Die liebgewonnene Pandemie: Deutsche Sehnsucht nach dem Lockdown

Die liebgewonnene Pandemie: Deutsche Sehnsucht nach dem Lockdown

Das neue Normal für viele Deutsche: „Leben mit Corona“ (Foto:Imago)

Wie schon einmal während des Lockdowns, als deutsche Leitmedien alles dafür taten, „Öffnungsorgien“ oder „lebensgefährliche“ Lockerungen zu verhindern, scheint für manche Journalisten die Rückkehr zu einer „vorpandemischen“ Normalität beängstigender zu sein als das Virus selbst. Das zeigt sich nicht nur in der selektiven Wahrnehmung und Berichterstattung fast nur über Länder, aus denen sich entweder gerade wieder einmal bedrohliche Inzidenzen vermelden lassen oder die Politik weitere Verschärfungen betreibt. Neuerdings wird auch verstärkt Framing betrieben, um die den Deutschen erfolgreich eingeimpfte Psychose als neuen Normalzustand zu akzeptieren.

Unter dem denkwürdigen Titel „Keine Lust auf Freiheit? Warum manche Deutsche den Lockdown vermissen“ machte diese Woche „Focus Online“ mit einer abenteuerlichen Geschichte über das neue deutsche Angstbürgertum auf, das sich „an die neue Lebensweise gewöhnt“ habe und „die derzeitigen Freiheiten kritisch“ sähe. Alleine schon in der letzten Formulierung setzt sich dasselbe fundamentale Missverständnis einer Politik fort, die das zur Disposition stellte, was eigentlich unverrückbar und unter keinen Umständen jemals hätte antastbar sein dürfen: Grundrechte und Freiheiten, die eine demokratische Gesellschaft so dringend braucht wie die Luft zum Atmen. An grundgesetzlich garantierten „Freiheiten“ gibt es generell schonmal deshalb nichts „kritisch zu sehen“, weil sie unveräußerlich sind – und wer dies doch wagt, der hat im Geltungsbereich dieses Grundgesetzes nichts verloren und ist ein latenter Verfassungsfeind. Soweit die Theorie.

Sozial erwünschte Verfassungsfeindlichkeit

In der Praxis ist daraus eine Art sozial erwünschter Verfassungsfeindlichkeit geworden. Konstante Freiheitsberaubung ist zum Erkennungszeichen einer staatstragenden Gesundheitssekte geworden, die eben nicht länger Freiheit, sondern Gesundheit in den Mittelpunkt ihres Handeln stellt und sich anmaßt, im Namen dieses totalisierten Ziels alle ihr erforderlich scheinenden Maßnahmen und Beschränkungen ergreifen zu dürfen. Dabei geht es, versteht sich, stets nur um die Bewahrung der Bürger vor einem einzigen Lebensrisiko namens Corona; alle anderen, teilweise schon für sich betrachtet (und in der Summe ohnehin) ungleich gefährlicheren, tödlicheren und vor allem wahrscheinlicheren Eventualitäten werden ausgeblendet und so – je nach Sichtweise – in der Eigenverantwortlichkeit oder Schicksalsergebenheit der Menschen belassen.

Krebs, Herz-Kreislauferkrankungen, Hepatitis C, multiresistente Erreger, Aids, Diabetes, Lungenentzündung und unendlich viele mehr; ganz zu schweigen von den allgegenwärtigen Bedrohungen im Straßenverkehr oder die Gefahr, der durch dieselbe Politik importierten Terror- und Kriminalitätszunahme zum Opfer zu fallen: Das alles interessiert die „Lebensretter“ der Politik nicht im Geringsten, hier werden Eigenverantwortung und Vorsicht zur Tugend. Dabei hätte der Staat auch wegen jeder einzelnen dieser Lebensrisiken mit derselben Logik wie bei Corona – oder sogar noch plausibler – ebenso gut immer schon Lockdowns, Restriktionen und „Schutzmaßnahmen“ verordnen können. Dass dies zuvor noch nie geschehen ist, nun jedoch plötzlich weltweit als Folge einer WHO-induzierten „Pandemie“, ist mehr als denkwürdig.

Mindestens ebenso verhängnisvoll wie die Entfesselung dieser gespenstischen neuen Realität aber ist der Versuch, sie zum Dauerzustand zu machen und die Menschen, losgelöst vom ursprünglichen Bedrohungsgrund und ganz zweckfrei, an diesen zu gewöhnen. In einer überalterten Gesellschaft wie Deutschland, wo die wahlentscheidende relative Mehrheit bereits im oder kurz vor dem Rentenalter steht und von den Corona-Beschränkungen nicht ansatzweise so betroffen ist wie die heranwachsenden und aktiven Bevölkerungsgruppen, fällt dieser Switch des kollektiven Normalempfindens offenbar besonders leicht. So gibt, wie „Focus“ schreibt, laut einer aktuellen repräsentativen Umfrage rund ein Zehntel der Menschen ab 40 Jahren an, „bestimmte Dinge aus den Lockdown-Zeiten zu vermissen„. Besonders verstörend: Knapp sieben Prozent der sogenannten Baby Boomer – jene im heutigen Alter ab 56 Jahren – und rund acht Prozent der „Generation Y“, also der heute 26- bis 39-jährigen, wollen ihren Pandemie-Alltag sogar „am liebsten gleich ganz“ beibehalten.

