Donnerstag, 2. Mai 2024
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Berg-Karabach: Das verlogene Schweigen des Wertewestens

Berg-Karabach: Das verlogene Schweigen des Wertewestens

Aus ihrer Heimat Berg-Karabach vertriebene Armenier flüchten ins armenische Kernland (Foto:Imago)

Empörung, Betroffenheit und “Mitmenschlichkeit” sind Gemütsregungen, die sich bei den selektiv informierten Gesinnungsbürgern und Eliten der EU und namentlich Deutschlands an- und ausknipsen lassen wie eine Modelleisenbahn, die man für einen bestimmten Streckenabschnitt – bis hierher und nicht weiter – rollen lässt. Die getriggerte Entrüstung über “Invasoren” erstreckt sich maximal bis zum Donbas – danach verblassen Empathie und Mitgefühl. Bei Detailkenntnissen über Konflikthintergründe ist die Reichweite noch viel kürzer.

Hinterm Gutmenschenhorizont versinken barbarische Kriege, für die sich im haltungsbesoffenen gelbblauen Ukraine-Solidaritätstaumel keiner mehr interessiert. Das war schon im Jemen so – und ist aktuell erst recht der Fall beim kürzlichen erneuten Überfall (vulgo: Angriffskrieg) des engen und von-der-leyen-geherzten EU-Partnerstaates Aserbaidschan gegen die ethnische armenische Exklave Berg-Karabach.

Ausgeblendete Werte

Die moralisch degenerierten, weil maximal verlogenen Menschenrechtsinterventionisten in Berlin, vor allem die Grünen, die trotz ungleich komplexerer und ambivalenterer Ausgangslage Geld- und Waffenhilfe bis zur Selbstentleibung predigen für ein hochkorruptes, faschistoides Regime und ihre gesamten pazifistischen Prinzipien auf den Müll warfen, scheinen die überstrapazierten “westlichen Werte” auszublenden, wenn es um  Armenien geht. Es ist einer von so vielen dialektischen Brüchen der letzten Jahre, dass ausgerechnet jene, die den von den “Jung-Türken” vor knapp 110 Jahren verübten Völkermord an den Armeniern 2016, nach langer Debatte, endlich im Bundestag anerkannten, ein weiteres völkerrechtliches Verbrechen an einem Teil dieses Volkes heute geflissentlich ignorieren.

Ignoriert von der Weltöffentlichkeit und vor allem der westlichen Mainstreampropaganda, die sich auf die Kolportage schamlos einseitiger Ukraine-Lügen und inquisitorische Russland-Verteufelung kapriziert, geht dieser Tage in Berg-Karabach (Nagornyj Karabach) eine viele Jahrhunderte alte armenische Geschichte zu Ende. Friedrich Schmidt schrieb gestern in der “Frankfurter Allgemeinen Zeitung“: “Mehr als 100.000 Menschen haben Nagornyj Karabach schon Richtung Armenien verlassen. Bald dürften alle Armenier die Region verlassen haben. Aserbaidschan hat derweil begonnen, prominente Gegner festzunehmen.

Wenn der Aggressor der Partner ist

Es sind pogromartige Zustände, die sich im Rahmen dieser von Baku lange angekündigten ethnischen Säuberung der umstrittenen Region abspielen. Doch ein Aufschrei des “Werte-Westens” bleibt diesmal aus – ganz anders als im Fall des hochkorrupten, kriminellen Failed States Ukraine (so einst selbst beschrieben von den Medien, die es heute zum Verteidiger europäischer Freiheiten umschreiben), wo Milliarden und Waffen hinfließen – unter zunehmender Eskalation und Inkaufnahme einer Weltkriegsgefahr und auf ein ebenso dogmatisch-stures wie abwegiges Endsiegszenario hin.

Auf militärische Unterstützung können Berg-Karabach wie auch Eriwan vergeblich warten. In diesem Fall ist der erwiesene diktatorische Bösewicht, der eigentliche Aggressor, ein enger Wirtschaftsverbündeter des Westens. Und vor allem: An seiner Schwächung haben die USA kein Interesse, deshalb hat das Thema keine Priorität. Dass sich deutsche Po­li­ti­ke­r, auch solche aus CDU/CSU, “jahrelang – und ohne nennenswerte Konsequenzen – von Aserbaidschan schmieren ließen”, wie die “taz” genüsslich ausmährt, mag speziell bei der deutschen “Zurückhaltung” ebenfalls eine Rolle spielen, dass ein Schurkenstaat mit Samthandschuhen behandelt wird.

