Moonshiner zu Zeiten der Prohibition: Ein Transportproblem

Moonshiner zu Zeiten der Prohibition: Ein Transportproblem

Eine einfache Anlage für das Brennen von Whisky
(Foto:Anderweltonline)

Im November wurden im namibischen Windhuk Verträge zwischen der Firma Hyphen und der Republik Namibia unterzeichnet. Gegenstand ist die Errichtung einer Wasserstoff-Anlage, die ab 2030 eine Jahresmenge von 300.000 Tonnen Wasserstoff liefern soll. Es wird bei dieser Menge des flüchtigen Gases sofort sichtbar, dass hier ein erhebliches Transportproblem auftauchen wird. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass bis in sechs Jahren genügend geeignete Schiffe vorhanden sein werden – wenn überhaupt jemals. Dass auch die Probleme für die Herstellung nicht gelöst sind, sei hier nur am Rande erwähnt (demnächst werde ich mehr dazu berichten).

Verlassen wir also das Thema „grünen Wasserstoff“ für heute und bleiben bei den Transportproblemen. Es gibt ein nettes Beispiel dafür, wie findige Farmer schon vor bald 300 Jahren ihre diesbezüglichen Schwierigkeiten lösten, und es passt gut zur nahenden närrischen Jahreszeit. Ganz nebenbei geben uns die Farmer aus jener Zeit einen Hinweis auf die Bauerproteste des Jahres 2024. Diese Farmer waren harte Knochen. Sie lösten 1794 die Whisky Rebellion” von Pennsylvania aus und zwangen George Washington, nochmals in den Sattel zu steigen.

Verprügelte Steuereintreiber

The Moonshiner” ist ein in Irland, Schottland, Australien und den USA bekannter Song. Laut Literatur soll seine Herkunft umstritten sein – aber das ist Unfug. Die Melodie ist ganz klar Irisch. Wer Ahnung hat, hört, dass es viele ähnliche Melodien in Irland gibt – und Songs, die vom Trinken, berichten natürlich auch. Andererseits ist bekannt, dass die Amerikaner gerne irische Songs klauen und sie als ihre eigenen ausgeben. Bob Dylan ist damit öfter dumm aufgefallen und hatte die Stirn, es noch zu leugnen. Was ist nun aber ein „Moonshiner„? In Irland und England steht das Wort für einen Zecher, der nachts bei Mondschein aus der Kneipe nach Hause geht; eine einfache Erklärung für die Namensfindung.

Bereits die ersten Siedler in den USA brannten mit einfachen Mitteln Schnaps. Das war damals noch legal und wurde nicht beanstandet. Nach dem Unabhängigkeitskrieg, der ja vor allem zur Vermeidung von Steuern geführt wurde, hatten die USA hohe Schulden, und aus diesem Grunde wurde eine Steuer auf Whisky eingeführt. Welche Ironie! Die Farmer und Siedler auf dem Land scherten sich aber nicht darum. Die Steuereintreiber wurden verprügelt, zuweilen gar geteert und gefedert. 1794 kam es zur besagten „Whisky-Revolte” von Pennsylvania, die gar militärisch niedergeschlagen werden musste, und wie gesagt: Sogar George Washington stieg nochmals in den Sattel und ritt mit 10 000 Mann los. Erst 1802 gab die Regierung den Farmern nach; die Steuer wurde wieder abgeschafft – jedoch nur, um dann nach dem Bürgerkrieg erneut (und seither für immer) wiedereingeführt zu werden. Aus den gleichen Gründen wie zuvor. Wer hätte daran gezweifelt? Pikant dabei übrigens war, dass die kleinen Bauern viel stärker belastet wurden als die großen.

Die Lösung für ein Transportproblem

Das Whiskybrennen hatte einen sehr praktischen Grund: Zwar konnte man genug Mais anbauen, auch in abgelegenen Gegenden mit schlechten Straßen – aber es war unmöglich, ihn zu vernünftigen Kosten dorthin zu transportieren, wo er verbraucht werden konnte. Der Farmer blieb oft buchstäblich auf seiner Ernte sitzen. Brannte man aber Schnaps daraus, so war es möglich, mit der gleichen Ladekapazität den zehnfachen Wert zu transportieren. Durch die Herstellung von Whisky wurde der Maisanbau profitabel.

Whisky wurde in den Bergen von Kentucky und Tennessee deshalb schon vor weit über hundert Jahren gebrannt – und davon jahrzehntelang bereits illegal. Man war also bestens in der Übung und vorbereitet, als die Prohibition in den USA kam. Das Schnaps- und Whiskybrennen gelangte während der Prohibition in den 1920-30er Jahren folglich zur Hochblüte. Meistens arbeitete man in kleinen Hütten, versteckt in den unzugänglichen Wäldern. Damit die Sheriffs den Rauch des Feuers nicht sehen konnten, wurde zumeist nachts gearbeitet. Der Stoff hieß deshalb „Moonshine Whisk(e)y”, „Moonshine”, oder noch kürzer „Shine”. Die Brenner waren bald die „Moonshiner”.

