Glück und Unglück des Wettbewerbsmenschen

Glück und Unglück des Wettbewerbsmenschen

Leistung und Ehrgeiz werden von Anachronisten eindeutig überschätzt (Symbolbild:Pixabay)

Es gibt noch allerlei Gestriges auf dem Globus. Zum Beispiel Wettbewerbsmenschen. Ich bin einer. Ich gewinne unsympathisch gern. Beim Ballsport zum Beispiel. Des Öfteren musste ich gebremst werden. Von mir geworfene und geschlagene Bälle galten selbst bei Turnieren lange Zeit als übertrieben hart. Es wurde daher nicht selten mit hochgezogenen Augenbrauen zur Mäßigung gemahnt. In der Schule kündeten meine Zeugnisse von peinlichem Strebertum, obwohl sich der Aufwand dafür in Grenzen hielt. Im Studium lief ich immer zur Hochform auf, wenn sechzig Studenten im Übungsseminar in zwei Stunden eine gestellte Bauaufgabe durch ihre zeichnerischen Entwürfe lösen mussten, aus denen dann von allen ein Sieger gekürt, an die Tafel gehängt und vom Verfasser erläutert werden musste. Diese Mentalität führte später als Selbständiger zur Fähigkeit, für ein gutes Ergebnis nächtelang durchzuarbeiten. So lange, bis ich vom Optimum einigermaßen überzeugt war. Perfektionismus nennt man diese Fehlsteuerung.

So ganz bin das nicht losgeworden. Gern zeigt sich meine Familie darüber pikiert, dass ich bei Spielen jeglicher Art überhaupt und ständig gewönne. Man vermutet, ich würde es bisweilen und mit Hinterlist regelrecht darauf anlegen, als Sieger hervorzugehen. Dabei spiele ich gar nicht besonders gern. Vermutlich, weil ich ständig gewinne. Als besonders charakterschwach gilt es, die eigenen Kinder, egal ob zehn oder fast vierzig, nicht gewinnen zu lassen. Meine kleinlaute Entgegnung, dass Spiele ja in der Regel darauf aufgebaut sind, Sieger und Verlierer zu generieren, und man bestrebt sein müsse, besser zu werden, verpufft sofort. Spielen, gibt man mir Ehrgeizling subkutan zu verstehen, sei ein Zeitvertreib, bei dem es vor allem auf Harmonie und Einfühlungsvermögen ankomme. Hab gleich im Netz nachgesehen. Und tatsächlich: Da steht es in seiner ganzen Brutalität, schwarz auf weiß: Gewinnt ein Kind, muss ein anderes verlieren! Es ginge um Zusammenarbeit, Vertrauen und die Akzeptanz all derjenigen, die anders sind. Wer wollte meine offensichtliche pädagogische Verirrung nun noch bestreiten?

Genug gewonnen

Gott sei Dank habe ich inzwischen oft genug gewonnen. Ich lebe bescheiden, verzichte auf extravagante Outfits und schiebe der Kleinsten das eine oder andere As in den Fächer. Ich fahre untermotorisierte Autos. Ganz bewusst. Denn ich bin aus unerfindlichen Gründen bis heute daran interessiert, es irgendwann nach einer gewissen Zeit am anvisierten Ziel wieder verlassen zu können, während das Gefährt für andere ein Naherholungsort zu sein scheint. Für mich ist der nach hinten drehbare Beifahrersitz zweifellos der bessere Ort. Ich zügle mich, so oft es geht. Hier und da mit Erfolg. Für die meisten Zeitgenossen ist mein Gepäck aber noch lange nicht leicht genug, die Ansprüche unangemessen hoch. Ich finde kaum gute Filme oder Theaterstücke, ärgere mich unsterblich über die grassierende Unpünktlichkeit oder monatelang geplante und dann im letzten Moment abgesagte Verabredungen. Ich begreife keinen der öffentlich aufgestellten, offensichtlich missratenen Weihnachtsbäume mit irgendwie aufgeworfenen, an fetten Kabeln herabhängenden Kerzenimitaten. Mich zu beschenken, gilt bis heute als undankbar, obwohl ich mich zeitlebens für jede noch so lieblose Geschmacklosigkeit artig bedankt habe. Womöglich muss ich am Gesichtsausdruck arbeiten. Es bleibt schwierig.

