Freitag, 26. April 2024
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Nach dem Crash: Was bedeutet uns eigentlich Facebook?

Nach dem Crash: Was bedeutet uns eigentlich Facebook?

Facebook-Nutzer (Symbolbild:Imago)

Hallo da draußen – sind alle wieder da? Nach dem Facebook-Schock von vorgestern Abend? Ich frage nur sicherheitshalber, es könnte schließlich auch so mancher vor einem vor Wut zertrümmerten Rechner sitzen – und nun, da alles wieder funktioniert, in ein Taschentuch schluchzen. Meine Güte, was habe ich gelitten! Einige würden dies als Beweis dafür nehmen, wie abhängig wir alle vom Internet sind, schließlich könne man auch ein gutes Buch lesen, anstatt bei Facebook in die Tasten zu hauen? Natürlich kann man das und tut es auch bisweilen – aber wer liest schon Bücher, ohne nachher davon zu erzählen?
Facebook hat mittlerweile im Internet die Funktion eines mittelalterlichen Marktes angenommen.

Inklusive des Prangers, des Tratsches und der mehr oder minder regierungsfreundlichen Gespräche. Man ging nicht nur dorthin, um das handgeschnitzte Spinnrad zu verkaufen, sondern auch, um die neuesten Nachrichten zu hören. Menschen, die sich sonst nie getroffen hätten, tauschten Neuigkeiten über ihre Region aus. So entstand ein Bewusstsein dafür, dass es außerhalb der eigenen kleinen Welt auch noch etwas anderes gab. Virtuell erfüllt Facebook eine ähnliche Funktion – wo würde ich sonst Menschen aus aller Welt kennenlernen?

Den etablierten Medien ist es deshalb ein Dorn im Auge, denn Facebook untergräbt ihr Meinungsmacher-Monopol. Eine gewisse Schadenfreude schwang deshalb mit, als das Netzwerk für einen Abend zusammenbrach, und die üblichen Klischees wurden serviert. Der Facebook-User, der nie ein Buch liest und ohnehin nur Belangloses zu sagen hat. Wir als Nutzer-Gemeinde wissen, dass es längst anders geworden ist. Und so verwunderte es auch nicht, dass man mit Freuden die Botschaft einer Ex-Mitarbeiterin aufnahm, die verlautbaren ließ, auf der Plattform herrsche zu wenig Kontrolle über gefährliche Inhalte (wie passt das zum Klischee der Belanglosigkeit?). Kontinuierlich wird uns schon eingeredet, Facebook stecke voller rechter Trolle, nun soll es auch noch jugendgefährdend sein. Um des Profits willen dulde es etwa den Austausch von Selbstmordfantasien von jungen Menschen.

Sorge der Medien um ihr Meinungsmacher-Monopol

Huch – ein Konzern will Profit machen? Was für eine Überraschung! Ist nicht gerade das der Grund dafür, warum die Zensur, über die wir uns alle schon maßlos geärgert haben, sich auch danach ausrichtet, welche Werbekunden und Interessengruppen man nicht verprellen will? Dabei ist Jugendschutz tatsächlich kein bestimmendes Thema, denn diese Altersgruppe ist längst zu anderen Plattformen wie Instagram abgewandert. Die Klientel von Facebook dürfte sich mehrheitlich aus den mittleren Jahrgängen zusammensetzen.
Zensur auf Facebook ist vielmehr politischer Natur und wirkt oft willkürlich – tatsächlich gaben Mitarbeiter eines “Sperrzentrums” gegenüber einem Online-Journalisten der “Achse” zu, beim Sperren von Nutzern und Beiträgen nicht nach festen Richtlinien, sondern nach Bauchgefühl zu handeln. So kommt es wohl zustande, dass dieses Bauchgefühl sich in einer Ecke zusammenrollt, wenn etwa anti-israelische oder linksextreme Beiträge gemeldet werden, sich aber lautstark selbst bei harmlosen “Beleidigungen” zu Wort meldet.

Was eine Hassbotschaft ist, scheint sich auch danach zu richten, wie präsent der Adressat bei Facebook ist, und man müsste schon sehr naiv sein, um nicht zu bemerken, wie unser Kaufverhalten hier registriert und analysiert wird – auch wenn dabei manchmal kuriose Werbeangebote herauskommen. Wenn eine gewisse Religionsgemeinschaft über eine Milliarde Mitglieder auf der Welt hat – Tendenz steigend – dann verärgert man sie nicht, das kostet bares Geld.

Mit Schutz hat das sehr wenig zu tun, da hat unsere Whistleblowerin schon vollkommen recht. Das Thema Jugendschutz wurde allerdings von den Medien begeistert aufgegriffen, weil es sich moralisch einwandfrei anhört. Schließlich kann die “Tagesschau” niemanden dazu zwingen, nur noch ihre Sicht der Dinge zu akzeptieren – aber ihre Anhängsel wie das Rechercheportal “Correctiv” greifen auch steuernd hier bei Facebook ein, indem sie uns etwa jeden Beitrag zu Corona mit einem Warnhinweis verschandeln. Facebook ist hier auf sehr offene Art und Weise regierungsfreundlich. Es gibt eine Art Hassliebe zwischen Facebook und seinen Nutzern, man hat hier die Möglichkeit, seine Gedanken und Weltsicht anderen Benutzern vorzustellen, muss aber jederzeit damit rechnen, für Nichtigkeiten tage- und wochenlang vor die Tür gesetzt zu werden. Es ist dann schön, einen Teil seiner Leser inzwischen auch im “richtigen” Leben zu kennen. Denn Facebook ist nur die Hülle; ob sie sinnvoll gefüllt wird, liegt an uns.

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