Vor einer Woche brachte ein außer Kontrolle geratenes Cargoschiff mehrere riesige Stahlkräne in einem Hafen in der türkischen Provinz Kacaeli zu Fall. Gestern nun rammte ein 2015 in Südkorea gebautes, vollbeladenes 300-Meter-Containerschiff nach einem Stromausfall einen der beiden Hauptpfeiler der Francis Scott Key Bridge in Baltimore. Der Lotse und sein Versuch, den Anker zu werfen, konnten die schiere Masse nicht mehr rechtzeitig zum Halten bringen. Die gelenkig aufgelagerte Konstruktion der Fachwerkbrücke brachte es mit sich, dass die gesamte Stahlkonstruktion auch seitlich der Pfeiler auf voller Länge in den Fluß Patapsco stürzte und zahlreiche Fahrzeuge und Menschen mit ins 9 Grad kalte Wasser riss. Immerhin hatte der abgesetzte Notruf die Sperrung der Brücke ermöglicht – allerdings erst, als diese für alle sichtbar nicht mehr existierte.
Das ausgerechnet nach dem unberechenbaren Exzentriker „Dali“ benannte Wassergefährt stand wohl unter keinem guten Stern: Bereits ein Jahr nach ihrem Stapellauf war sie in eine Kaimauer in Antwerpen gekracht. Der Unfall wird vermutlich als wiederholter Präzedenzfall neue Vorschriften über redundante Systeme im Schiffsbau nach sich ziehen, was wiederum perspektivisch zu höheren Transportkosten führen wird. Überhaupt wird das Ereignis Wellen weit über das Hafenbecken von Baltimore hinaus schlagen.
Gravierende Folgen
Die ersten nüchternen Gedanken, die in mir aufkamen, waren deshalb die an die Bewältigung der Folgen. An die Abläufe und Zeiträume. Dazu muss man sich Einiges ins Bewusstsein rufen: Einer der bedeutendsten Häfen der USA – im Bereich Automobilzulieferung der mit Abstand wichtigste – ist in seinen zentralen Bereichen auf kaum absehbare Zeit unbenutzbar geworden. Die Hafenzufahrt ist für größere Schiffe auf der gesamten Breite durch eine riesige Menge verknäulter Stahlteile versperrt, auf denen zuvor jeden Tag 150.000 Fahrzeuge unterwegs waren. 40 Schiffe, darunter ein deutscher Frachter, sind jetzt eingeschlossen und damit wertlos. Mercedes hatte nicht das Glück seiner Konkurrenten BMW und VW, die ihre Terminals noch vor der Brücke angesiedelt haben. Sie sitzen dahinter. Der zentrale Umschlagplatz mit dem Stern dürfte nun für Monate, wenn nicht Jahre ausfallen.
So wie den dort Beschäftigten wird es auch den etwa 15.000 direkt betroffenen Hafenmitarbeitern gehen, die sich über kurz oder lang nach neuen Jobs umsehen müssen. Stückgut, Flüssiggas, Gips wurden in dem Hafen an der Ostküste umgeschlagen. Internationale, insbesondere asiatische Kreuzfahrtschiffe liefen ein und aus. Das alles passiert in einer Zeit, in der sowohl der Panamakanal als auch der Suezkanal nur eingeschränkt befahrbar sind. Die Folgen dieses Crashs für die Inflation, Lieferketten, Welthandel sind also derzeit kaum zu überschauen.
In Asien würde keine Zeit verloren
Theoretisch ist schnell durchdacht, was zur Schadensbegrenzung sofort zu veranlassen wäre: In asiatischen Ländern, das fiel mir zuerst ein, würden vermutlich in spätestens einer Woche Taucher damit beginnen, die Konstruktion in handliche Stücke zu zerteilen, in einem Monat wäre die Zufahrt für den Schiffsverkehr wieder frei; mehr noch: spätestens Anfang 2025 lägen Pläne für eine neue Brücke vor und auf dieser würden wahrscheinlich – konservativ geschätzt – 2027 die ersten Fahrzeuge fahren. Wenn ich diese Kausalketten in die Funktionsweise einer westlichen Industriegesellschaft wie den USA mit ihren zweifellos beachtlichen ökonomischen Möglichkeiten übersetze, gäbe es zwei Szenarien – ein optimistisches und ein typisches. Die 2018 in Genua nach einem Erdbeben eingestürzte Morandi-Brücke war bereits zwei Jahre später durch die vom nationalen Allesplaner Renzo Piano entworfene San-Giorgio-Brücke ersetzt worden; eine Leistung, deren Zustandekommen mich sehr erstaunt hat und die ich im Fall von Baltimore für nicht wiederholbar halte. Ein anderes Procedere ist daher wahrscheinlicher.