Deutscher Herden-Fatalismus

Angesichts solcher Zahlen ist es dann auch kein Wunder, wieso sich so viele Deutsche in ihr „Schicksal“ fügen und ein noch ausgeprägteres Herdenverhalten entwickeln als schon vor der Pandemie. Die deutsche Untertänigkeit als Erbe aus 150 Jahren verpfuschter nationaler Einheitsgeschichte mag hieran ihren Anteil haben. Im Zeichen der vermeintlichen Gefahr scharen sich die Deutschen vertrauensselig hinter ihre jeweiligen Führer – und heute ist dies, bitter aber wahr, Merkels Corona-Regime. Und auch dieses die Menschen dieses Landes wieder und wieder belogen hat, die Regierung erkennbar plan- und ahnungslos agiert und das sie gesetzte Vertrauen seit Corona-Beginn unzählige Male enttäuscht hat: die Mehrheit nimmt jede Zumutung hin, von Maskenpflicht bis 2G, auch wenn sie ihr subjektiv noch so sinnlos erscheinen mag. Der Selbstbetrug, es gäbe einen höheren Sinn und die da oben wüssten schon, was sie tun, generiert das, was als „Eigendynamik der Selbstdisziplinierung“ beschrieben wird.

Und so wird auch kaum jemand stutzig, dass überall dort, wo schon vor zwei Monaten oder früher alle Beschränkungen aufgehoben wurden, die „vierte Welle“ ganz von alleine abgeebbt ist, während mit selbiger bei uns als Bedrohungssubstrat weiterhin Politik gemacht wird. Oder dass Dänemark übernächste Woche ALLE Beschränkungen aufhebt. Dass es in Schweden fast nie welche gab und dort seit Monaten, anders als hier, praktisch überhaupt keine Corona-Toten mehr zu verzeichnen sind. Die meisten nehmen es auch gar nicht wahr. Die Diffamierung und Diabolisierung der „Querdenker“ hat vor diesem Hintergrund Methode: Jene, die eigentlich exakt so denken und fühlen wie die, die sich da auf die Straße trauen, wollen unter keinen Umständen Gefahr laufen, mit ihnen in den Nazi- und Spinnergulag gesteckt zu werden – und schrecken wirksam vor öffentlichen Unmutsäußerungen zurück. Die wenigen der Intelligenzija, die zur Zivilcourage und geistigen Selbstbehauptung aufrufen – wie etwa der Regisseur Dietrich Brüggemann – leben gefährlich oder werden totgeschwiegen. Für die Mainstreammedien sind offenbar jene berichtenswerter, die sich wohlig an den Coronawahn gewöhnt haben, als die, die seine Zwänge zu durchbrechen versuchen.

Das Erreichte darf nicht gefährdet werden„: Dieses Merkel-Credo, einst bezogen auf politische Domänen wie Schuldenbremse und Klimaschutz, wird uns seit Corona-Zeiten zur Perpetuierung und Zementierung eines ursprünglich doch vermeintlich nur kurz zu erduldenden krankhaften Zustands um die Ohren gehauen. Was jedoch, bitte sehr, haben wir da eigentlich erreicht? Dass selbst Geimpfte ohne Test und ständigen Unbedenklichkeitsnachweis nicht mehr aus dem Haus dürfen? Dass ein Teil der Bevölkerung faktisch rechtlos geworden ist und am sozialen und kulturellen Leben nicht mehr teilhaben darf? Dass unsere demokratischen Institutionen zur Farce geworden sind und das Grundgesetz durch ein Infektionsschutzgesetz ausgetauscht wurde? Wenn das die Normalität sein soll, nach der viele sich sehnen, droht dieses Land ein weiteres Mal zum Gefängnis zu werden. Vielleicht ist es an der Zeit, sich rechtzeitig in Sicherheit zu bringen.

2 Antworten

  1. Zitat: „Knapp sieben Prozent der sogenannten Baby Boomer – jene im heutigen Alter ab 56 Jahren – und rund acht Prozent der „Generation Y“, also der heute 26- bis 39-jährigen, wollen ihren Pandemie-Alltag sogar „am liebsten gleich ganz“ beibehalten.“

    Das sollen die wegen mir mir gerne machen, die können für sich Lockdown spielen, zusammen mit Panikmeldungen und Aufzeichnungen von Merkel-Stotter-Reden, auch im Ganzkörperanzug einkaufen gehen oder sich meinetwegen nach der Selbstisolation auch gleich aufhängen – aber die sollen mich damit in Ruhe lassen. Ich verweigere das ganze Brimborium und bin bisher mit einem einzigen echten Test ausgekommen, „impfen“ kommt schon mal gar nicht in Frage!!!

  2. „LAß DIE MOLEKÜLE RASEN ,
    WAS SIE AUCH ZUSAMMENKNOBELN ,
    LAß DAS TÜFTELN , LAß DAS HOBELN –
    HEILIG HALTE DIE EKSTASEN !
    DIE UNKT UNKT , DIE SPINNE SPINNT….
    UND SCHIEFE SCHEITEL KÄMMT DER WIND !“

    CHRISTIAN MORGENSTERN
    herzitiert von Rüdiger Saul , Mainz