7 Antworten

  1. Alles nur möglich dank einer suizidalen europäischen Machtelite.
    Der kranke Mann am Bosporus reibt sich derweil die Hände.
    Eine sehr starke 5.Kolonne unterhält er ja bereits von Berlin
    bis Lissabon.

  2. ist doch klar, die aussenministerin war vor einiger zeit in aserbaidschan und bat die regierung dort um lieferungen von öl…..die regierung hat eine erklärung abgegeben, dass sie das geförderte öl für sich selbst benötigen.
    später hat dann aserbaidschan dann öl von russland gekauft und dieses wieder weiter nach deutschland…..toll.
    jetzt ist natürlich auch geld für die kriege da…..
    wir wissen wos lang geht.

  3. Na ja, Doppelmoral ist eben besser als keine Moral.

    „Gerade Aserbaidschan und auch Russland müssen dafür sorgen, dass Menschen in ihrem eigenen Zuhause sicher sind. Es kann nur eine diplomatische Lösung geben.“ – Annalena Baerbock (GRÜNE) über Berg-Karabach am 20.09.2023

    Und bei der Ukraine:

    „Ich verstehe den Wunsch derjenigen, die sagen: Es sollen bitte einfach nur die Waffen schweigen. Aber dahinter steckt ja, dass man bereit wäre, einen russischen Diktatfrieden einfach so zu akzeptieren.“ – Annalena Baerbock (GRÜNE) über die Ukraine am 04.01.2023

    „Es muss deutlich werden, dass es kein Frieden ist, wenn ein Aggressor seinem Opfer sagt, dass es einfach aufgeben soll…. Das ist kein Frieden, wenn ein Aggressor für seine rücksichtslose Gewalt belohnt wird.“ – Annalena Baerbock (GRÜNE) vor den UN am 23.02.2023

    Sie erklärt auch, was es bedeutet, wenn man sich dort an einen Tisch setzt:

    „Da gerade an diesem Tag wieder ein Aufruf die Runde macht, man sollte sich einfach nur mal an den Tisch setzen, ob jetzt die ganze Ukraine oder die halbe Ukraine, möchte ich daran erinnern, was das bedeutet: Menschen sitzen zum Teil seit elf Monaten im Keller und trauen sich nicht raus. Kinder gehen teils seit einem Jahr nicht zur Schule.“ – Annalena Baerbock (GRÜNE) am 11.02.2023

    Dass seit 2014 die Kinder der russischen Minderheit im Donbass wegen der Angriffe des ukrainischen Militärs in Kellern sitzen mussten, bis Putin endlich eingriff, das interessiert Annalena Baerbock hingegen nicht im Geringsten.

    „Wir werden Arbeit haben – sie aber keine. Wir werden Renten haben – sie nicht. Wir werden uns um Kinder und Rentner kümmern – sie bekommen dies nicht. Unsere Kinder werden in die Schulen und Kindergärten gehen und ihre Kinder werden in Kellern sitzen. Weil sie nichts tun können! So, und nur so gewinnen wir den Krieg.“ – Petro Poroschenko in Odessa im Oktober 2014

  4. In Berg Karabach kein Öl, kein Gas, kein Gold, keine Diamanten, kein Kobalt – keine Werte für den Westen. “Who cares?” diktiert der Demokraten-Ami seinem Trampolin-Papagei.

  5. Nicht zu vergessen die Rolle des armenischen Präsidenten, der brav von USAID (das ist keine Hilfsorganisation, wie der Name vermuten lassen könnte, steht AID doch für “Agency for International Development” = Umstürze u.ä.) gepampert wird und auf seine Leute in Berg Karabach gepfiffen und sie an Aserbaidschan ausgeliefert hat.

  6. Wenn die Leute lieber das Land verlassen um im ‘Kernland’ Armeniens unterzukommen (flüchten) heißt das noch nicht, dass sie vertrieben wurden. Wenn es Tote bei diesem Scharmützel gegeben hat, ist das natürlich traurig. Aber vielleicht sollte man auch mal die andere Seite hören, bevor man immer wieder in die gleiche Kerbe haut, denn Bilder lügen oft und auch die Vorgeschichte ist manchmal zu kennen hilfreich. Kontrafunk hat dazu ein Interview mit dem aserbaidjanischen Botschafter geführt: https://kontrafunk.radio/de/sendung-nachhoeren/politik-und-zeitgeschehen/kontrafunk-aktuell/kontrafunk-aktuell-vom-02-oktober-2023