Meine Prognose sieht in etwa wie folgt aus: Die Auftragsvergabe der Beräumung durch Bergungsunternehmen dauert Monate. Es bricht ein Streit über die Finanzierung aus, die erst nach Klärung der Haftungsfrage und etlichen Prozessen geregelt werden kann, in denen sich Anwaltskanzleien von Versicherungskonzernen dumm und dämlich verdienen. Schiffskonstruktion, die Rolle des Lotsen, etwaige Bedienfehler, eventuell schuldhaftes Verhalten im Zusammenhang mit der Brückensubstanz – all das wird mit Gutachten und Gegengutachten aufgearbeitet, besser gesagt vernebelt, werden. Am Ende irgendwann werden es dann auf Staatskosten vorfinanzierte Holländer sein, die den Job erledigen. Zwischenzeitlich wird diskutiert werden, ob logistische Kapazitäten in andere Häfen verlagert werden können und ob der Hafen von Baltimore überhaupt je wieder seine ursprüngliche Bedeutung zurückerlangen kann. Das Für und Wider einer neuen Brücke wird gegen die in dieser Gegend nicht unüblichen Untertunnelungslösungen abgewogen werden müssen.
Lackmustest für Vitalität von Systemen
Mehr noch: Politische Entscheidungsträger sehen Chancen, das Thema für ihre Zwecke zu nutzen, und beginnen Stellungskämpfe. Wenn die Entscheidungen Pro und Kontra gegen irgendetwas Konstruktives irgendwann gefallen sind, werden die Planungen für neue Ingenieurbauwerke mindestens fünf Jahre in Anspruch nehmen. Die Bauzeit muss man dann nochmals mit mindestens vier Jahren ansetzen. Das Verkehrschaos im Raum Baltimore wird derweil zum Dauerzustand und wird sich auf die Regionalentwicklung, Immobilienpreise und das Investitionsverhalten auswirken. Wenn der Verkehr 2035 die Hafenzufahrt wieder quert, wäre ich erstaunt. Nicht erstaunt hingegen wäre ich, wenn dort nie wieder Fahrzeuge fahren, sondern fortan lange Umwege in Kauf genommen werden.
Was will ich mit dieser Schwarzseherei sagen? Gerade die Bewältigung solcher unvorhersehbaren Ereignisse sagt etwas über die Leistungsfähigkeit und Vitalität von Systemen aus. An den Reaktionszeiten, den politischen und ökonomischen Entscheidungsprozessen und der Fähigkeit, sich hinter einer überregional bedeutsamen Herausforderung zu versammeln, kann man ziemlich genau die Zukunftschancen einer Gesellschaft studieren. Ich rege deshalb an zu beobachten, was dort in den nächsten Monaten und Jahren geschehen wird. Kaum auszudenken wäre allerdings, wenn in Deutschland eine solche „systemrelevante“ Brücke gerammt oder irgendein vergleichbar zentrales Infrastrukturelement zerstört würde…
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20 Antworten
Nordstream vergessen? Da passiert gar nichts, im Gegenteil, da wird nicht einmal mehr ermittelt.
Wir sind da schon viel viel weiter als Amerika.
ThinMan
Man könnte auch eine Prognose für die BRD schreiben:
Mindestens vier Jahre Diskussion und Untersuchungsausschüsse, ob Brücken und Häfen nicht zu viel CO2 ausstoßen. Dann vielleicht eine Ausschreibung zur Beseitigung der Trümmer, die nur ca. sieben Jahre dauern wird incl. diverser Widerspruchsverfahren unterlegener Bieter. Dann gemäß Kölner A1 Brückenbeispiel beginnt der Unternehmer und beweist sehr schnell, dass er inkompetent mit marodem Material arbeitet.