Schmuggler sind kreativ

Geschmuggelt wurden die Flaschen in großen Stiefeln. Die Schmuggler nannte man „Boot Leggers”. Boot Legging wurde später zum Synonym für illegale Aktivitäten (heute noch bekannt vom „Bootleg„, dem illegalen Mitschnitt von Konzerten) . Für den Transport gab es die sogenannten „Stock Cars”: Diese Autos sahen äußerlich normal aus, hatten aber frisierte Motoren, andere Stoßdämpfer und Federung und besonders griffige Reifen. Alle Sitze waren ausgebaut und der Innenraum wurde vollgepackt mit Kisten. Eine Legende aus dieser Zeit war der Ford V 8 – Motor aus dem Ford 18 von 1932, der von 65 PS aufs Doppelte getunt wurde. Gefahren wurde besonders nachts, ohne Licht. Diese hochtrainierten „Rum Runner” veranstalten sogar Rennen auf Sandpisten. Aus diesem sehr populären Stock Car Racing entstanden schließlich die NASCA-Autorennen. Ein ehemaliger Schmuggler wurde sogar Grand-Prix-Star und gewann in den 1950er Jahren gleich 50 Rennen dieser Serie.

Ein Problem mit dem Moonshine waren die häufigen Vergiftungen. Aber keine Methanolvergiftungen –  denn Hefen, die Maltose fermentieren, erzeugen sehr wenig Methanol; mit kleinen Dosen Methanol wird der Körper sogar ganz gut fertig, wenn Ethanol anwesend ist, dann besetzen die Ethanol-Moleküle nämlich bevorzugt alle Rezeptoren und Methanol kommt gar nicht zum Zug; aus diesem Grund ist der erste Therapieschritt bei einer Methanolvergiftung auch eine kräftige Gabe Ethanol. (Und selbstverständlich waren die Monstren gewitzt genug und trennten einen Vorlauf ab: da Methanol bei 65 Grad Celsius, Äthanol aber erst bei 79 Grad Celsius siedet, war es kein Problem, hier eine gute Trennung zu erreichen und die harten Profis, schafften das sogar ohne Thermometer: Sie schmeckten ab, wenn der gute Stoff kam. Wahre Helden!).

Das ruhmlose Ende der Prohibition

Nein, manchmal kam es zu Glykolvergiftungen: Für ihre Destillation benutzten die Moonshiner nämlich oft alte Autokühler, und die enthielten zum Teil Glykolreste. Und noch häufiger war eine schleichende Bleivergiftung durch Auswaschungen aus den Lötstellen. Bleiarmes Lot war damals noch nicht erfunden. Wirkliche Methanolvergiftungen gab es auch, aber die wurden dann durch gepantschten Industriealkohol verursacht. Dieser Industriealkohol war mit verschiedenen chemischen Stoffe vergällt – unter anderem auch mit Methanol. Die US-Regierung nahm damit bewusst den Tod von Menschen in Kauf. Es existieren sogar kaltschnäuzige Zitate wie „Geschieht den Leuten recht, sie müssen das ja nicht trinken!“ Auf Deutsch hieß das Produkt „Holzgeist”, weil es durch trockene Destillation aus Holz gewonnen wurde . bei einer Ausbeute von etwa 10 Prozent. Die technische Synthese gelang Matthias Pier im Jahr 1923 bei der BASF. Der größte Hersteller ist übrigens die saudische SABIC (damit wäre für grüne Bücklingsdiplomaten, die nach Quellen für E-Fuels suchen, ja schon die erste Destination definiert!).

Während finanziell bessergestellte Amerikaner damals auf den aus Kanada oder der Karibik eingeschmuggelten Stoff zurückgreifen konnten, starben hunderte Personen in den Slums, viele Tausende wurden schwer krank und erblindeten. Die Prohibition machte die Reichen reicher, die Armen ärmer und ruinierte am Ende die Wirtschaft. Außer einer bedeutenden Stärkung des organisierten Verbrechens wurde damals wenig bis nichts bewirkt. Es war eine Sackgasse der Ideologen und auch das ist eine Lehre für die Gegenwart. „Es gibt nichts Schlimmeres als eine Horde von Dummköpfen, die Gutes tun wollen“, sagte einst Alexandre de Toqueville. Ein Spruch, der seine zeitlose und universelle Gültigkeit bewahrt hat.


Dieser Beitrag erschien zuerst auf Anderweltonline.

4 Antworten

  1. Ein sehr interessanter, unterhaltsam geschriebener Beitrag über die Geschichte des Moonshine. Nur den Bezug zu den Schwierigkeiten beim Transport des Wasserstoffs muß ich verpaßt haben. 😉

  2. À propos Transportproblem:

    In der norwegischen Hauptstadt Oslo sind sämtliche Elektrobusse festgefroren / eingefroren. Hunderttausende Menschen kommen nicht zur Arbeit, Schüler nicht in die Schule.
    In der norwegischen Stadt Fredrikstad steht ein Busdepot mit Elektroschrott in Flammen, 10 Elektrobusse betroffen.
    In Sarpsborg, ebenfalls Norwegen, streiken die Busfahrer, möchten ihre Leben nicht in lebensgefährlichem Elektroschrott aufs Spiel setzen.

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  3. Wer mal in die Fußstapfen treten will…:
    https://www.kopp-verlag.de/a/%bbcoppergarden%ab-tischdestille-arabia

    Aber Achtung: Beachtet die Gesetzeslage!

    Das mit dem Methanol ist echt gefährlich. Die Großmutter eines älteren türkischen Kollegen hat nach seinen Angaben selber gebrannt. Wie er mir erzählt hat, hat sie damals das Erstdestillat nicht weg gekippt, sondern auf den Rest verteilt. Kann man vielleicht so machen, ab einer bestimmten Menge. Ich würde es nicht tun. Scheint nie was passiert zu sein.