Sonntag, 15. September 2024
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Twitter-Spaces: Brennglas der Gesellschaft – und Biotop der Stasi-Spitzel

Twitter-Spaces: Brennglas der Gesellschaft – und Biotop der Stasi-Spitzel

X/Twitter-Spaces: Interessanter Begegnungsraum, aber eben auch Tummelplatz für Denunzianten und Blockwarte (Collage:Imago)

Es war Dezember im Jahr 2021, als X (das damals noch Twitter hieß) “Spaces” einführte, als Antwort auf die damals gerade durch die Decke gehende App ”Clubhouse”. Die hatte zuvor erhebliche Erfolge gezeitigt: Deutschland war im Lockdown gefangen, und die Bevölkerung wurde gezielt entblödet und mit Panik desinformiert, sodass man sie bequem in Geiselhaft halten konnte. Und die meisten Deutschen, das muss man fairerweise sagen, waren doof genug, um sich diese beispiellose Übergriffigkeit gefallen zu lassen. Heute, im September 2024, hat sich durch Leaks aus dem Innenministerium und die RKI-Files genau das bestätigt, was die selbsternannten „Schwurbler“ bereits damals sagten und wofür sie diffamiert wurden, bis die Polizei kam. Bei manchen sogar wortwörtlich.

Als Kritiker der Maßnahmen und der Impfung systematisch aus der Familie, der Gemeinschaft und der Gesellschaft wenn nicht ausgesperrt, so doch zumindest massiv ausgegrenzt wurden, boten Spaces einen Raum, um sich auszudrücken und mit Gleichgesinnten live zu diskutieren. Für nicht wenige war Twitter in dieser Zeit die einzige Möglichkeit, ihre ablehnende Haltung zum Corona-Regime auszudrücken, weil sie ansonsten den gesamten gesellschaftlichen Repressalienapparat zu spüren bekamen, wenn sie von ihrem Grundrecht, das Recht, seine Meinung in Wort und Schrift zu äußern, Gebrauch machten.

Sie denunzieren bis in den privaten und beruflichen Raum

Da aber auch Twitter-Spaces von Menschen mit Inhalten befüllt werden, traten auch hier sehr schnell menschliche – oder konkreter gesagt: unmenschliche – Mechanismen zum Vorschein. Irgendwann etablierte sich eine Spaces-Stasi, allesamt aus dem linksgrünen Spektrum, um das Erbe Erich Honeckers zu vollenden. Die Akteure sind so traurig wie moralisch degeneriert: Ein schwerer Franke, der aussieht wie ein Deoroller; eine weibliche Version von Francisco Franco; ein Hamburger, der dem Wort „dummdreist“ eine völlig neue Tiefe gibt; eine österreichische Schlange, die auch noch genau so heißt, alles andere als schlau ist und ganz sicher keine Zeile von Karl Kraus gelesen hat, und zahlreiche andere, emotional auf ein Minimum degenerierte Gestalten fühlten sich bald bemüßigt, Spaces über eine andere Plattform zu überwachen, Inhalte dorthin zu übertragen und hämisch zu kommentieren. Auf unterirdischem Niveau fanden sich die Opfer irgendwo zwischen Schulhofmobbing, Gestapo-Gemüt und seelischer Entkernung wieder. Die Aktion hatte nur ein Ziel: Unliebsame Meinungen mundtot zu machen.

Und dies teilweise sogar mit Erfolg: Viele verloren die Lust am Austausch, weil sie immer das Gefühl haben mussten, abgehört und von den Blockwarten verhöhnt zu werden was nicht selten ja auch der Fall war. Zeitweise gab es sogar drei Kanäle, die Spaces übertrugen, in denen meist weniger Menschen sprachen, als auf diesen Stasi-Portalen kommentiert wurden. Teilweise wurden hier die Mitdiskutanten bei ihren Arbeitgebern angeschwärzt, Selbstständige bei ihren Auftraggebern. Nächtliche Anrufe bei Leuten, die mit Klarnamen unterwegs waren, gehörten ebenfalls zum Repertoire dieser Leute, die 1942 die ersten gewesen wären, die mit freudigem Lächeln den Gashahn aufgedreht hätten. Wenn man etwas aus der Geschichte lernt, dann, dass man aus der Geschichte nichts lernt

