Freitag, 3. Mai 2024
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Can You English? Oder wenigstens Bayerisch? Eine recht extreme Posse zur Weihnachtszeit

Can You English? Oder wenigstens Bayerisch? Eine recht extreme Posse zur Weihnachtszeit

Fei zünftig: Den Bajuwaren macht eine Faeser nix vor (Symbolbild:Imago)

Als der legendäre Pianist Wladimir Horowitz 1986 in London das Mozart’sche Klavierkonzert Nr. 23 einspielte, wurde er in einer Aufnahmepause von Journalisten gefragt, ob ihm etwa Kritik an seinem Mozart-Verständnis sehr nahe ginge. Darauf Horowitz: Der berühmte französische Dirigent Pierre Monteux, einer seiner Freunde, habe ihm einmal erzählt, dass nach einem Konzert eine dieser juwelenbehangenen vielfältigen Society-Ladies zu ihm kam und sagte: Maestro, wunderbar – aber der zweite Satz, der sei doch ein wenig zu langsam gewesen. Worauf Monteux sie anlächelte und sagte: „Madame, it doesn´t matter…” Was in diesem Fall soviel heißen sollte wie: „Madame, ihre Meinung ist ungefähr so wichtig wie wenn in der südlichen Mandschurei ein Aschenbecher umkippt“.

An diese kleine Begebenheit mußte ich denken, als ich jüngst in der Münchener Fußgängerzone saß – und streng nach heiligem bayerischen Gebote, also vor 12 Uhr vormittags – gerade eben meine dritte Münchener Weißwurst zu häuten begann. Ich darf noch hinzufügen, daß der Hauptgrund, gerade dieses Etablissement aufzusuchen, der war, dass ausgerechnet dort mein Lieblingsbier, nämlich das der Augustiner-Brauerei, zum Ausschank kommt, nach welchem mir schon seit Wochen der Sinn stand und welches ich gleich beim Betreten der Gaststube geordert hatte. Nach ungefähr 20 Minuten (die mir nicht zu lange schienen, da jede heilige Handlung einer inneren Sammlung und geistigen Vorbereitung bedarf) näherte sich eine wohlansehnliche Kellnerin, deren Dirndl ihre barocken Formen aufs Vortrefflichste zur Geltung brachte, mit dem berühmten Augustiner Edelstoff. Gut eingeschenkt, mit gerade dem Maß an Schaumkrone – so wie es sich für Bayerische Zapfkunst geziemt. Und natürlich frisch vom Faß.

Nichtbestellter Käse

Den zusätzlich beigebrachten Teller mit der Brezn (in Preußen auf gotteslästerliche Weise als „Brezel“ verharmlost) zierte eine extra große Portion Weihenstephaner Käse, so daß ich, der eigens aus dem heidnischen Preußen angereiste Gast, nun mit allen nötigen liturgischen Instrumenten ausgestattet endlich zum vorweihnachtlich-kulinarischen Hochamt schreiten konnte. Lediglich den Käse hatte ich nicht bestellt. In der gebotenen Ehrerbietung – denn das Gelingen meines gesamten Aufenthalts schien von ihrer Gunst abhängig – wagte ich, der Gast, sie, die Kellnerin, zu fragen, womit ich denn die ebenso köstliche wie kostenlose Beigabe des nicht bestellten Weihenstephaner Käse verdient hätte. Der Wirt schien meine Frage mitgehört zu haben, eilte herbei und erteilte mir bereitwillig Auskunft, wobei er eine Zeitung hoch über seinem Haupte schwang. Es war die Münchener “Süddeutsche Zeitung”, das Druckerzeugnis, welches Hubert Aiwanger zu seinem rauschenden Wahlerfolg verholfen hatte und das gerade eben wieder Frau Dr. Alice Weidels AfD ein täglich sich steigerndes Umfragehoch beschert.

In dieser Zeitung sei verkündet, so der Wirt, dass die Deutschen seit einem gemeinsamen Abendessen des Industriellen Herrn Theo Müller mit der AfD-Vorsitzenden Frau Dr. Alice Weidel aufgefordert seien, die ob ihrer Qualität parteiübergreifend gerühmten Erzeugnisse der Firmengruppe Theo Müller nicht mehr weiter zu verzehren – in welcher Form auch immer. (In Wahrheit gebrauchte er statt des Wortes „Zeitung“ einen Ausdruck, dem zwar die ganze geballte Ausdruckskraft des derben bayerischen Dialekts innewohnte, der jedoch bei sensibleren Gemütern und in den nördlicheren Gefilden der Republik zu Herzrhythmusstörungen und asthmatischer Atemnot führen könnte).