Neue Ausschreibung. Zum 100sten Jubiläum der BRD-Gründung 2049 wird feierlich ein Ideenwettbewerb zum Brückenneubau gestartet und bereits unmittelbar danach in 2087 gibt es Holzmodelle der Vorschläge. In 2098 werden im Fundamentgebiet einer neuen Brücke Brutspuren des linksfüßigen Haubentauchers entdeckt und die Leichen der vorhanden gewesenen Population von drei Tieren sind bereits 2110 umgesiedelt.
Zur Einweihung der neuen Brücke um 2160 herum stellen die Politiker enttäuscht und empört zugleich fest, dass der ursprüngliche Hafen samt Stadt bereits vor 40 Jahren umgesiedelt wurden. Man beginnt mit den Planungen eines neuen Hafens und einer neuen Stadt. Alles natürlich voll nachhaltig, vegan und gendergerecht.
Hahaha, Sie haben mich zum Lachen gebracht. Vielen Dank. Sie haben unsere landestypische Trotteligkeit auf den Punkt genau eingetütet.
In der Zeit des zweiten Weltkrieges hat mich erstaunt, daß in auf die Wiese gesetzten Holzbaracken Ingenieure in kürzester Zeit kriegstaugliche Hochleistungsmaschinen nicht nur entwickelten, sondern frontdiensttauglich herstellen konnten. Das erinnert mich an die EU-Planung für eine Frachtmaschine, also ein fliegender Laster ohne besondere schwierige Waffentechnik, die Jahre andauerte. Ist das Ding eigentlich je fertigeworden oder basteln die da immer noch dran?
Hat Deutschland doch, in Hamburg die Köhlbrandbrücke !
Das währe die Köhlbrandbrücke, wenn Die denn in der lage dazu währen die Elbe richtig auszubaggern. Die grösten Containerschiffe laufen Hamburg nicht mehr an – wegen Tiefe der Fahrrinne! Folglich:
Hamburg ist Humbug!
Ahrtal grüßt…sowie viele Großprojekte der BRD…unendliche Geschichten zu Hauf
in genua war kein erdbeben, die brücke ist wegen marodität zusammengebrochen…….der zement war einfach zu schlecht wie überall in italien. ein grosses problem für italien
in buntblödland wurden die millionen von grün verdummten.. vor freude tanzen
Wer den Baltimore-Vorfall für einen Unfall hält, dem ist nicht mehr zu helfen. Interessant ist, dass die US-Behörden nicht nur nach wenigen Stunden genau diese Interpretation als angebliches Faktum verbreitet haben, sondern auch ganz schnell frisierte Grafiken der Fahrroute publizierten. In keinem ist der deutliche Schwenk des Schiffes um mindestens 40° steuerbords enthalten, der es frontal auf den Pfeiler steuerte. Das Schiff kommt in normaler Fahrt daher, dreht plötzlich auf den Pfeiler ein (und stellt dann die Ruder wieder gerade), und noch während des Drehens erscheint am Schornstein eine Qualmfahne, die deutlich zeigt, dass die Dieselmaschine jetzt auf Höchstlast beschleunigt wurde, um das Schiff mit maximal möglicher Wucht genau auf den Pfeiler zu setzen. Dass vorher ein „Notruf“ wegen „Problemen mit der Elektrik“ abgesetzt wurde, um die Brücke für den Verkehr zu sperren (was klappte, aber leider die 6 Arbeiter, die Asphaltausbesserungen durchführten, nicht rettete), scheint mir eher den Verdacht eines Anschlages, bei dem Opfer vermieden werden sollten, zu erhärten. Russland hat zur Kenntnis genommen, dass hinter den Anschlagsplänen der Bundeswehrkretins auf die Krimbrücke die USA stecken – vielleicht sollte dies ein kleiner Denkzettel sein.
Lass die Russen aus dem Spiel, die haben nichts damit zu tun, das war ein Deep State Job, sie brauchen eine Cover Story fuer den Change for better (Big Mike wird „Biden“ ersetzen nachdem dieser als Kandidat nominiert wurde)
Der Feind sitzt im inneren des Landes und sie wollen die USA wirtschaftlich vernichten
Baltimore ist eine high crime BLM und von Gangs kontrollierte Stadt oder wie Trump sagen wuerde ein Shithole und seit Jahren immer unter den ersten 10 gefaehrlichsten Staedten der USA, mit den hoechsten Kriminalitaetsraten.
Die Bruecke ist nach dem Verfasser der amerikanischen Nationalhymne benannt.
