsweg verwiesen würde”.
    Und: „Sowohl das Beschreiten des Rechtswegs in der Hauptsache als auch das Widerspruchsverfahren und eine mögliche anschließende Berufung waren für Reichelt laut BVerfG hier aussichtslos. […] Warum es aussichtslos erscheint, dass dieser Reichelt schließlich Recht geben könnte, bleibt in dem Karlsruher Beschluss unklar.“
    Sowohl, dass das BVerfG die Sache überhaupt angenommen hat als auch das Tempo, in dem hier entschieden wurde sind aussergewöhnlich. Und die nicht näher bestimmte Begründung „Aussichtslos“ kann gar nicht anders interpretiert werden, als dass sogar das BVerfG jedes Vertrauen in den Rechtsweg verloren hat. Zumindest, wenn es um das Grundrecht auf Meinungsfreiheit geht.
    Man kann jetzt argumentieren, dass das BVerfG den unteren Gerichten nur eine Blamage ersparen wollte, sollten sie den selben Scheiss nochmal abziehen. Denn seit dem Grundsatzurteil des BVerfG von 2011, das die Meinungsfreiheit sehr weit definiert und entgegen landläufiger Meinung auch „Hass“ und sogar Lügen sehr wohl als Meinung definiert, kann es gar nicht anders entscheiden.
    Aber sowohl das Tempo als auch die Begründung des Urteils lesen sich, als wollte das BVerfG hier mal ganz grundsätzlich bestimmte Kreise in allen vier Gewalten daran erinnern, wer hier Koch ist und wer Kellner.
    Ob man den Grund dafür bei Harbarth suchen muss weiss ich nicht. Aber sogar ein Präsident des BVerfG ist machtlos, wenn er und alle anderen Verfassungsrichter mit besorgten bis erbosten (also Hass) Mails aus In- und Ausland und aus dem Bekanntenkreis oder von den Doktorvätern bombardiert werden, was zum Teufel hier eigentlich gerade abgehe und ob die vielleicht mal ihre Arbeit machen wollen.
    Nicht jeder dort ist ein Politkommissar wie der Harbarth, und es würde mich kein Stück wundern, wenn ein oder mehrere Verfassungsrichter mit sofortigem Rücktritt gedroht hätten, wenn man diese Gelegenheit zur Klarstellung nicht beim Schopfe gegriffen hätte.
    Um das mal karzustellen: Nicht jeder darf klagen, und von alleine darf das BVerfG nicht tätig werden, ja, nicht mal seine Mitglieder irgendwelche Kommentare abgeben. Es kann sehr gut sein, dass denen die Klage vom Reichelt sehr gelegen kam.