Wahrscheinlich ist es auch der Wettbewerbsmensch in meinem Dickkopf, der ständig an der Politik herummäkelt. Das dort geltende Wettbewerbsgeschehen will sich mir partout nicht erschließen, obwohl mein Forscherdasein keine Ausgrabungsstätte ausgelassen hat. Denn überall sehe ich Wettbewerbsmenschen, ja ganze Wettbewerbsnationen, die so funktionieren wie ich. Das macht’s schwierig. Ständig suche ich in der hiesigen Gesellschaft höherer Ordnung nach messbaren Ergebnissen, habe irgendetwas zu nörgeln und zu verbessern. Ich muss jetzt dringend entspannter werden. Der entspannte Mensch von heute hat nichts, braucht wenig, will auch nichts und ist im Wesentlichen zufrieden. Er ersetzt Zensuren durch optimistische Ausblicke, Karrieren durch Arbeit-Lust-Balance, Wohlstand durch Wohlgefühl. Für ihn gibt es zweifellos nichts Störenderes als Wettbewerbsmenschen wie mich, die immer eine gewisse Unruhe verbreiten und ihre Zurückgebliebenheit dadurch demonstrieren, dass sie irgendwelche, zumeist sogar irgendwie eigennützige Ziele verfolgen, dabei entstehende Ungleichheiten brüsk übergehen und die Strahlkraft des unbedingten Glücks im Augenblick penetrant nicht sehen wollen. Dabei geht doch im Grunde nichts über das Lebensgefühl einer Fruchtfliege in der Biomülltonne. Man muss einfach loslassen. Ich verspreche – ich arbeite dran.

7 Antworten

  1. Wunderbar :)) was hab ich gelacht :)) Irgendwie wirds hier allgemein immer lustiger :))
    Ich war in jungen Jahren ja auch immer ein Ehrgeizling der gern gewann, tu ich auch immernoch gern. Ich war aber eher die Heldin des Völkerballs, die nie getroffen werden konnte. So lausig ich im werfen war, man gab mir nie den Ball, so wendig war ich im ausweichen :)) Das ist mir auch erhalten geblieben. Auf der Suche nach den Ursachen, warum ich den noch nicht geimpft bin und auch sonst keine sonderliche Anfälligkeit für Schwarminstinkte zeige, stolperte ich über die Beschreibung des Skeptikers. Von Zweifeln zerfressen zu völliger Untätigkeit verdammt, hieß es da :)) Ja, da kann ich mich durchaus drin wiederfinden….Da beissen sich selbst die härtesten Bösewichter die Zähne aus, mich zu bewaffnen und gegen eine Front zu schicken :)) Ich hab da nämlich vorher noch Fragen…. :))
    Mein größter Alptraum während des hiesigen Weltuntergangs, die Welt geht ja seit ihrer Geburt scheinbar ständig unaufhörlich unter (uns Menschen nicht ganz unähnlich), von irgendwelchen Idioten vor irgendeinen Karren gespannt zu werden wie ein Esel, für irgendein Ideal. Ich lebe nunmal gern so, dass ich nichts bereuen muss. Nicht wegen einem strafenden Gericht. Sondern weil ich es einfach angenehm finde so zu Leben, vielleicht bin ich da einfach zu hedonistisch. Der eine mag im offenen Wettstreit aufgehen, dafür hatte ich nie das Nervengeflecht, alles viel zu aufregend :)) und andere indem sie nicht getroffen werden können. Damit kann man durchaus auch noch als letzter am Spielfeld stehen. Zumindest ist sichergestellt, dass ich mich nicht in sinnlosen Aktionismus ergehe, der nur dem Feind nützt, weil er mich instrumentalisiert hat und ist auch äußerst karmaschonend. Lange Zeit dachte ich, man muss doch was tun, das kann man doch nicht so lassen, die Frage ist nur was!!! Aber egal, wie mans dreht und wendet, sobald man was tut, gewinnt die Gegenseite. Es sei denn man kümmert sich nur um seinen eigenen Scheiss und fertig. Da hat man auch was getan und hat auch noch was davon :)) Heute weiß ich: einen alten Scheiss muss ich :)) Wenn sich jeder um sich selber (und die Seinen) kümmert ist auch jedem geholfen.