Der Kapitaen der „Dali“ soll ein Ukrainer sein.
Interesante Theorien und Fakten fuer Verschwoerungstheoretiker hier:
https://michaeltsnyder.substack.com/p/was-the-destruction-of-the-francis?utm_source=post-email-title&publication_id=1520363&post_id=142993095&utm_campaign=email-post-title&isFreemail=true&r=17wsxx&triedRedirect=true&utm_medium=email
Die nicht gestellte Frage ist:
Brauchen wir solche Riesenhäfen und Containerschiffe?
Nur damit Waren um die ganze Welt verschifft werden um damit einige Cent zu sparen?
Irgendwo habe ich aufgeschnappt, dass demnächst auch Kohlekraftwerke in Deutschland abgeschaltet werden. Mit Atom-Aus wurde noch nicht genügend Schwachsinn „investiert“!
Da setzen die Grünen jetzt „voll auf Flatterstrom“!
Wo andere tausende Tonnen Stahl, ganze Container-Schiffe und Material in Brücken- und damit Infrastruktur-Zerstörung investieren müssen, genügen bei uns „regierungsamtliche Anordungen“ um gleichfalls unübersehbare Schäden zu produzieren.
Geil, gell?!
Und wie lange hat der Bau der Krim-brücke gedauert?!
Das ist so kurz nach den Moskauer Attacken geschehen, das haben die Amis selbst gemacht, damit Moskau aus den Schlagzeilen verschwindet und die Frage ob die USA etwas damit zu tun haben… .
Zu: “ … zahlreiche Fahrzeuge und Menschen mit ins 9 Grad kalte Wasser riss …“
Ein Fahrzeug, nämlich das der achtköpfigen Schlagloch-Beseitigungscrew. Von denen sind 6 vermisst, d.h. ertrunken.
Die im Netz zugänglichen Filme zeigen, daß in den letzten ca. 10 Sekunden vor Kollision und Einsturz kein Kfz mehr auf der Brücke fuhr. Die Strassensperrung muss also rechtzeitig vor dem Einsturz erfolgt sein.
Das passt doch ins Bild. Autofahren wird verpönt. Also warum soll alles schnell wieder repariert/aufgebaut werden, wenn es doch nach den WEF-Vorgaben doch so und so keiner mehr braucht. – Deswegen soll es die 15min-Städte geben, alles zu Fuß bzw. max. mit dem Fahrrad / ÖNV erreichbar und damit am besten zur Überwachung geeignet.
In 2030 wirst Du nichts mehr besitzen, aber glücklich sein.
siehe auch Hamburg:
https://www.hamburg.de/fluechtlinge-unterbringung/
bzw.
https://afd-fraktion-hamburg.de/2024/03/27/asylkrise-senat-will-zugriff-auf-private-raeume-wolf-sozialistische-enteignungsphantasien/
Vor Tagen las ich mal was über die sog. KRIM -Brücke (»Brücke über die Straße von Kertsch«). Dieses Brückenbauwerk hat eine Gesamtlänge von 19 km, davon liegen 7 km über Wasser. Baubeginn 2015 – Fertigstellung und Einweihung 2018.
Vielleicht sollte man beim Forcieren der Einwanderung ins gelobte Land doch etwas mehr auf die Qualifikation der Flüchtenden achten, dann wäre das auch bei uns möglich!
(Das ist der LINKS-GRÜNE TRAUM!)
ZITAT: „Ein anderes Procedere ist daher wahrscheinlicher.“
Laut Google Gemini wurde diese instabile, leicht zerbrechliche Brücke von Schwarzen erbaut. Ich schlage vor, dass die neue Brücke deswegen von Weißen erbaut wird. 🙂
ZITAT: „Wenn der Verkehr 2035 die Hafenzufahrt wieder quert, wäre ich erstaunt.“
Ich auch. Bis dahin soll es doch eh keine Autos mehr geben. 🙂
Beim Lesen des Artikels hatte ich immer wieder den Eindruck, dass der Autor die deutsche Misere auf die Amerikaner projeziert. Ich bin gespannt, wie der „Lackmustest“ ausgeht. Ich bin zwar kein Freund der Amis, rechne aber dennoch mit einer ordentlichen Performance. Vielleicht stifte ich ein Paket Würth-Schrauben, damit auch nichts schiefgeht. 🙂