Ein Hoch auf Müller- und Sachsenmilch!

Und weil, so fuhr der Herr des Zapfhahns fort, dieser neuerliche Geistesblitz der Faeser-Nanny die Leut’ in etwa so viel interessiere, als wie wenn in der südlichen Mandschurei eben der besagte Aschenbecher umfiele, verlangten seine Gäste neuerdings ausschließlich – und nicht selten gar in gebieterischem Ton – nach dem aus dem Hause Müller stammenden Weihenstephaner Käse… und oft noch dazu (wohl einmalig in der ruhmreichen Geschichte bayerischer Gastlichkeit!) auch noch nach Müller- oder Sachsenmilch zum Dessert.

Er, der Wirt, habe sich sodann aus freien Stücken – und um von seiner geistigen Unabhängigkeit für alle sichtbar Zeugnis abzulegen – entschlossen, jedem Gast auf Kosten des Hauses einen Weihenstephaner Käse aus dem Hause Müller zu kredenzen. Er selbst, ergänzte er, könne jedenfalls nicht verstehen, wie man so saudumm sein könne und den Leuten wegen des Treffens eines verdienten Unternehmers mit der Repräsentantin der zweitstärksten politischen Kraft der Republik vorzuschreiben, was sie ab sofort nicht mehr essen oder trinken sollten. Und ich erinnere mich deutlich, daß er den Ausdruck „saudumm“ genauso wie hier beschrieben gebrauchte. Und nun verstand ich auch, warum sich in den Einkaufstüten der Besucher der Gaststätte Portionen von Müllermilch, Sachsenmilch und anderen Müllerschen Erzeugnissen in auffallend hoher Anzahl stapelten, die die handelsübliche Menge bei weitem übersteigt.

Andrang vorm Zeitungskasten

Als ich trotz der eingehenden, das Gebot zur Nichtüberschreitung der Höchstmenge missachtenden, Qualitätsprüfung bayerischen Hopfensafts immer noch aufrechten Ganges und klaren Blicks dem Marienplatz zustrebte, da fiel mein Blick auf einen der Zeitungsstände, wie sie die zum Platze führenden Nebenstraßen in großer Zahl zu säumen pflegen: Davor standen Trauben von Menschen verschiedenster Herkunft, in jeweils landesüblicher Tracht und verschiedenstem (will sagen: weiblichen oder männlichen) Geschlechts. Die Leser rieben sich ob der in Kleindruck gefassten Meldung der ersten Seite fast die Nasen an den ausgestellten Zeitungskästen wund – und wandten sich nach kurzer Inaugenscheinnahme des dort Gebotenen lachend und feixend wieder ab, nicht ohne die nachdrängenden Lesewilligen schenkelschlagend auf den Artikel hinzuweisen, der dort auf etwa 20 Zeilen so großes Interesse weckte.

Was nun stand dort bloß zu lesen? Was nur mochte der Anlass für diesen dem ansonsten eher behäbig-bedächtigen bayerischen Volkscharakter so zuwiderlaufenden Ausbruch an Fröhlichkeit sein? Hatte der Redakteur vom Dienst eine eigentlich für die kommende Faschingsausgabe reservierten Beitrag auf die Titelseite geschmuggelt? Hatte er sich – wohltuend und zum allgemeinen Vergnügen – zur Weihnachtszeit, in der das schmalzig Erhabene, das glühweintrunkene Festliche und das aufgesetzt Gutmenschliche zuweilen in allzu krassen Gegensatz zur gelebten Wirklichkeit zu geraten drohen,  den Scherz erlaubt zu schreiben,  Annalena Baerbock befinde sich (gottlob, möchte man hinzufügen) in einer schöpferischen Pause, und das Manuskript der nächsten Olaf Scholz-Rede sei angeblich zusammen mit belastendem Cum-Ex-Material aus einem versehentlich weit offen gelassenen Hamburger Safe entwendet worden? Das nicht.

“So ein Schmarrn!”