    10
  2. Ich bin in einer nordeutschen Großstadt aufgewachsen, in einem Neubauviertel ,der siebziger Jahre,
    dort gab es neue Schulgebäude, ein neunen Sportplatz, ein neues Hallenbad gleich neben einem
    Freibad vom allerfeinsten. Es waren die siebziger Jahre , eingebrochen wurde in der Gegend
    überhaupt nicht, keine Frau, oder Mädchen, wurde sexuell belästigt, wenn sie sich oben ohne
    sonnte, keine Schlägerei im Schwimmbad, die Autorität des Bademeisters wurde anerkannt.
    Von den Strassen und dem Fußweg, konnte man fasst essen, so sauber waren ,die Strassen
    und Fußwege. Beides war in sehr gutem Zustand. Wer arbeitslos war faul, denn Arbeit,
    gab es selbst für den Dümmsten,wenn er wollte. Türken konnte man mit der Lupe suchen,
    wenige Italiener und Spanier, liefen im Stadtteil herum. Von ungefähr 1200 Schülern im
    Schulzentrum, waren circa 20 bis dreißig ausländischer Herkunft. Die Schule war absolut
    sauber und gepflegt. Das ganze Neubauviertel wurde, von deutschen Handwerkern aufgebaut,
    ohne ausländische Hilfe. Vom Krieg war 19 74 nichts mehr zu sehen, oder auf zu bauen.
    Aus heutiger Sicht kann ich sagen, das war das wahre Arbeiter und Bauernparadies. Ich
    sehne mich ,nach dieser Zeit zurück, es ist unvergleichbar mit dem heutigen deutschen
    Irrenhaus.

    16
  3. Ohne Wettbewerb und Anforderungen säßen wir heute noch in Höhlen um Lagerfeuer und würden unsere Nahrung mit Pfeil und Bogen jagen.

  4. Wettbewerb ist okay. Ich mag Spiele sehr. Was ich jedoch nicht mag, sind asoziale Arschlöcher. Die Menschen kapieren einfach nicht, dass es bei Spielen, aber auch bei wirklich wichtigen Dingen, darum geht, den oder die Besten zu ermitteln. wenn ich die beste Version von jemanden kennenlernen will, muss ich mich darum bemühen, zu bewerkstelligen, dass er die beste Version von sich wird. Davon werde auch ich profitieren. Vorausgesetzt er ist kein asoziales geisteskrankes Arschloch. Daher sagte ich ja bereits, muss man Charaktertests machen. Ich kann und darf keinem Geisteskranken hohe Bildung oder überhaupt Bildung erlauben. Ich kann ja einen geisteskranken Kriminellen nicht noch dadurch schädlicher machen, indem ich ihm Bildung gebe. Bei uns gibt es wie gesagt keine Charaktertests. Und die inoffiziellen, die es gibt, suchen sich gerade diesen Abschaum und machen ihn zu Werkzeugen eurer Blödmafia.

    Es gibt einen guten und richtigen Weg und dann gibt es euren Weg. Und euer Weg ist falsch. Wenn ich höre, dass AfD-Politiker sagen, ja wir müssen die Zuwanderung begrenzen, könnte ich kotzen. Jeder einzelne Politiker, der heute im Bundestag sitzt, jeder einzelne Akademiker und jeder, der hier in dieser Welt erfolgreich ist, wäre in jeder realen Welt, wahrscheinlich nicht mal am leben. Und das wäre besser so. Wie gesagt, was man tatsächlich tun sollte, ist keine Begrenzung der illegalen Einwanderung, sondern man müsste wieder homogene Verhältnisse schaffen. Das heißt hier dürfen nur Deutsche leben. Sonst niemand. Das ist die Grundvoraussetzung für Glück und Frieden. Wenn ich hier mit Affen zusammenleben muss, die mir feindlich gesinnt sind, dann herrscht kein Frieden und wird auch nie Frieden herrschen. Das Wort Affe bezieht sich mehr auf die Charaktereigenschaften. Ich will damit keine bestimmte Rasse verunglimpfen.

    Die AfD ist ein Witz, genau wie ihr, aber ich kein Witz. Ich sollte wirklich was zu sagen haben.

  5. ZITAT: “Von mir geworfene und geschlagene Bälle galten selbst bei Turnieren lange Zeit als übertrieben hart.”

    Keine Gewalt gegen Bälle! 🙂

    ZITAT: “…aus denen dann von allen ein Sieger gekürt, an die Tafel gehängt…”

    Keine Gealt gegen Sieger! 🙂