Sich selbst erhöhen, andere niedermachen

Insofern sind Twitter-Spaces tatsächlich das vielzitierte “Brennglas der Gesellschaft”: Die Mechanismen sind vergleichbar, bloß die Intensität ist höher. Und am Ende könnte das eintreten, was auch in diesem Deutschland wieder unzählige Male bereits geschehen ist und weiter geschieht – dass die Polizei vor deiner Tür steht. Und das wegen der Teilnahme an einer Unterhaltung in einem Twitter-Space nachts um halb drei. Wegen Worten. Auf eine Art jedoch muss man diesen mit Fug und Recht als “SS“ abzukürzenden neuen Stasi-Spitzeln dankbar sein: Sie haben die größte Schwachstelle des Systems ausgemacht – die Menschen. Ein System funktioniert hervorragend ohne die menschliche Eigenschaft, sich selbst zu erhöhen, um damit andere niederzumachen.

Die Coronazeit hat uns das auf schmerzhafte Weise gezeigt. Wie können wir vergeben, wenn die Täter – ob Politiker oder auch solche Stasi-Spitzel auf X – nicht bestraft werden? Wie kann die Gesellschaft gesunden, wenn weder aus den Lehren von 1933-1945 noch von 1949-1989 noch von 2020-2023 irgendwelche positiven Schlüsse gezogen werden? Wenn man aus der Geschichte etwas gelernt hat, dann allen, dass wirklich niemand aus der Geschichte je etwas gelernt hat. Aber Hauptsache, „Nie wieder!“ krakeelen, Stolpersteine putzen, tote Juden auf Twitter posten, tieftraurig dreinschauen, wenn der Holocaustgedenktag ansteht, und bei Gelegenheit, wenn man Politiker ist, einen Kranz niederlegen. Herzlichen Glückwunsch!

Dennoch überwiegt das Positive

Und trotzdem: Es gibt auch Positives zu berichten. Durch die schlimme, für mich auch psychisch sehr belastende Corona-Zeit habe ich auf Twitter viele tolle Menschen kennengelernt. Die Angesprochenen wissen, wen ich meine – doch ich nenne keine Namen, Herr Kommissar! Meinen besten Freund (dem ich mehr zu verdanken habe, als er sich das vielleicht vorstellt) traf ich das erste Mal persönlich, vor rund einem Jahr, als ich zufällig in seiner Gegend Urlaub machte. Einmal im Jahr versuche ich, die tollen Menschen zusammenzutrommeln, damit wir einen schönen Abend haben. Letztes Jahr, dieses Jahr und vermutlich auch im nächsten Jahr gingen beziehungsweise gehen wir zu Kai Ray. Kai ist auch so ein wertvoller menschlicher Fund aus den letzten Jahren. Lieben Dank, mein Lieber, lieben Dank, ihr Lieben! Ich weiß, dass man Leute wie euch nicht an jeder Straßenecke trifft.

Von daher überwiegt das Positive. „Du, lass dich nicht verhärten, in dieser harten Zeit“, singt Wolf Biermann. Wie recht er doch hat. Daher bleibt uns nichts anderes übrig, als in Zeiten der systematischen Desinformation, der staatlich evozierten mentalen Krisen, der gesellschaftlichen Kälte, der Ausgrenzung, der Cancel Culture, des gewollten emotionalen Verletzens anderer, weil sie abweichende Meinungen haben, zusammenzuhalten. Meldemuschis mögen uns weh tun; aber zerstören werden sie uns nicht. Die Stasi-Spitzel auf Twitter mögen mit ihrem Kleingeist zufrieden sein. Eigentlich aber sind sie mental verarmt und emotional einsam. Wären sie nicht so bösartig und würden sie ihre Bubble nicht hermetisch abschirmen, dass sie zu einem kranken Biotop wurde, das keine Weiterentwicklung im Geiste vorsieht: Man würde diese Leute bemitleiden. Weil sie aber so himmelschreiend böse sind und auf dem mentalen “SS“-Niveau verharren, bleibt uns nichts als maximale Verachtung für sie.

4 Antworten

  1. super artikel, danke dafür. eigentlich könnten diese leute einem leid tun, zufrieden mit sich und dem leben sind die bestimmt nicht…

  2. Plutz beschreibt sich hier selbst. Er denunzierte X User bei deren Arbeitgeber, fotografierte deren Haus und leitete die Bilder an Andere weiter, die diese User gerade bedrohten und doxxten.
    Er weilt regelmäßig angetrunken in Spaces, beleidigt und bepöbelt User mittels unzähliger X Account und verleumdet diese.
    Kurzum: ein absoluter mieser Charakter.