Stattdessen war hier zu lesen, dass Sachsens Verfassungsschutz die AfD (ich darf erläuternd hinzufügen: die dort inzwischen weitaus stärkste politische Kraft) als “gesichert rechtsextrem” einstufe. Was nicht weniger bedeutet, als dass man nun auch in Sachsen, nach 33 Jahren schmerzlichster Stasi-Abstinenz, endlich wieder nach Herzenslust abhören, bespitzeln, denunzieren, drangsalieren und die Bürger mit polizeilichen häuslichen Überfällen und eingetretenen Türen beglücken darf. Es hat lange gedauert, bis die bundesdeutschen demokratischen Kräfte von links bis links, von CDU bis zu den letzten DDR-Überbleibseln der Linken, endlich wieder zu ihrem so lange entbehrten Recht kamen! Eine späte Rache an den Leipziger Montagsdemonstranten aus dem Jahre 1989, dem Jahr, in dem der demokratische Sozialismus Erich Mielkes und Honeckers so überaus unwürdig und ungehörig unter die Räder kam.

Ungläubig und für eine Weile jeglichen Sprechens unfähig, verharrte ich eine Weile vor dem Zeitungsstande, bevor ich einen der umstehenden Eingeborenen in fließendem Bayerisch (einer Sprache, die mir trotz meines langjährigen Exils in Preußen noch immer uneingeschränkt zu Gebote steht) zu fragen imstande war: „Was moanan jetzt Sie?“ Soll soviel heißen wie: Was meinen Sie zu dem Ganzen? Die Antwort kam prompt: „Rechtsextrem! So ein Schmarrn. Aber die Sachsen, des san helle Köpf. So ein Blödsinn interessiert doch die Leit in Sachsen genauso vui als wia wenn in der südlichen Mandschurei a Aschenbecher umfoit.” Übersetzt: Welch ein Unsinn! Die Sachsen, das sind kluge Köpfe. Das interessiert die Leute in Sachsen doch genauso viel als wenn in der südlichen Mandschurei ein Aschenbecher umkippt. Oder eben: “Frau Faeser, it doesn´t matter.” Siehe oben.

10 Antworten

  1. Sehr schöner Beitrag aus dem Alltag, zumindest dem bayrischen. Danke dafür. Wir einfachen Leute haben viel in der Hand. Einfache Mittel, um einfach gute und aufrechte Mitmenschen zu unterstützen. Lassen wir, die den Karren ziehen, uns nicht auseinander dividieren. Trauen wir unseren Augen und unserem Verstand. Und sagen wir einfach, was uns einfach auf den Wecker fällt und was und umtreibt. Pfueats Ei.

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  2. @und die Bürger mit polizeilichen häuslichen Überfällen und eingetretenen Türen beglücken darf.
    oder die Antifa losschicken kann, die als NGO für so manche Schmutzarbeit gezahlt und geschützt wird :
    https://www.nachdenkseiten.de/?p=108643
    “Die Polizei hatte am 1. Mai zu einem Manöver gegriffen. Sie hatte mit der Antifa-Gruppe vereinbart, ihr den Platz für eine Kundgebung exklusiv zu überlassen – und zwar von 12 bis 22 Uhr, praktisch also den ganzen Tag. Damit waren die „Hygiene“-Demonstranten ausgesperrt. Beide Seiten – Polizei wie Antifa – bestätigten ihren Deal auf Nachfrage. Später bedankte sich ein Antifa-Redner einmal explizit bei der Polizei, dass sie ihnen diese „Inszenierung“ ermöglicht habe. Das gilt auch umgekehrt: Die Antifa half der Polizei, den Platz als Brennpunkt der Corona-Proteste unter Kontrolle zu bekommen und zu leeren.”

    Das konnte ich an einigen Montagspaziergängen selbst beobachten, wie die Antifa von Polizisten als Führungsoffiziere in Stellung gebracht wurde, um auf die Spaziergänge einzuwirken.
    Nachdem das aber mangels Gewalt nicht allzu erfolgreich war, hat dann die Polizei ihre Heldentruppen im Kampfpanzer in Stellung gebracht. An diesen Abenden war ich nicht sicher, gesund wieder nach Hause zu kommen. Die Panzertruppen wirken auf ehrliche Menschen durchaus bedrohlich mit Helm, Körperpanzer und Kampfausrüstung !

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  3. Die Bayern, oder in dem Falle die Münchner, die es noch gibt, die sind nicht so leicht zu erschrecken und glauben auch nicht jeden Blödsinn. Aber die Zuagroast´n aus aller Welt haben diese besondere Art der Toleranz und des Gleichmuts arg strapaziert und fast ausgelöscht.

  4. Die faschistischen Blockparteien haben schon so viele schwere Verbrechen begangen, da werden die Verbotsverfahren gegen diese beizeiten sehr zügig abgefrühstückt werden können.

  5. Netter Scherzartikel. Wieso aber ist gerade München dann eine links-grüne Hochburg? Wenn der Unsinn dort nicht mattert, wieso regiert er dann dort?